Herne. Die Schutztore fürs Shoah-Mahnmal in Herne sind ein Totalausfall: Sie funktionieren nicht. Nun plant die Stadt komplett um. Was sie vorhat.

Die Schutztore am Shoah-Mahnmal in Herne sind endgültig ein Totalausfall. Zu diesem niederschmetternden Ergebnis kommt die Stadt. „Der letzte Versuch einer Reparatur des Mahnmals ist gescheitert“, sagt Oberbürgermeister Frank Dudda zur WAZ und bestätigt damit entsprechende Informationen unserer Zeitung. Die Verwaltung will prüfen, wie das mehrfach geschändete Denkmal auch ohne Tore dauerhaft geschützt werden kann. Richten soll es jetzt eine Videoüberwachung.

Nachdem das Shoah-Mahnmal 2010 auf dem Willi-Pohlmann-Platz eröffnet wurde, begann eine Serie von Pleiten, Pech und Pannen. Hintergrund waren mehrere Anschläge auf die Betonwand, die 401 Okulare aus Glas mit Namen, Geburts- und Todesdaten der jüdischen Nazi-Opfer aus Herne zeigt. Unter anderem wurden Farbbeutel und Kleber gegen die Wand geworfen und Okulare zerstört. 2014 ließ das Rathaus die zwischenzeitlich aufwändig sanierte Betonwand provisorisch mit Holz verkleiden, um sie gegen weitere Anschläge zu schützen. Anschließend gab der Rat grünes Licht für eine Schutzkonstruktion: Vier Tore aus Bronzeplatten – zwei vorne und zwei hinten – sollen die Betonwand schützen. Per Knopfdruck sollen sie abends vor die Betonwand schweben und morgens wieder zur Seite rücken. Das Problem: Dieses System funktioniert bis heute nicht. Die Stadt doktert seit Jahren an einer Lösung herum. Vergeblich: Trotz zahlreicher Reparaturen und technischer Umrüstungen lassen sich die tonnenschweren Sonderanfertigungen elektrisch einfach nicht bewegen. Deshalb stehen die Tore seit Jahren vor der Betonwand und werden nur zu besonderen Anlässen wie am Holocaust-Gedenktag per Hand zur Seite geschoben.

Herne: Videobilder sollen bei Bedarf gesichtet werden

Seit Jahren dauerhaft verhüllt: das Shoah-Mahnmal auf dem Willi-Pohlmann-Platz neben dem Kulturzentrum.
Seit Jahren dauerhaft verhüllt: das Shoah-Mahnmal auf dem Willi-Pohlmann-Platz neben dem Kulturzentrum. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Nun zieht die Stadt die Reißleine und verabschiedet sich vom Schutz der gelb eingefärbten Betonwand durch Tore. „Die Tore sind einfach so schwer, dass es keine auch finanziell vertretbare technische Lösung gibt, um sie regelmäßig zu öffnen und wieder zu schließen“, begründet der OB im WAZ-Interview. Deshalb müsse jetzt eine Lösung gefunden werden, wie das Mahnmal durch eine andere Lösung dauerhaft geschützt werden kann. „Wenn wir das Mahnmal mit den Okularen ohne Schutz präsentieren, müssen wir mit Angriffen auf das Mahnmal rechnen“, weiß der Oberbürgermeister. Und fügt an: „Die Tore einfach ohne jegliche Vorkehrung geöffnet zu lassen, das wird also nicht funktionieren.“

Für Schutz sorgen soll jetzt eine Videoüberwachung. Bislang hieß es in der Verwaltung stets, dass Kameras am Shoah-Mahnmal nicht erlaubt seien. Nun, so Dudda, gebe es eine „neue Rechtsauskunft“, die eine Videoüberwachung erlaube. Diese Rechtsauskunft will die Stadt nutzen und schlägt deshalb Kameras am Shoah-Mahnmal vor. Die Bilder sollen dabei nicht live bei der Polizei auflaufen, die von Beamten permanent gesichtet werden, sondern sie sollen gespeichert, bis zu 24 Stunden archiviert und nur bei Bedarf gesichtet werden. Dieser Vorschlag, so der OB, soll in Kürze in der Politik diskutiert und vom Rat noch im ersten Quartal 2024 entschieden werden.

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Wenn die Tore zur Seite geschoben werden, wäre das auch ein neuer Umgang mit dem Mahnmal. Bislang wollte die Stadt die Betonwand zum Schutz vor Angriffen zeitweise verdecken, nun will sie diese gezielt zeigen. OB Dudda nennt das „eine ganz klare Einstellung“: Das eigentliche Mahnmal, stellt er klar, solle nicht mehr versteckt werden. Ähnlich hatte sich im Oktober schon Stadtdirektor Hans Werner Klee geäußert.

Diskutiert werden müsse auch die Zukunft der Tore. Sie sind nicht nur Schutz, sondern als „künstlerische Erweiterung“ des ursprünglichen Mahnmals konstruiert worden. Sie bestehen aus Baubronze und zeigen auf einer Art Landkarte die Herner „Nahtstellen“, also die Orte von Gedenktafeln, die auf die Geschichte des jüdischen Lebens in der Stadt hinweisen. Werden die nicht funktionierenden Schutztore einfach dauerhaft zur Seite geschoben? Oder sogar wieder komplett abgebaut? Und womöglich woanders ausgestellt? „Das muss diskutiert werden“, so der Oberbürgermeister abschließend.

Oberbürgermeister Frank Dudda - hier im Treppenhaus des Rathauses - spricht sich für eine Videoüberwachung des Mahnmals aus.
Oberbürgermeister Frank Dudda - hier im Treppenhaus des Rathauses - spricht sich für eine Videoüberwachung des Mahnmals aus. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

>>> Mahnmal-Kosten durch Schutztor-Posse explodiert

Auf eine Frage der CDU teilte die Verwaltung 2022 mit, dass die Kosten für die Schutztore auf über 250.000 Euro gestiegen seien. Es werde aber noch eine weitere Summe „im unteren fünfstelligen Bereich“ anfallen, hieß es weiter.

Damit ist die Schutzhülle längst deutlich teurer als das ursprüngliche Mahnmal, das 90.000 Euro kostete.