Herne. Das Weihnachtsgeschäft geht für den Herner Einzelhandel in den Endspurt. Die WAZ hat bei Herner Händlern gefragt, wie das Geschäft bisher lief.
Es ist die letzte Woche vor Weihnachten. Für den Herner Einzelhandel beginnt nun der Endspurt bis zum Fest. Die WAZ-Redaktion hat bei lokalen Händlerinnen und Händlern nachgefragt, wie das diesjährige Weihnachtsgeschäft bislang für sie gelaufen ist. Ein Überblick.
Beim Elektrofachmarkt Expert Drüke & Loskill in der Herner Bahnhofstraße verlaufe das Weihnachtsgeschäft bisher deutlich ruhiger als in den Vorjahren, sagt Geschäftsführer Thomas Bendik. Grund seien die steigenden Kosten durch den Krieg und die Energiekrise. „Die Leute überlegen sich zwei Mal, was sie kaufen“, sagt Bendik. Es werde zurzeit eher für den Ersatzbedarf gekauft und weniger für die reine Freude. Für die letzte Woche vor Weihnachten geht Bendik jedoch davon aus, dass die Frequenz doch noch steigen werde. „Im Endspurt wird mehr gekauft. Wie alle Jahre wieder“, sagt er.
Baumarkt verkauft weniger Weihnachtsbeleuchtung, weil die Menschen Energie sparen
Beim Baumarkt Hornbach falle auf, dass in diesem Jahr deutlich weniger Weihnachtsbeleuchtung gekauft werde. „Die Menschen müssen nach wie vor Energie sparen und verzichten dann auf die Beleuchtung“, sagt Filialleiter Roger van Bürck. Zum Teil liege der Rückgang auch an der Inflation. Der Verkauf von Weihnachtsbäumen hingegen laufe ähnlich wie in den Jahren zuvor. Die meisten Kundinnen und Kunden hätten bereits zum 4. Adventswochenende Tannenbäume für das Fest gekauft.
Ein Vergleich des diesjährigen Weihnachtsgeschäftes mit den Vorjahren sei aufgrund der Corona-Krise in den letzten zwei Jahren schwierig. Jedoch sei Corona in diesem Jahr kein Thema mehr bei den Kundinnen und Kunden. „Kaum jemand trägt noch Maske“, sagt van Bürck.
Insgesamt gehe der Filialleiter davon aus, dass die letzte Woche vor Weihnachten nicht mehr viel am diesjährigen Geschäft ändern werde. „Wir fangen schon an, Weihnachtsartikel zu reduzieren.“ Denn bereits seit Jahren gebe es einen Trend bei Kundinnen und Kunden, sich bereits für das nächste Jahr mit reduzierten Artikeln einzudecken.
Für das Möbelhaus Zurbrüggen in Holsterhausen sei das Weihnachtgeschäft bisher sehr gut gelaufen, sagt Geschäftsführer Christian Zurbrüggen. Weihnachtsartikel seien in diesem Jahr gut nachgefragt. „Wir sind bei der klassischen Weihnachtsdeko, wie zum Beispiel Schmuck, Kugeln oder Nikoläuse komplett ausverkauft.“ Weihnachten habe in diesem Jahr einen hohen Stellenwert bei den Menschen, die es sich schön machen wollen, meint der Unternehmer. In den letzten Tagen bis zum Fest werde es noch eine kleine Nachfrage an Geschenkartikeln geben, bevor das Möbelhaus ab dem 24. Dezember über die Feiertage schließen werde. „Es hat sich schon in den letzten Jahren gezeigt, dass sich das Geschäft an Heiligabend nicht lohnt“, sagt Zurbrüggen. Dafür lohne es sich an Silvester: Am 31. Dezember werde Zurbrüggen bis 16 Uhr geöffnet haben.
Reiter Fashion: Herner Innenstadt lockt Menschen nicht an
„Mir war klar, dass der Dezember in diesem Jahr nicht so stark wird, aber ich hätte trotzdem mit mehr gerechnet“, sagt Nehle Reiter-Gies, Inhaberin von Reiter Fashion in der Herner Bahnhofstraße. Das Weihnachtsgeschäft laufe für das Modehaus in diesem Jahr ebenfalls schleppend. Die Frequenzen seien an den Adventssamstagen extrem gering in der Herner Innenstadt gewesen.
Die Eigentümerin sieht dabei vor allem ein Problem für den Einzelhandel: „In Herne wird nichts getan, um die Menschen in die Innenstadt zu ziehen.“ Veranstaltungen wie der Cranger Weihnachtszauber - weit jenseits der Herner und Wanner Innenstadt - würden das bestärken. „Ich beobachte auch andere Städte und habe das Gefühl, die Leute fahren eher nach Bochum, Recklinghausen und Castrop-Rauxel“, sagt Reiter-Gies. Durch ihre zweite Filiale in Castrop-Rauxel habe sie dort den Direktvergleich. Dort werde zum Beispiel ein Bühnenprogramm in der Innenstadt geboten.
Problematisch sei in diesem Jahr außerdem, dass nicht alle Einzelhändler in Herne-Mitte an den Adventssamstagen einheitliche Öffnungszeiten hätten. „Es gibt keine Kontinuität in der Innenstadt. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, den Kundinnen und Kunden die Möglichkeit zu bieten, bis 18 Uhr bei uns einzukaufen. Das haben aber nicht alle Geschäfte so gemacht“, sagt Reiter-Gies.
Krankenstand und Umschwenken zum Spenden mögliche Gründe für geringere Umsätze
Oliver Pieper, Inhaber der Stadt-Parfümerie Pieper mit inzwischen mehr als 140 Filialen in NRW, Niedersachsen, Bremen und Hamburg, berichtet beim Blick auf das Weihnachtsgeschäft von einem besseren Umsatz als im Jahr 2019, also vor Corona. Allerdings relativiere sich diese Bilanz, wenn man die Umsätze aus dem Online-Geschäft herausrechne. Dennoch sei er zufrieden mit dem bisherigen Verlauf, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu verdanken sei. Das Persönliche spiele im stationären Handel eine große Rolle. Hinzu komme, dass Parfüm und Pflegeprodukte der kleine Luxus seien, den sich die Menschen leisten können und wollen.
Während Pieper mit den Umsätzen „glücklich“ sei, bereiteten ihm die steigenden Kosten Sorgen. Längst seien in den Filialen Maßnahmen zum Energiesparen eingeleitet worden, so sei ein großer Teil der Beleuchtung auf LED umgerüstet worden.
Auch Jens Rohlfing, Inhaber des Weinhauses Wanne, hofft auf einen starken Endspurt. Das Weihnachtsgeschäft sei später angelaufen, Rohlfing nennt als mögliche Ursache die Tatsache, dass Heiligabend am Ende der Woche liege und die Menschen das Gefühl hätten, dass noch die ganze Woche Zeit sei für die Weihnachtseinkäufe. Er rechnet mit einem leichten Minus im Vergleich zu den Vorjahren. Die Gründe: Gerade von den Miniaturgrößen habe er deutlich weniger gekauft. Die seien in der Vergangenheit für Adventskalender oder als Wichtelgeschenke verwendet worden. Doch Corona habe die Wichteltradition wohl etwas gebrochen. Für die - allgemeine - Kaufzurückhaltung könnte auch der hohe Krankenstand eine Rolle spielen und ein Umschwenken zum Spenden angesichts des Ukrainekrieges.