Bochum/Herne. Im Prozess um einen Macheten-Mordanschlag auf einen Herner Vater gibt es eine überraschende Wendung. War der Täter doch einer der Söhne?
Die Nachricht kam aus der Hauptstadt – und sie hatte Brisanz: Im Prozess um einen Macheten-Anschlag auf einen schlafenden Familienvater (55) an der Poststraße sind die Plädoyers am Bochumer Landgericht unterbrochen worden. Anlass dafür waren Informationen, die nach dem Start des Berliner Parallelprozesses gegen die mutmaßliche Haupttäterin (damals 14) bekanntgeworden waren – das Mädchen will mit den Machetenschlägen offenbar gar nichts zu tun haben.
Richter Nils Feldhaus verlas vor der 3. Jugendkammer einen Aktenvermerk, wonach der Verteidiger der Schülerin für den 6. September in deren Prozess in Berlin eine Erklärung zu der Bluttat vom 24. Oktober 2022 in Herne angekündigt hat. Die heute 15-Jährige habe dem damals schwer verletzten Herner Vater bereits eine „Entschuldigung für ihre Anwesenheit in der Wohnung“ übermittelt, hieß es. Darüber hinaus wurde, so der Vermerk weiter, aber bereits auch deutlich gemacht, „dass sie nicht im Schlafzimmer gewesen“ sein will. Zumindest indirekt signalisieren diese Erklärungen, dass die Macheten-Schläge offenbar dem 15-jährigen Sohn des Opfers angelastet werden sollen.
Opfer hat nicht gesehen, wer auf ihn eingeschlagen hat
Dass der am fraglichen Abend die Wohnung gemeinsam mit seiner Schulfreundin betreten hat, hatte der 15-Jährige in seinem Geständnis bereits zugegeben. Sein Vater hatte sich in seiner Zeugenaussage erinnert, dass er sofort nach den Machetenschlägen, durch die ihm unter anderem ein (später erfolgreich replantierter) Finger abgehackt worden war, seinen jüngeren Sohn „mit schnellen Schritten“ aus dem Schlafzimmer habe rennen sehen. Wer konkret auf ihn eingeschlagen habe, habe er wegen der Dunkelheit aber nicht erkennen können.
Der 15-jährige Herner wiederum hatte eindeutig die Berlinerin als Haupttäterin belastet. Schon über die Vorplanung hatte der junge Angeklagte erklären lassen: „Sie fand den Gedanken ‚geil‘, sie bot sich an, das für uns zu erledigen und den Vater umzubringen.“
Berlinerin war auf jeden Fall auf dem Dachboden des Hauses
Den Tatablauf hatte der 15-Jährige so geschildert: „Als wir in die Wohnung rein sind, also zuerst sie mit der Machete und ich dahinter, habe ich richtig Angst bekommen. Als sie dann losgeschlagen hat, war ich im Wohnzimmer. Ich habe aber alles gehört. Ich habe noch gerufen ’Hör‘ auf‘“. Unstreitig ist: Die junge Berlinerin war in der Tatnacht auf dem Dachboden des Mietshauses an der Poststraße angetroffen worden und hatte Polizeibeamten erzählt, dass auch sie von einem Macheten-Täter angegriffen worden sei.
Dass gegen sie erst seit kurzem ein separater Prozess in Berlin geführt wird, fußt auf dem im Jugendstrafrecht geltenden Wohnortprinzip. Um die angekündigten Aussagen des Mädchens auch im Bochumer Prozess miteinbeziehen zu können, soll am 21. September in Bochum ein Berliner Staatsanwalt als Zeuge befragt werden. Persönlich will sich das Mädchen in Bochum auf das ihm zustehende Auskunftsverweigerungsrecht berufen, hieß es.
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Vor der Bochumer Jugendstrafkammer angeklagt sind neben dem 15-jährigen Sohn, dessen älterer Bruder (17), die Mutter (44) und ein Herner Bekannter (22). Bis auf die Mutter räumen alle ihre Verstrickung in die Macheten-Attacke ein. Die Staatsanwaltschaft hatte zuletzt für alle vier Angeklagten Gefängnisstrafen beantragt. Mit einem Urteil ist – Stand jetzt – nun frühestens am 16. Oktober zu rechnen.