Herne. Was soll Öl und Gas als Heizquelle in Zukunft ablösen? Antworten soll die Wärmeplanung liefern. Stadt und Stadtwerke starten nun ins Verfahren.

Der allzu lange Spätsommer mag bei manchen Hausbesitzern eine wichtige Frage verdrängt haben: Wie lange macht es noch die alte Heizung? Und welches System soll bei einem Heizungstausch eingebaut werden? Antworten soll in Zukunft die kommunale Wärmeplanung liefern. Die Herner Stadtverwaltung und die Stadtwerke gehen die ersten Schritte auf diesem langen Weg. Schon jetzt steht fest: Die Wärmeplanung ist ein hoch komplexes Projekt.

Zunächst zum Hintergrund: Das übergeordnete Ziel ist die Wärmewende. Fossile Brennstoffe wie Öl und Gas sollen beim Heizen von klimafreundlichen Lösungen abgelöst werden. Wie groß diese Aufgabe ist, offenbaren diese Zahlen: Knapp die Hälfte der Wohnungen in Deutschland werden mit Gas beheizt, mehr als ein Viertel mit Öl - in Herne dürften diese Werte sogar noch höher liegen. Mit der Wärmeplanung sollen die Städte ermitteln, welcher CO2-freie Energieträger - zum Beispiel Fernwärme oder Wärmepumpen - sich in welchen Quartieren am besten eignen.

Daniel Wirbals, stellvertretender Leiter des Fachbereichs Stadtplanung der Stadt Herne, weiß, dass für die Wärmeplanung eine Vielzahl an Daten nötig sind.
Daniel Wirbals, stellvertretender Leiter des Fachbereichs Stadtplanung der Stadt Herne, weiß, dass für die Wärmeplanung eine Vielzahl an Daten nötig sind. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Zunächst muss der Ist-Zustandermittelt werden

Dazu müsste zunächst eine Vielzahl an Daten gesammelt werden, skizziert Daniel Wirbals, stellvertretender Leiter des Fachbereichs Stadtplanung, die Aufgabe: das Alter der Häuser, die aktuelle Art der Heizung oder der energetische Zustand, also: Ist das Haus schon gedämmt, welche Fenster sind eingebaut? Deshalb sei klar, dass die Wohnungswirtschaft ein enger Kooperationspartner bei der Wärmeplanung ist, aber auch Daten von Schornsteinfegern können Erkenntnisse liefern, die Herner Stadtwerke würden ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Für Wirbals steht fest: „Je mehr Informationen und Daten, umso besser.“

Doch mit dem Ist-Zustand sei es nicht getan, erläutert Wirbals, denn mit der Wärmeplanung will die Stadt ja in die Zukunft schauen. Und deshalb sei es auch wichtig, dass sie Sanierungsfahrpläne sowie Abriss- und Neubaupläne der Wohnungswirtschaft kenne.

Bei der Umsetzung sind viele Detailfragen zu klären

Pläne sind das eine, die Umsetzung das andere: Auch in dieser Hinsicht seien zahlreiche Details zu beachten, so Wirbals. So soll Fernwärme ein Hauptrolle bei der zukünftigen Wärmeversorgung spielen, doch es stelle sich die Frage, ob es im Stadtgebiet noch genug Platz für neue Leitungen gibt. Darüber hinaus müsse abgeklärt werden, ob in einer Straße, die mit Fernwärme versorgt werden soll, auch andere Tiefbaumaßnahmen anstehen. Eine Straße in kurzen Abständen zweimal aufzureißen, mache keinen Sinn. Bei Wärmepumpen müsse gefragt werden, ob es einen geeigneten Standort gibt und ob der vorgeschriebene Abstand zum Nachbarn eingehalten werden kann. Die Herausforderung sei riesig, so Wirbals, im Februar kommenden Jahres wolle die Stadt in die Planungen einsteigen.

