Herne. . Die Tonns schützen sich auf ungewöhnliche Weise gegen Kriminelle. Die Tür wird verbarrikadiert. Seitdem ist Ruhe in der Fleischerei in Wanne.
Metzgermeister Heinz Tonn und seine Ehefrau Ursula wissen nicht, was Einbrecher dazu treibt, ihrem Geschäft an der Dornburger Straße in aller Regelmäßigkeit einen Besuch abzustatten. Der Goldene Meisterbrief im Schaufenster – jedenfalls – wird es nicht sein. Da weiß selbst der dümmste Bandit, dass mit diesem Gold nicht viel anzufangen ist – auch auf dem Schwarzmarkt nicht.
Die Tonns hatten die Faxen irgendwann dicke und erdachten eine einfache, aber geniale Methode, wie sie die Eingangstür zu ihrem Laden am besten vor Einbrechern schützen: Jedes Mal, wenn sie Feierabend machen, stellen sie leere Mineralwasserkisten davor. Die Reihe reicht bis zur gegenüber liegenden Seite des Geschäfts, so dass die Tür nicht mehr geöffnet werden kann, auch wenn das Schloss geknackt sein sollte.
„Seitdem ist Ruhe“, sagt das findige Ehepaar. Dabei geht es gar nicht einmal allein um die Wurst, wenn die bösen Jungs mal wieder dagewesen sind: „Oftmals ist die Regulierung des Schadens an den Fenstern und Schlössern höher als der Wert der gestohlenen Waren“, sagt Heinz Tonn, der die Fleischerei 1964 eröffnete.
„Einmal haben Einbrecher das gesamte Gehänge mit Wurst und Schinken mitgehen lassen“, erinnert er sich. Besonders dreiste Krimelle hätten auch schon das Fenster der Eingangstür mit einem Gullideckel eingeworfen. Bargeld ist bei Tonns im Laden nicht zu holen: „Wir nehmen den Kasseninhalt jeden Abend mit“, sagt Heinz Tonn. Und aus den gestohlenen Waren aus Regalen und Kühltheke – Zwiebelsoßenpulver, gelbe Erbsen aus der Dose oder Maulwurfkuchen aus der Tüte – lässt sich nicht das größte Kapital schlagen
In der Regel werde das Schloss aufgehebelt. Den Schaden zahle zwar die Versicherung, aber ärgerlich sei ein Einbruch trotzdem. Denn Ärger wollen die Tonns möglichst vermeiden in einem Arbeitsleben, dass immer mehr zur Liebhaberei wird, weil sich der Umsatz durch die Konkurrenz der Discounter in Grenzen hält: „Die Leute haben sich an den Einheitsgeschmack der Discounter gewöhnt“, sagt Ursula Tonn. Und Heinz Tonn ergänzt. „Die gehen da wahrscheinlich aus Bequemlichkeit hin, denn preiswerter als bei uns ist das Angebot dort nicht.“
Das Ehepaar fühlt sich fit und will solange weitermachen, wie „es der liebe Gott zulässt“, sagt Heinz Tonn. Weil der liebe Gott ihn aber nicht vor Einbrechern schützen konnte, schritt er selbst zur Tat. Die Idee mit den Wasserkisten vor der Tür war eine fruchtbare, damit die Tonns nicht brotlos werden. Oder sagt man in diesem Fall: fleischlos?