Herne. Mutter Bettina (52) und Schwester Mandy (31) weinen um Steven. Sie sagen, warum sie sich trotz der Tragödie nie vom Kleingarten trennen wollen.

Mandy Beyer zeigt ein Stück verkohlten Stoff. „Das ist das einzige, was mir von meinem Bruder noch geblieben ist“, sagt die 31-Jährige. Den Mini-Fetzen trägt sie jetzt immer hinter ihrem Handy in der Hülle bei sich, daneben ein Glücks-Cent. Das T-Shirt trug er am Leib, als der 22-Jährige so plötzlich in Flammen stand. Warum genau, das bleibt ungeklärt (zum ausführlichen Bericht geht es hier).

So haben wir bislang über den Fall berichtet:

Begraben auf dem Friedhof – nicht weit weg vom Vater

Steven liegt jetzt auf dem Friedhof in Horsthausen begraben, nur ein Stück weiter wurde auch sein Vater beerdigt. An Halloween seien die beiden oft dort an der Horststraße gewesen, um Verstecken zu spielen, sagen Mandy und ihre Mutter Bettina. Beide müssen lachen. „Das werden sie wohl demnächst wieder zusammen machen.“

Schwester Mandy Beyer (31) hält den letzten Fetzen vom verbrannten T-Shirt in der Hand. Es gehörte Steven.
Schwester Mandy Beyer (31) hält den letzten Fetzen vom verbrannten T-Shirt in der Hand. Es gehörte Steven. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Steven ist tot – gestorben an einem Freitag, es war der 30. Juni, um 10.34 Uhr. Er hatte nach dem Brand noch drei Tage lang um sein Leben gekämpft. Die Familie gab nicht auf, harrte im Foyer des Bochumer Bergmannsheils aus. „Er hätte gelernt, mit Prothesen zu laufen“, sagt Mandy, die als Intensiv-Krankenschwester selbst wusste, wie schlecht es um ihren Bruder steht. Der junge Mann war schwerstverletzt. Zusätzlich zu den Brandverletzungen kam ein Inhalationstrauma, das ihm letztlich wohl das Leben kostete. Der eingeatmete brennende Dampf aus der Verpuffung vergiftete und verbrannte seinen Körper auch von innen.

Blick auf die Gartenhütte im Kleingartenverein Erholung in Wanne. Hier verbrachte Steven viel Zeit.
Blick auf die Gartenhütte im Kleingartenverein Erholung in Wanne. Hier verbrachte Steven viel Zeit. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Garten Nummer 29 soll die Erinnerung an Steven wachhalten

„Ich wollte eigentlich nie wieder in den Garten“, sagt Mutter Bettina, die einschließlich Steven sieben Kinder hatte und wie der verstorbene jüngste Sohn im Garten-Landschaftsbau arbeitet. Aber dann habe sie gedacht, dass das Grundstück Nummer 29 die Erinnerung an Steven wachhalten könnte.

Also packte die Familie schon vor der Beerdigung an. Die Spuren des furchtbaren Zwischenfalls wurden beseitigt. Für Steven wurden zwei Sträucher gepflanzt. Seine Liege steht auf der Wiese. „Da hat er immer gelegen“, sagt Mandy. Ihr und Mutter Bettina kommen die Tränen, als sie sich mit Hündin Sky auf die hölzerne Rolle daneben setzen. Stevens Liege bleibt leer.

Schwester Mandy Beyer (31) erzählt von Steven.
Schwester Mandy Beyer (31) erzählt von Steven. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Familie kämpft gegen die Gerüchte, die aufkamen

„Mein Bruder hatte das Herz am rechten Fleck“, sagt Mandy, die in den vergangenen Wochen so darum kämpfte, dass wirklich aufgeklärt wird, was an jenem 27. Juni zwischen 18 und 20.30 Uhr im Kleingarten passierte. Den Ermittlern stellt sie ein gutes Zeugnis aus, auch wenn sie am Ende kein sicheres Ergebnis liefern konnten. Als direkt nach dem Vorfall Gerüchte die Runde machten, dass Steven seine Freundin angezündet haben sollte, wollten es die Beyers nicht glauben. Was wirklich passierte, ist auch heute nicht endgültig klar, aber zumindest im Chatverlauf vor dem Vorfall wurde der 22-Jährige selbst mit dem Leben bedroht. (Mehr dazu hier!)

Mutter Bettina Beyer trauert um ihren Sohn Steven.
Mutter Bettina Beyer trauert um ihren Sohn Steven. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Ein Heiliger sei Steven nicht gewesen, das gesteht auch die Familie ein. Er zündete sich oft einen Joint auf der Liege an, rauchte Marihuana. Er sei aber nie anderen Menschen gegenüber aggressiv gewesen, habe kein Blut sehen können. Gartennachbarn schildern den 22-Jährigen als hilfsbereit.

Im Garten flickt Stiefvater Nermin Husika die hölzernen Barhocker, die an dem Abend zerstört wurden. Drinnen haben sie die Einrichtung wieder zusammengepuzzelt. Die Familie lud nach der Beerdigung die Trauergesellschaft in den Garten ein. Bettina Beyer kommen wieder die Tränen – wie so oft in diesen Tagen. Sie schaut über die Wiese und die Blumenbeete. „Das war Stevens Reich.“

Stiefvater Nermin Husika repariert den zerschlagenen Barhocker.
Stiefvater Nermin Husika repariert den zerschlagenen Barhocker. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch