Herne. Als Schwimmmeisterin im Lago in Herne ist Isabell Vöpel (47) oft die letzte Rettung. Immer häufiger muss sie auch Ärger am Beckenrand verhindern.
Isabell Vöpel ist Schwimmmeisterin im Lago am Gysenbergpark in Herne. Die 47-Jährige greift ein, wenn’s kritisch wird. Im Interview erzählt die Hernerin von schwierigen Einsätzen, typischen Arbeitstagen und Kuriositäten im Schwimmbad.
- Isabell Vöpel arbeitet als Schwimmmeisterin im Lago in Herne
- Die 47-Jährige muss Menschen retten und bei Konflikten eingreifen
- Sie beklagt eine Zunahme an Aggressivität
Wann haben Sie zuletzt jemanden aus dem Wasser ziehen müssen?
Wenn ich kleine Kinder mitzähle, die ich schnell noch greife, weil sie nicht mehr stehen können, dann ist das gerade einmal drei Wochen her. Die Kinder gehen ohne Schwimmflügel ins Wasser, überschätzen sich und gehen in der Wellenhalle soweit, bis sie nicht mehr stehen können. Dann springe ich rein, ziehe sie raus, gehe zu den Eltern und schimpfe ein bisschen. Ich sage ihnen, dass sie besser auf die Kinder aufpassen sollen.
Man sollte davon ausgehen, dass Eltern ihre Kinder im Schwimmbad immer begleiten...
Viele leider nicht. Meistens haben die Kinder, die wir rausholen müssen, mehrere Geschwister – oft vier oder fünf. Dann ist es sehr wuselig. Die Eltern verlieren selbst den Überblick.
+++ Fotostrecke: Die schönsten Bilder von der Eröffnung des neuen Gysenbergparks +++
Schwimmmeisterin ist oft die letzte Rettung
Sie sind oft die letzte Rettung.
Ja, ich musste auch schon einmal jemanden wiederbeleben. Der Mann hat es leider nicht geschafft. Der Mann hatte bereits einen Herzfehler. Das war ein trauriger Tag. Ich war mit meinem Dienst nur für jemanden eingesprungen. Im Sommer gibt es viele Kreislaufschwächen, gerade in der Sauna, weil die Leute zu wenig trinken.
Sie müssen auch mal streng sein, um Unfälle zu vermeiden. Das birgt Konfliktpotenzial, oder?
Ich wurde sogar schon einmal körperlich angegriffen. Viele Menschen werden aggressiver. Wir haben leider auch Besucher, die es aus kulturellen Gründen nicht akzeptieren, dass ihnen eine Frau etwas sagt. Aber wir sind nun einmal viele Frauen hier und wenige Männer. Die müssen trotzdem auf uns hören. Dann verdrehen sie die Augen oder wenden sich ab. Das sind leider alltägliche Sachen, mit denen wir zu kämpfen haben.
Woran liegt das alles?
Corona hat da noch einmal ein i-Tüpfelchen gesetzt. Wir hatten ja einige Verbote. Es kamen nur wenige Leute rein. Die Menschen mussten Masken aufsetzen. Sobald sie durch die Kasse waren, haben sie die Masken schon abgerissen. Wenn die Servicedamen drauf hingewiesen haben, wurden sie sofort beleidigt. Oft gönnen sich die Gäste auch untereinander nichts. Es gibt viele Beschwerden übereinander. Da müssen wir natürlich reagieren und schlichten.
Auch interessant: Wiedergewählt – Was Hernes Bäderchef jetzt anpacken will+++
Gruppen testen die Grenzen in Schwimmbad und Sauna aus
Der Ton macht oft die Musik. Wie gehen Sie bei einem Konflikt auf die Gäste zu?
Man entwickelt im Laufe der Zeit ein Gefühl, wie man wen anspricht. Erst einmal macht es Sinn, sehr freundlich zu sein und Verständnis aufzubringen. Man muss auch zuhören, was der Gegenüber zu sagen hat. Dann sage ich, ob das okay ist oder nicht. Meist ist es nicht okay. Dann wird der Standpunkt klargemacht. Entsteht eine heiße Diskussion, bleibt nur noch die Möglichkeit, dass sich jemand daran hält, was ich sage oder er selbst geht. Oder wenn es ganz eskaliert, dann lassen wir die Polizei kommen. Dann gibt es Hausverbot für längere Zeit. Meist reicht aber die Ankündigung. Gerade Gruppen testen die Grenzen aus.
