Herne. Der Medikamenten-Mangel könnte sich im Winter noch einmal verschärfen. Das befürchten Herner Apotheker. Vor allem bei Antibiotika wird’s eng.
Seit Wochen sind Apothekerinnen und Apotheker in ganz Deutschland in einer prekären Lage: Viele Medikamente sind nicht lieferbar – betroffenen Patientinnen und Patienten müssen hoffen, dass es für sie alternative Arzneimittel gibt.
Entspannt hat sich die Lage noch immer nicht. Im Gegenteil: Herner Apothekerinnen und Apotheker befürchten, dass die Situation sich im Herbst und Winter noch einmal verschlechtern könnte. „Das hängt ganz davon ab, wie sich die Infektionslage im Winter entwickelt“, sagt Apotheken-Sprecherin Angela Kischkel. Sollte es wieder zu vielen Infektionen kommen, dann sehe sie „sehr schwarz“. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sage zwar, dass alles gut werde, so Kischkel, „aber wir sehen das anders“.
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Das Problem sei, dass es zu wenig Produktionsstätten gebe. Die Produktion sei ausgelagert worden – vor allem nach China und Indien. Wenn die wenigen Produzenten, die es noch gibt, Lieferprobleme haben, dann werde es richtig eng. „Und uns sind die Hände gebunden.“ Ein Beispiel: Paracetamol. Nur noch eine Firma produziere dieses Medikament, früher seien es drei alleine in Deutschland gewesen. Aber nicht nur die Lieferengpässe der Medikamente seien ein Problem – häufig scheitere es schon am Verpackungsmaterial.
Antibiotikum-Mangel könnte sich im Winter verschlimmern
In diesem Herbst könnte es besonders schlecht bei den Antibiotika aussehen, so die 55-Jährige. Beim Breitband-Antibiotikum Amoxicillin gebe es bereits Probleme. So eine Situation wie heutzutage habe sie in ihrer gesamten Apothekerinnen-Laufbahn noch nicht erlebt, sagt sie. Trotz der schlechten Aussichten betont die Sprecherin: „Das ist kein Grund für Panik.“ Und: „Gemeinsam mit den Ärzten finden wir immer eine Lösung.“ Häufig fänden die Apothekerinnen und Apotheker Alternativen für die Patientinnen und Patienten mit einem ähnlichen Wirkstoff. Zudem gebe es für die Apothekerinnen und Apotheker die Möglichkeit, in die Eigenproduktion zu gehen.
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So können beispielsweise Fiebersäfte selbst hergestellt werden. Genau das hat Apothekerin Marlene Kissel-Lux, die jüngst die Convita-Apotheken von Angela Kischkel übernommen hat, bereits im Februar dieses Jahres gemacht. Damals waren vor allem Fiebersäfte für Kinder nicht zu bekommen. Kurzerhand entschied sich die Apotheke dazu, diese selbst herzustellen – zur Freude vieler Eltern, berichtet die 36-Jährige. Sie schätzt die aktuelle Lage ähnlich ein wie ihre Kollegin: „Die Situation hat sich noch lange nicht beruhigt.“ Zwar könnten meistens Lösungen gefunden werden, doch erst vor Kurzem habe sie einer Patientin nicht helfen können. Der Wirkstoff und alle Alternativen seien nicht lieferbar gewesen. „Dann muss der Arzt darüber nachdenken, was stattdessen verordnet werden könnte.“
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Vorwurf: Politik hat zu viel „verschlampt“
Für die beiden Apothekerinnen ist klar, wer an der Misere die Schuld trägt: „die Politik“. In den letzten Jahren sei zu viel verschlampt worden, sagt Kischkel. Das müssten nun die Apothekerinnen und Apotheker ausbaden. Auch Rabattverträge seien ein großes Problem.
Aber sie betont: „Wenn wir einen milden Winter bekommen, sieht die Situation gar nicht so schlimm aus.“ Bisher reagierten die meisten Kundinnen und Kunden verständnisvoll, so Kischkel, die vor wenigen Tagen ihre zwei Convita-Apotheken in Herne an Nachfolgerin Kissel-Lux abgegeben hat. „Auch sie haben sich mittlerweile an die Situation gewöhnt und wissen, dass sie häufig nicht das ursprüngliche Medikament bekommen können, sondern eben nur eine Alternative.“