Herne. In diesem Jahr finden in vielen Städten wieder verkaufsoffene Sonntage statt. Und in Herne und Wanne? Was hier geplant ist – und was nicht.

Das Onlineportal der WAZ hat vor wenigen Wochen eine Übersicht mit verkaufsoffenen Sonntagen veröffentlicht: vom Ruhrgebiet über Westfalen, und Niederrhein bis zum Münsterland. Die Liste ist stattlich und nennt Vororte wie Bochum-Linden oder Kleinstädte wie Hünxe. Wer Herne in der Auflistung sucht, stößt auf den Hinweis, dass noch keine Termine feststünden. Ob es in absehbarer Zeit einen Termin in Herne oder Wanne geben wird, ist mehr als ungewiss.

Verkaufsoffene Sonntage in Herne - die verblassen so langsam in der Erinnerung. Der letzte fand im September 2019 statt, der vorletzte im Jahr 2017. Selbst Norbert Menzel, Vorsitzender der IG Herne-City, hatte im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion diese Daten nicht mehr parat.

Norbert Menzel, Vorsitzender der IG Herne-City, hält die Chancen für einen verkaufsoffenen Sonntag für übersichtlich.
Norbert Menzel, Vorsitzender der IG Herne-City, hält die Chancen für einen verkaufsoffenen Sonntag für übersichtlich. © FUNKE Foto Services | Ralph Bodemer

Menzel schätzt die Chancen für eine Neuauflage als übersichtlich ein und nennt dafür mehrere Gründe: Einerseits müsse man sich fragen, welcher Händler denn überhaupt seine Türen öffne. Die Filialisten seien bereits in den vergangenen Jahren sehr zurückhaltend gewesen. Und selbst bei den inhabergeführten Geschäften - gerade jenseits der Bahnhofstraße - habe sich die Begeisterung in eng gesteckten Grenzen gehalten, denn die Umsätze seien in der Vergangenheit teilweise nicht einmal dreistellig gewesen - also wenig Ertrag bei hohem Aufwand. So bestehe die Gefahr eines wenig attraktiven Flickenteppichs.

Schwierige Suche nach einem Veranstaltungsformat

Als zweite hohe Hürde nennt Menzel die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Grob skizziert sei es so, dass eine Kommune - die die verkaufsoffenen Sonntage genehmige - nachweisen müsse, dass zu der Veranstaltung, die zeitgleich mit dem offenen Sonntag stattfindet, mehr Menschen kommen als zu den geöffneten Geschäften. Der verkaufsoffene Sonntag darf also nicht im Vordergrund stehen. Darüber hinaus gebe es räumliche Einschränkungen, die eine Öffnung in den Nebenstraßen der Bahnhofstraße ausschließe. Ganz zu schweigen vom Möbelhaus Zurbrüggen wie in früheren Jahren.

Jens Rohlfing, Sprecher der Werbegemeinschaft Wanne-Mitte, bedauert, dass es mit der geltenden Rechtslage und ihrer Interpretation schwierig ist, einen verkaufsoffenen Sonntag auf die  Beine zu stellen.
Jens Rohlfing, Sprecher der Werbegemeinschaft Wanne-Mitte, bedauert, dass es mit der geltenden Rechtslage und ihrer Interpretation schwierig ist, einen verkaufsoffenen Sonntag auf die Beine zu stellen. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Die Suche nach einem Veranstaltungsformat und -thema, das Potenzial habe, Menschen aus anderen Städten nach Herne zu ziehen, gestaltet sich schwierig. Menzel kann sich vielleicht etwas mit Elektromobilität vorstellen. Das sei sehr aktuell, und mit Cenntro und dem Start-up Antric gebe es in diesem Bereich zwei Herner Produzenten. Doch das sind nur erste lose Gedanken, Menzel ist weit von einer konkreten Planung entfernt.

Nehle Reiter-Gies, Mitinhaberin des Modeladens Reiter Fashion auf der Bahnhofstraße, ist eine klare Befürworterin von verkaufsoffenen Sonntagen. Und man könne damit Menschen aus anderen Städten auf Herne aufmerksam machen und zeigen, dass in der Stadt etwas passiert. Reiter-Gies kann sich als Alternative eine Shopping-Nacht vorstellen, bei der die Geschäfte bis 22 Uhr geöffnet sind.

Verkaufsoffener Sonntag als Variante, um die Innenstadt zu beleben

Nicht nur in Herne, auch in Wanne-Mitte bahnt sich nichts an. Jens Rohlfing, Sprecher der Werbegemeinschaft Wanne-Mitte, bedauert dies. Er habe den verkaufsoffenen Sonntag immer als Service für berufstätige Menschen gesehen, und dieser Service sei nach seiner Beobachtung angenommen worden. Daneben sei ein verkaufsoffener Sonntag eine Variante, um eine Innenstadt zu beleben und eine Gemeinschaftsgefühl herzustellen, es gehe nicht um Gewinnmaximierung. Aber mit der Rechtslage und der Art und Weise, wie sie in Herne interpretiert werde, werde es schwierig, einen verkaufsoffenen Sonntag auf die Beine zu stellen.

Verdis Position ist eindeutig: Wir lehnen Sonntagsöffnungen ab

Rohlfings Bemerkung zielt auf die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Sie hat in den vergangenen Jahren dafür gesorgt, dass in Herne eine Reihe von geplanten verkaufsoffenen Sonntage nicht stattfinden konnten. Verdi hatte per Eilentscheid vom Verwaltungsgericht feststellen lassen, dass die Genehmigung nicht mit den gesetzlichen Bestimmungen zu vereinbaren ist. Die grundsätzliche Position von Verdi sei klar, so der zuständige Gewerkschaftssekretär Michael Sievers im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. „Wir lehnen Sonntagsöffnungen ab.“ Doch man klage nicht grundsätzlich, sondern nur, wenn man Angriffspunkte sehe, dass die Genehmigung nicht im Einklang mit Recht und Gesetz stehe.

>>> DIE GRUNDSATZPOSITION DER GEWERKSCHAFT

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi führt in einem Positionspapier des Landesverbands mehrere Punkte gegen Ladenöffnungen an Sonntagen ins Feld und sieht sie nicht als Lösung der Krise des innerstädtischen Einzelhandels.

So greife das Argument der Wettbewerbsverzerrung - weil der Onlinehandel auch sonntags geöffnet ist - nicht, weil gerade die meisten Textilfilialisten längst Onlineshops hätten; außerdem nutzten die großen Ketten verkaufsoffene Sonntage, um den kleinen unabhängigen Händlern das Wasser abzugraben; darüber würden an Sonntagen nicht zusätzliche Umsätze generiert, die Umsätze würden vielmehr von den Werktagen auf den Sonntag verschoben; den Kunden fehle es auch nicht an Zeit, sondern an Geld zum Einkaufen.