Herne. Im Auto soll ein Herner eine Frau vergewaltigt und dann nackt und hilflos auf der Rückbank zurückgelassen haben. Der Fall wirft Rätsel auf.

Ein mutmaßliches Sexualverbrechen in Herne-Holsterhausen beschäftigt seit Mittwoch, 4. Oktober, das Bochumer Landgericht. Angeklagt ist ein 22-jähriger Herner, der auf der Rückbank seines geparkten Pkws seine ehemalige Freundin vergewaltigt haben soll.

Das Opfer absolut hilf- und wehrlos, der Täter sowohl vor als auch nach dem Verbrechen ohne einen Hauch von Skrupel: In dieser Kurzform beschreibt die Anklageschrift der Staatsanwalt einen Vergewaltigungsvorfall in der Nacht auf den 6. April 2020 auf einem Kundenparkplatz am Rande der Bielefelder Straße. Der damals noch 18 Jahre alte Angeklagte soll die „nach dem Konsum von etwa einem Liter Wodka erheblich alkoholisierte“ Frau, seine ehemalige Freundin, in der fraglichen Nacht auf der Straße angetroffen und mit ihr gemeinsam zu seinem geparkten Pkw gegangen sein. Dort soll der 22-Jährige die annähernd bewusstlose und willenlose Frau entkleidet - und dann vergewaltigt haben.

Herner Zeugin: Freundin war „stockbesoffen“

Ort des Prozesses: das Justizzentrum in Bochum.
Ort des Prozesses: das Justizzentrum in Bochum. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Danach soll der Herner sein Handy genommen, eine Nachbarin der nackt und beschmutzt durch Erbrochenes auf der Autorückbank liegenden Frau angerufen, und diese aufgefordert haben, vorbeizukommen. „Er hat mich angerufen und sagte, komm und nimm‘ deine Freundin weg, die ist betrunken. Nimm‘ sie einfach weg!“, erinnert sich die 19-jährige Zeugin beim Prozessauftakt vor der 5. Jugendstrafkammer. „Er meinte, sie seien auf dem Parkplatz ganz in der Nähe.“ Sie selbst, so die 19-Jährige weiter, sei dann sofort losgelaufen.

Als sie wenig später an Ort und Stelle angekommen sei, habe der Angeklagte neben seinem Pkw an einem Haus gewartet. „Er sagte nur, mach‘ einfach und zieh’ sie um“, berichtete die Zeugin. Den Zustand ihrer reglos und komplett nackt im Pkw liegenden Freundin nannte sie „stockbesoffen“. Sie habe dann mühsam die teils übel beschmutzte Kleidung zusammengesammelt und der Frau übergeworfen. Dann habe sie die stark taumelnde Freundin mit zu sich nach Hause genommen. „Sie konnte nicht geradeaus laufen, ich musste sie stützen. Für den Weg habe ich statt der üblichen zwei diesmal zehn Minuten gebraucht. Die Treppe hoch war der Horror mit ihr“, erinnert sich die Zeugin. Tags darauf habe ihre Freundin sie dann gefragt: „Was ist eigentlich passiert? Ich erinnere mich an gar nichts.“

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Die Zeugin berichtete, dass der Angeklagte und das mutmaßliche Vergewaltigungsopfer Monate zuvor noch ein Liebespaar gewesen seien. „Er hatte ihr auch schon einen Heiratsantrag gemacht. Doch dann haben sie sich getrennt“, erinnerte sich die Hernerin. Den Angeklagten habe sie als „nett und witzig“ kennengelernt. Den genauen Grund für die Trennung habe sie nie erfahren. Ihr sei mal erzählt worden, dass der Angeklagte die Frau auch schon mal geschlagen habe. Trotz der Trennung habe es aber auch danach noch heimliche Treffen gegeben.

Mit zeitlichem Abstand hat das mutmaßliche Opfer den Angeklagten doch noch wegen Vergewaltigung angezeigt. „Sie hat mir gesagt: Ich lass‘ mir das nicht gefallen!“ Der Angeklagte wird sich auf Anraten seines Anwalts Baris Gültekin vorerst durch Schweigen verteidigen. Im Falle einer Verurteilung kann auch noch Jugendstrafrecht zum Tragen kommen. Für den Prozess sind vorerst noch mehrere Verhandlungstage bis zum 25. Oktober anberaumt.