Herne. Die Metzgerei Alican ist ein Blickfang in der Wanner Innenstadt: Inhaber Engin Kartal spricht über seine Anfänge und sein Erfolgsrezept.
Bei der Wiedereröffnung war die Schlange mehr als 50 Meter lang, auch heute noch müssen sich Kundinnen und Kunden teilweise einige Zeit gedulden, bis sie an der Reihe sind. Die Metzgerei Alican in Wanne-Eickel ist ein echter Anziehungspunkt - auch deutlich über die Herner Stadtgrenzen hinaus.
Klassische deutsche Metzgerlehre in Wanne-Süd
Der Begriff „Erfolgsgeschichte“ mag schon ein wenig abgenutzt sein, aber in manchen Fällen passt er einfach zu gut - wie bei Engin Kartal. Wobei diese Geschichte auch in eine ganz andere Richtung hätte gehen können, denn als Jugendlicher sei sein erster Berufswunsch Kfz-Mechaniker gewesen, erzählt Kartal im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Seine Schwester habe ihn auf eine Lehrstelle bei der Fleischerei Tonn in Wanne-Süd aufmerksam gemacht - der damals 15-Jährige griff zu und lernte das klassische deutsche Metzgerhandwerk: Verkauf, Schlachtung und Produktion.
Die Gesellenprüfung war nur ein Zwischenschritt für ihn, mit 20 Jahren hatte er seinen Meisterbrief in der Tasche und machte sich ein Jahr später - 2005 - selbstständig. „Aus dem Nichts habe ich mein Geschäft aufgebaut“, erzählt er im Rückblick. Das erste Ladenlokal sei winzig gewesen, „sauber, aber nicht schön“, so Kartal. Im Laufe der Jahre habe er den Laden immer wieder vergrößert, bis er sich 2020 zu einer völligen Neugestaltung entschloss. Ein Architekt aus der Türkei habe das Design entwickelt, deutsche Handwerker hätten die Pläne umgesetzt. Auch ein eigens gestaltetes Logo mit einem stilisierten Rinderkopf und zwei gekreuzten Beilen findet sich über dem Eingang und auf allen möglichen Accessoires. So viel ist klar: Dieses Ladenlokal ist ein echter Blickfang im nördlichen Teil der Wanner Innenstadt, die doch geprägt ist von wenig ambitionierter Gestaltung und billig blinkenden Reklamen - dazu später mehr.
Doch Alican ist offensichtlich auch mit seinem Sortiment ein Anziehungspunkt - und das weit über die Wanner Grenzen hinaus. Kartal spricht von einem Radius von 50 Kilometern, aus dem die Kunden kämen. Das hänge unter anderem mit der verkehrsgünstigen Lage von Wanne-Mitte zusammen. Gelsenkirchen und Recklinghausen sind nicht weit. Mit dem Zug sei man aus dem ganzen Ruhrgebiet schnell in Wanne-Eickel. Kein Wunder, dass die Metzgerei nun auch Bestandteil der Stadtmarketing-Sammlung „Wanner Spezialitäten“ ist.
Außerdem beliefere er eine Vielzahl an Herner Schulen, Kindertagesstätten, Vereine oder Feste. Seinen Erfolg erklärt Kartal mit mehreren Faktoren: Einerseits achte er konsequent auf die Qualität, er kenne seine Zulieferbetriebe und quasi jedes Tier. Außerdem habe er eine Auswahl an frischem Fleisch, die nicht überall zu bekommen sei, beispielsweise Lamm. Nach dem Umbau bietet er auch sogenanntes „Dry aged“-Fleisch an. Andererseits habe er den Vorteil, dass neben vielen türkischen und arabischen auch deutsche Kunden zu ihm kämen: „Ich beherrsche mein Handwerk, wir können eine leckere Bratwurst für den Grillabend machen.“ Andersherum funktioniere es nicht so gut, deutsche Metzger sprächen mit ihrer Palette die muslimische Bevölkerung nicht so an. Nach Kartals Meinung müssten sich die deutschen Metzger in dieser Hinsicht weiterentwickeln.
Engin Kartal hofft auf Verbesserungen in der Wanner Innenstadt
Zurück zu seinem Ladenlokal: Kartal, der sich auch in der Wanner SPD engagiert, ist sich bewusst, dass er mit dem Umbau der Hauptstraße einen Hingucker geliefert hat. Doch er könne nicht allein das Umfeld aufwerten, da müssten andere mitziehen. Er selbst habe den Vorteil, dass ihm die Immobilie gehöre, andere Gewerbetreibende seien Mieter - was die Investitionsbereitschaft hemme. Selbstverständlich kennt er die Pläne für Wanne: Urban Arts Center Ruhr und Rathaus-Carrée. Doch die Umsetzung dauert ihm viel zu lange, aus Kartals Sicht muss schneller etwas passieren, damit sich die Situation verbessere.