Herne. Das Literaturhaus Herne wird sich im kommenden Jahr verabschieden. Das sind die Gründe für das Ende des kulturellen Leuchtturms.

Das Literaturhaus Herne hat sich seit seinem Start zu einem kulturellen Leuchtturm auch über die Stadtgrenzen hinaus entwickelt. Doch dieses Leuchtfeuer wird im kommenden Jahr erlöschen. Das sind die Gründe.

Bundesweit bekannte Autoren und Schauspieler waren zu Gast

Zur Erinnerung: Seit dem Sommer 2010 hat Buchhändlerin Elisabeth Röttsches in der Alten Druckerei an der Bebelstraße ein anspruchsvolles Programm mit Lesungen, aber auch mit Konzerten und Ausstellungen auf die Beine gestellt. 2015 wurde dieses Engagement mit der Gründung des Vereins Literaturhaus Ruhr auf eine andere Basis gestellt. Holger Wennrich übernahm den Vorsitz, Röttsches zeichnete als Stellvertreterin weiterhin für die Programmgestaltung verantwortlich, die Finanzierung wurde fortan über Mitgliedsbeiträge, Spenden, Sponsoren den Kartenverkauf geleistet. Fördermittel flossen nur in ganz geringem Maß. Seit 2018 steht Verena Geiger bei der Organisation der Veranstaltungen zur Seite. In den vergangenen 13 Jahren nahmen regelmäßig bundesweit bekannte Schriftsteller oder Schauspieler auf der Bühne Platz - und lobten die außergewöhnliche Atmosphäre.

Doch nun verabschiedet sich Elisabeth Röttsches von ihrem „Herzensprojekt“. Die Mitglieder des Vereins haben am Montagabend einstimmig (bei zwei Enthaltungen) die Auflösung des Vereins zum 1. April 2024 beschlossen. Die Mitglieder hätten bei der Sitzung Bedauern, aber auch Verständnis für diesen Schritt gezeigt. Für diesen seien verschiedene Gründe ausschlaggebend gewesen, erläuterten Röttsches und Wennrich im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion.

Ab April 2024 werden die Stuhlreihen komplett leer bleiben. Elisabeth Röttsches und Holger Wennrich haben die Auflösung des Vereins beschließen lassen.
Ab April 2024 werden die Stuhlreihen komplett leer bleiben. Elisabeth Röttsches und Holger Wennrich haben die Auflösung des Vereins beschließen lassen. © Bolsmann

Röttsches selbst zieht sich aus Alters- und Gesundheitsgründen zurück. Die heute 66-Jährige habe in den vergangenen in ihrer Doppelfunktion „nie so genau auf die Stunden geschaut“, die sie gearbeitet habe. Das sei ihr nicht mehr möglich.

„Alles, was es an Kosten gibt, ist gestiegen“

Genauso schwer wog die Tatsache, dass steigende Kosten sinkenden Einnahmen gegenüber stehen würden. So seien die Gagen für die Künstler gestiegen, ebenso wie die Kosten für Technik, Energie, Bewirtung und Werbung. „Alles, was es an Kosten gibt, ist gestiegen“, so Röttsches. Auf der anderen Seite hätten sich seit der Wiederaufnahme des Programms nach der Corona-Pandemie die Publikumszahlen nicht mehr auf das Niveau bewegt, wo sie 2019 gewesen seien. Doch der Verein wolle weder die Mitgliedsbeiträge anheben, noch die Ticketpreise, die im regionalen Vergleich bereits recht hoch angesiedelt seien. In der Zwischenzeit seien Inflation und die Unsicherheit durch den Ukraine-Krieg hinzugekommen, so dass auch deshalb die Zahlungsbereitschaft für kulturelle Veranstaltungen eher abgenommen habe.

+++ Nachrichten aus Herne – Lesen Sie auch: +++

„Deshalb ist der Betrieb des Literaturhauses unwirtschaftlich“, so Wennrich. Und vor diesem Hintergrund habe es überhaupt keinen anderen Weg geben können, die Auflösung des Vereins in die Wege zu leiten. Beide betonen, dass es noch keine roten Zahlen gebe, aber die Tendenz sei eindeutig. Deshalb habe man sich für einen geordneten Rückzug entschieden. Das heißt auch, dass bis zum 1. April 2024 alle Veranstaltungen wie geplant durchgeführt werden.

Selbstverständlich habe man im Vorfeld dieser schwerwiegenden Entscheidung auch mit Verena Geiger gesprochen, ob sie nicht die Gesamtverantwortung übernehmen wolle, doch sie habe darauf hingewiesen, dass ihr das betriebswirtschaftliche Wissen dafür fehle.

Axel Hacke, Kolumnist unter anderem der Süddeutschen Zeitung, war im Dezember 2021 zu Gast im Literaturhaus.
Axel Hacke, Kolumnist unter anderem der Süddeutschen Zeitung, war im Dezember 2021 zu Gast im Literaturhaus. © Oliver Mengedoht / FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Dass Hilfe in letzter Minute kommt, halten Röttsches und Wennrich für unrealistisch. Wollte ein Interessent privatwirtschaftlich den Betrieb des Literaturhauses übernehmen, müsse er alle Aufgaben und Kosten selbst stemmen - von der Miete bis zur Künstlerbuchung. Da sei es kaum möglich, in die schwarzen Zahlen zu kommen. Sie habe in der Vergangenheit viele Gespräche geführt und immer wieder Lob für ihr Engagement erhalten, doch über bloße Lippenbekenntnisse hinaus habe es nichts Greifbares gegeben.

Sie plant, die Räume der Alten Druckerei dauerhaft zu vermieten, wenn das Kapitel Literaturhaus Herne Ruhr beendet ist. Dann will sie sich wieder ganz auf ihre Buchhandlung konzentrieren und diese gemeinsam mit ihrem Bruder voller Engagement noch ein paar Jahre weiterführen.

>>> DIE LISTE DER PROMINENTEN IST LANG

Das Literaturhaus konnte in den vergangenen Jahren viele bundesweit bekannte Autorinnen und Autoren sowie Schauspielerinnen und Schauspieler begrüßen. Eine kleine Auswahl:

Arne Dahl, Sonia Mikisch, Martin Brambach, Walter Sittler, Axel Hacke, Helmut Gote, Denis Scheck, Robin Alexander oder Susanne von Borsody.