Auch die Herner Stadtwerke machen sich auf den Weg. Das Unternehmen habe bereits mit seinen eigenen Vorbereitungen für eine Wärmeplanung begonnen, so Prokurist Kai-Uwe Weitz im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Dabei stehe im Fokus, wie man weg vom Gas hin zur Fernwärme und anderen geeigneten dekarbonisierten Heizsystemen kommen kann. Für eine Machbarkeitsstudie zur nachhaltigen Fernwärmeversorgung im Gebiet östlich der A 43 haben die Stadtwerke eine Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) bekommen.

Auch die Stadtwerke bereiten eine Wärmeplanung vor

Man habe die Daten für das Alt-Herner Gebiet aufbereitet, weil das Unternehmen dort mehrere Fernwärmenetze besitze. Auf dieser Grundlage sollen nun Überlegungen angestellt werden, wie diese Fernwärmenetze in die Zukunft übertragen werden können. „Wir haben die beiden Alt-Herner Netze, Friedrich der Grüne, das aus Grubengas gespeist wird, und wir haben an der Akademie Mont-Cenis ein Fernwärmenetz. Die sollen alle miteinander verbunden und optimiert werden“, so Weitz. In diesem Zuge hätten sich die Stadtwerke entschieden, das gesamte Stadtgebiet zu betrachten und eine Wärmeplanung vorzubereiten.

Untersucht würden Quartiere, um zu ermitteln, welchen Wärmebedarf es dort aktuell gibt und welchen es in der Zukunft geben könnte. Dies liefere die Basis für die Gebäudeeigentümer, um die passenden Energiequellen auszuwählen: Das könne Fernwärme sein, die Wärmepumpe oder eine ganz andere Quelle. Dabei haben die Stadtwerke, genau wie die Stadt, den Zustand der Gebäude im Blick, denn der habe erheblichen Einfluss auf den Bedarf.

Kai-Uwe Weitz: Die Bedarfe ändern sich schon, die Verbräuche sinken

Nach den Worten von Weitz ändern sich die Bedarfe jetzt schon. Die Menschen seien dafür sensibilisiert, Energie zu sparen, die Verbräuche würden sinken. Nach den Worten von Weitz ist die Wärmewende eine der komplexesten Herausforderungen, die Städte und Energieversorger zu meistern haben, wenn in Zukunft fossile Energie nicht mehr genutzt werden soll. Die kommunale Wärmeplanung führe allen vor Augen, was in Zukunft passieren müsse. Die Umsetzung der Planung werde gerade in Herne einige Jahre in Anspruch nehmen, denn die Stadt habe einen relativ alten Gebäudebestand, von dem mehr als zwei Drittel noch mit Gas oder Öl beheizt würden.

Vor diesem Hintergrund betont Weitz: „Niemand muss sich Sorgen machen, dass er in Zukunft nicht mehr heizen kann.“ Die Stadtwerke würden auch in den Jahren des Übergangs die Wärmeversorgung sicherstellen.

>>> FRIST FÜR DIE WÄRMEPLANUNG BIS 30. JUNI 2026

Gemäß Gebäude-Energie-Gesetz (GEG) sind Kommunen über 100.000 Einwohner verpflichtet, bis zum 30. Juni 2026 eine Wärmeplanung zu erstellen. Daniel Wirbals sagte im Gespräch mit der Herner WAZ, dass Herne diese Frist einhalten könne.

Ursprünglich hatte Herne für die Erstellung der Planung Mittel aus dem Förderprogramm EFRE Regio NRW Transformation beantrag. Die Förderung hätte drei Jahre umfasst und eine Personalstelle beinhaltet. Nach der Absage hat die Stadt Herne einen Förderantrag über die Kommunalrichtlinie für die Erstellung einer kommunalen Wärmeplanung gestellt. Für finanzschwache Kommunen ist ein Zuschuss von 100 Prozent vorgesehen. Bezuschusst wird ein externer Dienstleister zur Planerstellung, Organisation und Durchführung der Beteiligung von Akteurinnen und Akteuren sowie begleitende Öffentlichkeitsarbeit. Der Projektzeitraum liegt zwischen dem 1. Februar 2024 und dem 31. Januar 2025.