Ein Machtspiel?
Ja, das ist oft reine Provokation. An der Kasse sind sie meist noch lieb. In der Umkleide fängt es meistens schon an. Oft ziehen die Gruppen dann auch später das Ende nach der Schließung weit hinaus. Da werden dann noch Bärte intensiv gekämmt.
Sie haben alles am Gürtel, was sie im Laufe des Tages brauchen.
Eigentlich hat diese Hose noch zu wenig Taschen. Ich habe das Funkgerät in meinem schönen Schwarz-Gelb. Dazu kommt mein Schlüsselbund-Halter mit Trillerpfeife und eben das Diensttelefon. Das ist übrigens noch meine erste Pfeife.
Wofür braucht man die?
Wenn es richtig voll ist, kann man sich nur darüber bemerkbar machen. In der Welle zum Beispiel hören die Eltern, die mit ihren Nichtschwimmer-Kindern ins Tiefe gehen, gar nichts. Da pfeift man und alle schauen. Man winkt, dass die nach hinten gehen sollen und dann ist alles gut.
Halten Sie sich selbst fit?
Ja, man muss nicht unbedingt schwimmen. Aber ich arbeite ja in einem sportlichen Beruf. Da muss man etwas tun. Einen 160-Kilo-Menschen kann ich nicht alleine retten, aber dann hole ich sofort mehrere Kollegen, wenn etwas passiert. Wir machen regelmäßig Übungen.
+++ Auch interessant: Herner Südpool soll erweitert werden +++
Vor dem Dienst am Beckenrand erst alles vorbereiten
Gehen Sie auch selbst privat ins Schwimmbad?
Hier gehe ich auch mal mit Freundinnen in die Damensauna. Mit meinem Mann gehe ich auch mal woanders ins Schwimmbad in die Sauna. Aber hier bei uns ist es natürlich am schönsten. Keine andere Sauna ist so schön wie hier.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag aus?
Wenn wir mit der Frühschicht anfangen, geht es morgens um 6 Uhr los. Dann putzen wir zwei Stunden. Wir gucken, ob alles in Ordnung ist, wir reparieren gegebenenfalls Dinge. Wir gehen alle Gänge ab und schließen auf. Gegen kurz vor acht geht erst einmal jeder duschen, weil man nassgeschwitzt ist. Und dann stellen wir uns direkt ans Becken, jeder in seinem Bereich. Die Wellenhalle muss dauerbeaufsichtigt werden, weil das Becken tief ist. Oft zeigen wir auch den Azubis etwas.
+++ Hintergrund: Lago – vom Schwimmbad zur Saunalandschaft +++
Das klingt nach viel Arbeit...
Wir sind immer drei mindestens im Team. Dazu kommen die Azubis. Wenn es jetzt warm ist, dann brauchen wir mehr Personal. Das füllen wir dann mit Rettungsschwimmern auf. Dazu kommen natürlich noch die Servicekräfte und Rettungskräfte. Derjenige, der in der Solehalle ist, geht auch immer mal in der Sauna gucken.
Dabei erlebt man sicher allerhand Kuriositäten...
Hier geht alles verloren. Manche Leute gehen im Winter ohne Schuhe oder ohne Jacken nach Hause. Komischerweise fragt dann kaum noch jemand nach. Wir haben gute und neue Adidas-Turnschuhe gefunden. Da muss jemand barfuß nach Hause gegangen sein. Es hat niemand mehr gefragt. Manchmal bleiben auch echt eklige Dinge liegen. Darüber reden wir aber besser nicht.
>>> Informationen zur Person >>>
Die 47-Jährige ist Fachangestellte für Bäderbetriebe. Sie ist verheiratet und hat zwei ältere Kinder. Isabell Vöpel wohnt in Herne. Sie stammt aus der Kleinstadt Stadtlohn in Nordrhein-Westfalen.