Herne. Das Familienunternehmen Metzger Weber gibt es seit 100 Jahren, Rainer Weber leitet es in vierter Generation. Wieso er der Letzte sein könnte.
„Hier läuft die Ware nicht vom Band, hier schafft man noch mit Herz und Hand.“ So steht es in altdeutschen Buchstaben auf einer Baumscheibe geschrieben, die an der beige-grauen Wand im Verkaufsraum der Wanner Metzgerei Weber hängt. Das Familienunternehmen an der Heinestraße besteht seit 100 Jahren, Rainer Weber betreibt die Metzgerei mittlerweile in vierter Generation.
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Tradition, das stellt sich im Gespräch mit dem 55-Jährigen schnell heraus, hat für Weber einen hohen Stellenwert. Grützwurst und Mettwürstchen – alles nach etabliertem Familienrezept in den Hinterräumen der Metzgerei zubereitet. „Warum soll man was ändern, wenn es gut ist?“, stellt Rainer Weber die fast schon rhetorische Frage. Ausbildung bei den Eltern, das Geschäft übernommen, gab es da jemals Zweifel? „Nein“, sagt Metzger Weber. „In den 90ern war ich zwei Jahre lang raus. In Köln, Süddeutschland und den USA.“ Doch die Heimat habe ihn nie losgelassen. Heute sagt er: „Wanne-Nord ist für mich schon Ausland.“
Direkt neben der Metzgerei liegt das zugehörige Café, Webers Schlemmerstuben. Dunkles Holz, weiße Tischdecken, an den Wänden Bilder aus vergangenen Zeiten. „Das Café gibt es seit 30 Jahren, nächstes Jahr möchten wir die beiden Jubiläen feiern“, sagt Weber. In den vergangenen Jahren habe sich das Café zur Haupteinnahmequelle entwickelt, aktuell hole die Metzgerei wieder auf. „Durch Corona haben sich die Leute etwas rückbesinnt, ist mein Eindruck“, erklärt Nicole Möller. Die Metzgereifachverkäuferin arbeitet seit 1994 bei Weber, kennt viele der Kundinnen und Kunden beim Namen. Gemeinsam mit zwei Kolleginnen steht sie täglich in der Küche und kocht frisch. Eintöpfe, Schnitzel, Braten. „Wenn es Kohlrouladen gibt, rennen uns die Leute die Bude ein“, sagt Möller. Vier Damen bedienen in den Schlemmerstuben im Wechsel die Gäste, eine von ihnen ist Zora Madajevski: „Viele der Gäste kommen immer wieder, schon seit Jahren.“
„Ich denke, dass es die Qualität ist, die uns von der Konkurrenz abhebt“, sagt Rainer Weber. „Bei uns bekommt man eben noch die Produkte echten Handwerks.“ Verteufeln wolle er aber das abgepackte Fleisch aus Kühltheken, etwa in Supermärkten, nicht. „Es ist nicht immer alles nur schlecht oder nur gut. So einfach sind die Dinge nicht.“ Und auch auf die Nachfolge der Metzgerei angesprochen, gibt sich der groß gewachsene, grauhaarige Wanne-Eickeler pragmatisch. Kinder habe er keine, die Metzger-Ausbildung schon seit jeher ein Problem mit dem schlechten Ruf. „Wenn keine Generation mehr folgt, dann ist das eben so.“ Die klassische Metzgerei sei ein Auslaufmodell.
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Druck, die Metzgerei übernehmen zu müssen, habe Weber nie verspürt. „Unsere Eltern haben uns immer alle Möglichkeiten offen gehalten.“ Sein älterer Bruder Robert wollte Arzt werden, ist zum Studium nach Berlin gegangen. „Heute arbeitet er als Psychiater in Castrop. Wir konnten beide unsere Leidenschaft zum Beruf machen.“
Wie lange Rainer Weber in der Heinestraße noch Mettwürstchen, Grützwurst und Schinken herstellen und verkaufen möchte, weiß er noch nicht genau. „Ich habe da keinen Zeitplan.“ Aber der Job wirke sich mit der Zeit doch auf den Körper aus. „Solange es noch geht, geht es.“ Und wenn nicht? „Dann ist das halt so.“