Herne. Die Polizei durchsucht mehrere Häuser in Herne. Es kommt zu einer brenzligen Situation. Die Hintergründe bleiben rätselhaft. Was wir wissen.
Am frühen Morgen hatte sie Schreie gehört, sagt die Nachbarin. Sie habe nicht viel drauf gegeben. „Das kommt hier häufiger vor.“ Als sie aus dem Fenster schaut, ist auf der Bochumer Straße in Herne draußen alles voller Polizei. Niemand darf mehr durch. Ein Mann mit Stirnleuchte und Spürhund kommt aus dem Gebäude gegenüber. Es ist der Auftakt zu mehreren Durchsuchungsaktionen der Polizei im Herner Stadtgebiet am Montagmorgen. Update: Mittlerweile ist klar, dass in dem Haus bis zum Frühjahr eine hochexplosive Bombe gelagert haben soll.
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Es ist kein gewöhnlicher Polizeieinsatz. Das ist auch den Nachbarn schnell klar. Der Fall jedenfalls liegt bei Oberstaatsanwältin Birgit Jürgens und der Staatsanwaltschaft Essen. Jürgens ist Fachfrau für Kapitaldelikte, für die ganz großen Sachen: Mord, Totschlag, schwere Brandstiftung. Den Zusammenhang zu ihrem Fachgebiet relativiert sie auf Nachfrage ein wenig. Das ist aber auch schon alles, was Jürgens direkt sagt. Die Ermittlungen könnten sich noch lange hinziehen.
Drogen? Waffen? Was haben die Hunde gesucht? Auch die Düsseldorfer Polizei, die den Einsatz durchführt, will nicht viele Details zum Einsatz sagen. „Wir können aus ermittlungstaktischen Gründen nicht zu mehr Details Auskunft geben“, sagt Raimund Dockter, Sprecher des Düsseldorfer Polizeipräsidiums.
Haus Bochumer Straße 67a soll lange leergestanden haben
Vor dem Haus an der Bochumer Straße 67a wird es zu Beginn der Durchsuchung recht hektisch. Dort seien mutmaßlich gefährliche Gegenstände gefunden worden, bestätigt die Polizei. Es dauert gut und gerne zwei Stunden, bis die Polizei Entwarnung gibt. Von den „verdächtigen Gegenständen“ gehe keine Gefahr mehr aus. Neun Menschen insgesamt mussten das Mehrfamilienhaus aus Sicherheitsgründen verlassen.
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Die Polizei hat die Bochumer Straße in dem Bereich komplett gesperrt. Kräfte einer Einsatzhundertschaft sichern die Straße ab. Zivile Kräfte stehen vor dem Haus und warten. Hundeführer suchen mit Spürhunden auch die Umgebung ab. Die Ermittler fotografieren Klingelschilder. Bewohnern sollen Fingerabdrücke genommen worden sein. Zu möglichen Festnahmen macht die Polizei keine Angaben.
Eine Anwohnerin berichtet, dass das Haus 67a lange Zeit leer stand. „Wir haben schon gedacht, es wird abgerissen.“ Dann seien plötzlich wieder Menschen eingezogen. Die Rollläden seien oft weit unten, meist nur ein Schlitz geöffnet. In einer Reihe von mehreren renovierten Altbauten hat das Haus den vergleichsweise schlechtesten Zustand. Oft werde am Fenster geraucht, aber nicht Zigarette.
„Hier in der Straße gab es schon viele Einsätze. An der Ecke wird gedealt. Das weiß die Polizei“, sagt eine andere Anwohnerin. „Schockierend“ findet Jelena Sakowski das Geschehen. Andere Anwohnerinnen stimmen ihr zu. Die Gerüchteküche in der Nachbarschaft kocht auf den höchsten Temperaturen. Viele Menschen aus der Siedlung stehen aber vor ganz praktischen Problemen: Der Weg zu ihren Wohnungen ist versperrt. Wer an diesem Morgen zur Physiotherapie muss, wird mit Polizeibegleitung zur Praxis geführt.
Wenig später dann der nächste Einsatz: Nur ein paar hundert Meter weiter südlich an der Bochumer Straße fahren wieder Mannschaftswagen vor. An der Bochumer Straße 178 durchsuchen Beamte ein weiteres Objekt. Warum hier eine Durchsuchung? Auch hier bleiben viele Details unklar. „Es handelt sich um einen Folgeeinsatz“, sagt Sprecher Raimund Dockter. Es seien mehrere Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt worden, heißt es nüchtern im Polizeibericht dazu. ++ Update, 20. Oktober: Es handelt sich bei dem weiteren Ort ausdrücklich nicht um einen Friseursalon wie zunächst bestätigt, sagt die Polizei auf Nachfrage. Der Friseur sei ausdrücklich unbeteiligt. +++
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Der personelle Aufwand für den Einsatz ist groß. „Die ganze Stadt ist voll“, sagt Anwohnerin Jasmin Franke, während ein Mann fragt, wie er denn jetzt zur Sauna im Gysenbergpark kommt. Die Polizei muss selbst erst einmal ‘rumfragen. Die Einsatzkräfte kommen aus Düsseldorf. Die hiesige Polizei war – das ist nicht unüblich – selbst erst kurz vorher über den Einsatz informiert worden.