Herne. Ein Ex-Priester aus Herne, der seine Mutter (86) erwürgt haben soll, stirbt kurz vor Beginn seines Prozesses. Wie konnte das passieren?
- Herner (47) wurde kurz vor Beginn seines Prozesses tot in seiner Zelle aufgefunden.
- Vorwurf: Er soll seine Mutter (86) erwürgt und dann versucht haben, sich selbst zu töten.
- Im Gefängnis gab es laut Staatsanwaltschaft keine Sicherungsmaßnahmen mehr.
Ein 47 Jahre alter Mann aus Herne sollte sich vom Montag, 4. Dezember, an wegen Totschlags in Bochum vor Gericht verantworten. Der Angeklagte soll im Juni dieses Jahres seine 86-jährige Mutter erwürgt haben. Nun wird es keinen Prozess geben: Der Angeklagte wurde kurz vor Prozessauftakt tot in seiner Zelle aufgefunden. Alles deute auf Selbstmord hin. „Die bisherigen Ermittlungen haben keine Anhaltspunkte für Fremdverschulden ergeben“, so eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft zur WAZ.
Der frühere katholische Pfarrer war am 12. Juni festgenommen worden, saß seitdem in U-Haft in der Justizvollzugsanstalt Bochum. Für den Prozess vor dem Schwurgericht waren fünf Sitzungstage bis zum 18. Januar 2024 angesetzt.
Am Sonntagmorgen, 3. Dezember, fanden Justizvollzugsbedienstete der Justizvollzugsanstalt Bochum einen 47 Jahre alten Gefangenen in seiner Einzelzelle leblos „mit augenscheinlich selbst zugefügten schwersten Verletzungen vor“, teilte das Gefängnis mit. Trotz sofort durchgeführter Erstmaßnahmen habe der Notarzt nur noch den Tod feststellen können. Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft seien zur Durchführung entsprechender Ermittlungen vor Ort gewesen.
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Die Staatsanwaltschaft hatte dem schon früher von Suizidgedanken geplagten Geistlichen vorgeworfen, am 5. Juni im Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit, seine Mutter (86) in der gemeinsam bewohnten Wohnung an der Schulstraße erwürgt zu haben. Danach soll der offenbar lebensmüde und verzweifelte Ex-Pfarrer vorgehabt haben, sich selbst zu töten, damit seine pflegebedürftigen Eltern nicht ohne ihn zurückbleiben. Seine Versuche, sich selbst durch eine Alkoholvergiftung das Leben zu nehmen, scheiterten jedoch. Den Plan, damals auch seinen – im Nachhinein im Pflegeheim verstorbenen – bettlägerigen Vater (82) zu töten, soll der Ex-Pfarrer aufgegeben haben.
Sechs Tage nach der Tötung, am 11. Juni, waren die tote Mutter, der Vater und der erheblich alkoholisierte Herner (5,6 Promille) nach Hinweisen besorgter Nachbarn von der Polizei in der Tatortwohnung aufgefunden worden. Gegenüber der Polizei hatte der Herner anschließend zugegeben, seine Mutter erwürgt zu haben.
Wurde der Angeklagte überwacht?
Bei der Bochumer Staatsanwaltschaft ist nach dem Leichenfund im Gefängnis am zurückliegenden Wochenende ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet worden. Eine Obduktion stand am Dienstag, 5. Dezember, an. Das Strafverfahren wegen Totschlags wird nach dem Tod des Ex-Pfarrers förmlich eingestellt, heißt es.
Wurde der Angeklagte wegen seiner früheren Selbstmord-Absichten im Gefängnis speziell überwacht beziehungsweise beobachtet? Eine entsprechende Anfrage der WAZ wollte die Justizvollzugsanstalt nicht beantworten. Sie verweist auf die Staatsanwaltschaft. Dort heißt es: Sicherungsmaßnahmen habe es nicht mehr gegeben, so eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft zur WAZ – wegen seines Verhaltens und der durchgeführten psychologischen Evaluationen.
+++ Wir berichten in der Regel nicht über Suizide, um keinen Anreiz für Nachahmung zu geben – außer, Suizide erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Falls Sie Suizid-Gedanken haben oder jemanden kennen, der Suizid-Gedanken hat, wenden Sie sich an die Telefonseelsorge unter 0800/1110111 (kostenlos). Die Nummer ist rund um die Uhr besetzt. +++