Herne. Der Herner Vedat Ergün hat immer von der Selbstständigkeit geträumt. Von Hindernissen ließ sich der Gründer von „Fresh Cars“ nicht stoppen.
„Alles ist möglich“, sagt Vedat Ergün. Und dafür ist der Herner selbst das beste Beispiel. Die Schule hat er lediglich mit einem Hauptschulabschluss verlassen, in wenigen Wochen feiert der Gründer und Inhaber des Lack- und Karosseriefachbetriebs „Fresh Cars“ das zehnjährige Bestehen seines Unternehmens. Das ist die Geschichte, wie sich Ergün trotz zahlreicher Hindernisse seinen Traum erfüllt hat.
Den Traum der Selbstständigkeit hat Ergün schon geträumt, als er 1997 im Lackierbetrieb Kniefert im Gewerbegebiet Friedrich der Große in Horsthausen seine Lehre begann. „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“, blickt der heute 44-Jährige im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion zurück. Als er 2007 seinen Meister in der Tasche hatte - um die Meisterschule zu besuchen, habe er „Haus und Hof“ verkauft -, habe er seinem Chef immer mal wieder den Wink gegeben, dass er den Betrieb später gerne übernehmen würde.
Bank lehnte Gründungsdarlehen wegen geringer Chancen ab
Doch dazu kam es nicht, stattdessen trennten sich 2009 die Wege, Ergün hatte ein Angebot von einem anderen Herner Unternehmen bekommen. Dort habe er immer 100 Prozent gegeben, als ob es sein eigener Betrieb gewesen sei - allerdings habe er das Gefühl gehabt, dass er nicht die entsprechende Anerkennung bekommt. Der August 2013 sei für ihn ein Wendepunkt gewesen. Er habe zuhause gesessen und überlegt, was er machen soll. Am Ende stand der feste Entschluss: Vedat Ergün wollte sein eigener Chef sein.
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Doch der erste Anlauf war vergebens. Seine Bank genehmigte ihm kein Gründungsdarlehen. Es gebe schon genug Karosserie- und Lackierbetriebe im Umfeld, da habe er keine Chance zu überleben. Wie man sich irren kann… Er habe aber nicht locker gelassen, erzählt Ergün. „Ich bin ,all in’ gegangen.“ Was das heißt: Er hat sein Motorrad und sein Auto verkauft und hat ein privates Darlehen aufgenommen. „Ich habe alles Geld, was ich hatte, zusammengekratzt. Als ich mit zwei Mitarbeitern im Januar 2014 angefangen habe, hatte ich keinerlei Rücklagen mehr.“ Nur gut, dass in der Halle am Trimbuschhof, die er angemietet hatte, schon Lackieranlagen standen und ein Firmenvertreter ihm Material „auf Pump“ zur Verfügung stellte. Dennoch: „Wir hatten wenige Wochen, um zu überleben, wir mussten innerhalb kürzester Zeit rund 15.000 Euro erwirtschaften, sonst wäre sehr schnell wieder Schluss gewesen“, erzählt Ergün. Mit viel Werbung und guten Kontakten, zum Beispiel zu Autohäusern, erreichte das kleine Team sein Ziel.
Ungeplante Rückkehr zu den Wurzeln
Von da an ging es aufwärts. Aber: Man dürfe nicht abheben, sagt er. Und man dürfe nie vergessen, wo man herkommt, so Ergün, der sich selbst als Sodinger Jungen bezeichnet. Dazu gehörte für ihn, dass er Überschüsse immer wieder in sein Unternehmen investiert hat und so weiter wuchs. Im Mai 2018 habe es einen weiteren entscheidenden Wendepunkt gegeben. Eigentlich habe er das Firmengebäude am Trimbuschhof, in dem „Fresh Cars“ untergebracht war, kaufen wollen, doch das Geschäft platzte kurz vor der Unterschrift. Und just in dem Moment, als er verzweifelt gegrübelt habe, wie es weitergehen soll, habe Frau Kniefert angerufen, ihm mitgeteilt, dass ihr Mann plötzlich verstorben sei und ihn gefragt, ob er das Geschäft kaufen wolle. Er wollte.
So sei er nach all den Jahren zu seinen Wurzeln zurückgekehrt - und habe vor der nächsten Weichenstellung gestanden. Weitermachen im kleinen Rahmen und mit alter Technik oder ein kompletter Neuanfang? Die Antwort kann man inzwischen sehen. Ergün hat knapp zwei Millionen Euro in die Hand genommen, um einen hochmodernen Betrieb zu bauen, bei dem alle Arbeitsabläufe optimiert und digitalisiert wurden. Ergün: „Wir arbeiten papierlos.“ Außerdem wurden die Hallen auf Energieeffizienz getrimmt.
Kunden aus dem ganzen Ruhrgebiet
Der Name „Fresh Cars“ - Ergün führt den Betrieb gemeinsam mit seinem Bruder Sedat Ergün sowie Freund und Geschäftspartner Ronny Gonzalez Lombardero - hat sich inzwischen herumgesprochen, die Kunden kämen aus dem gesamten Ruhrgebiet, aber auch aus dem Münsterland. Sein Team ist inzwischen auf 15 Köpfe gewachsen, Tendenz weiter steigend. Alles ist möglich.