Herne/Gelsenkirchen/Essen. Zwei Männer kaufen eine Autobombe. Erst liegt sie in einer Herner Wohnung, dann wollen sie die tödliche Waffe in Gelsenkirchen loswerden.

Diese Geschichte könnte Teil eines Mafia-Thrillers sein. Vor rund einem Jahr haben zwei Männer aus Essen und Waltrop eine Autobombe mit Fernzünder erst gekauft und dann wieder verkauft. Der Sprengsatz lag in einer Herner Wohnung, die Übergabe fand auf der A2-Raststätte Resser-Mark statt. Seit Montag stehen die 46 und 51 Jahre alten Männer in Essen vor Gericht – und sprechen vom größten Fehler ihres Lebens.

Alles begann mit einer verschlüsselten Andeutung. „Kennst Du jemanden, der ,Boom‘ macht?“ So oder so ähnlich soll sich der ältere der beiden Angeklagten – ein Italiener – im vergangenen Jahr ausgedrückt haben. Ein Auftragsmord? Die Ermittler halten es für möglich, dass ein Bekannter mit Hilfe eines Sprengsatzes aus dem Weg geräumt werden sollte. Doch das hatte sich offenbar schnell wieder zerschlagen.

„Drago“ zahlte fast 15.000 Euro für die Autobombe

Das Wort „Bombe“ hatte jedoch schon die Runde gemacht. Der rumänische Mitangeklagte hatte sich bei einem Landsmann erkundigt, der sich später wieder meldete. Er habe einen Käufer für eine Bombe, so die Mitteilung: Ein Mann namens „Drago“ sei bereit, 15.000 Euro für den Sprengsatz zu zahlen. Kurz darauf soll es dann auch schon zur Übergabe gekommen sein.

Die Autobahnraststätte Resser Mark an der Autobahn A2: Dort fand die Übergabe der Bombe statt.
Die Autobahnraststätte Resser Mark an der Autobahn A2: Dort fand die Übergabe der Bombe statt. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

„Ich war total nervös“, so der 46-Jährige im Prozess. „Ich habe das Geld noch nicht mal nachgezählt.“ Auch die Bombe will er sich gar nicht richtig angeguckt haben. Sein italienischer Mitangeklagter will ebenfalls keine Ahnung gehabt haben. „Wir haben uns noch kaputtgelacht“, sagte er den Richtern. „Die sah aus wie Lego-Spielzeug.“ Doch genau das war sie laut Anklage nicht. Sie bestand aus Sprengstoff (TNT), das mit einem Handy verbunden war. Beim ersten Klingeln wäre der Sprengsatz explodiert. Die Ermittler gehen davon aus, dass im Umkreis von fünf bis zehn Metern niemand überlebt hätte. Außerdem waren auf der Rückseite zwei kreisrunde Magnete befestigt. Möglicherweise, um sie unter einem Auto zu platzieren.

Scheinkäufer der Polizei

Bei einer Razzia in Herne fand die Polizei noch zwei baugleiche Sprengsätze.
Bei einer Razzia in Herne fand die Polizei noch zwei baugleiche Sprengsätze. © WAZ | Arne Poll

Was die Angeklagten allerdings nicht wussten: „Drago“ war ein Scheinkäufer der Polizei. Das Bundeskriminalamt hatte über Mittelsmänner von dem Fall erfahren. „Drago“ soll später sogar noch mehr Bomben gefordert haben. Zu weiteren Übergaben ist es jedoch nicht mehr gekommen. Allerdings fand die Polizei Monate später bei einer Razzia in Herne noch zwei baugleiche Sprengsätze.

Zu einer Explosion hätte es auf der Fahrt durchs Ruhrgebiet wohl nicht kommen können. Der Scheinkäufer der Polizei hatte darauf bestanden, dass Zünder und Sprengstoff getrennt übergeben werden. „Außerdem war das Handy ausgeschaltet“, so der jüngere der beiden Angeklagten.

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Lieferant „Pudelmütze“ ist auf der Flucht

Er selbst will sich aufgrund finanzieller Probleme auf die Sache eingelassen haben. Sein mitangeklagter Freund hatte die Bombe damals aus der Herner Wohnung abgeholt. Die Übergabe sei durch einen Mann erfolgt, den der 51-Jährige nur „Pudelmütze“ nennt. Der mutmaßliche Bombenlieferant selbst ist auf der Flucht. Beiden Angeklagten ging es angeblich nur ums schnelle Geld. Die Anklage lautet auf Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz. Der Prozess wird fortgesetzt. Mit den Urteilen ist voraussichtlich Mitte Juli zu rechnen.