Herne. Nurten Özcelik sagt: Sie wird auf der Arbeit, der Herner Sparkasse, gemobbt. Das will OB Frank Dudda, Verwaltungsratschef, nicht stehen lassen.

Nurten Özcelik macht ihrem Arbeitgeber, der Herner Sparkasse, schwere Vorwürfe: Seit Jahren werde sie im Hause systematisch gemobbt. Das sagte die 52-Jährige am Freitag, 5. Mai, vor dem Herner Arbeitsgericht. Sie fordert von ihrem Arbeitgeber 45.000 Euro. Dass es ihr aber nicht in erster Linie ums Geld gehe, betonte sie mehrfach: „Ich will, dass das Mobbing aufhört.“

Auf den Tisch kamen die Mobbing-Vorwürfe bei der Arbeitsgerichtsverhandlung am Freitag, 5. Mai, zunächst nicht – beziehungsweise sie wurden von Nurten Özcelik nur kurz angerissen. Ziel beider Seiten war nämlich eine Einigung, und da macht das Waschen schmutziger Wäsche keinen Sinn. Es sei bei der Herner Sparkasse „schon einiges vorgefallen“, sagte Nicole Mutschke, Anwältin der Sparkassen-Frau, um anzufügen: „Ob das alles in die Öffentlichkeit gehört?“ Inken Hansen, Vertreterin des Kreditinstituts, spielte den Ball an Nurten Özcelik zurück. Auch sie spiele bei dem Ganzen eine Rolle, so der Vorwurf an die Angestellte.

Herne: Zwischenzeitlich ins Archiv verbannt

Nurten Özcelik (Mitte) wirft der Herner Sparkasse Mobbing vor. Mit im Bild ihre Anwälte Nicole Mutschke und Henning Linnemann.
Nurten Özcelik (Mitte) wirft der Herner Sparkasse Mobbing vor. Mit im Bild ihre Anwälte Nicole Mutschke und Henning Linnemann. © WAZ | Michael Muscheid

Was zur Sprache kam: Sie sei zwischenzeitlich ins Archiv verbannt worden, sagte Nurten Özcelik. Außerdem habe sie eine falsche Lohnsteuer-Bescheinigung über ein viel zu hohes Gehalt erhalten, die auf ihre Bitte hin nicht korrigiert worden sei. Zudem sei ihr eine Rechtsschutzversicherung, die sie über ihren Arbeitgeber abgeschlossen habe, plötzlich gekündigt worden. Und: Sie habe ein Butterbrot in der Mittagspause nicht essen dürfen. Auch Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD), Aufsichtsratsvorsitzender der Sparkasse, erwähnte sie. Auch er spiele in dem Ganzen eine Rolle. Welche, das sagte sie nicht, ebenso wenig wie später ihre Anwältin Nicole Mutschke nach der Verhandlung auf Nachfrage der WAZ. Man befinde sich in einem laufenden Verfahren, begründete die Juristin.

Kommen bald alle Karten auf den Tisch, darunter die möglichen Vorwürfe gegen den OB? Abwarten. Arbeitsrichter Thomas Kühl schlug den Beteiligten ein Güterichter-Verfahren vor. In einem solchen Verfahren, erklärte er, versuchten sich die Streitparteien an einem anderen Gerichtsstandort in der Nähe unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu einigen und den gemeinsamen Streit „auf Null zu setzen“. Nurten Özcelik und ihre Anwältin sagten ja zu dem Vorschlag, die Vertreterin der Sparkasse Inken Hansen befürwortete ihn, wollte das letzte Wort aber dem Sparkassen-Vorstand überlassen. Zwei Wochen hat das Kreditinstitut nun Zeit, sich zu äußern.

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Nach der Verhandlung zeigte sich die Klägerin Nurten Özcelik, mittlerweile schwerbehindert und krank geschrieben, zufrieden. Sie wolle, dass das Mobbing endlich aufhöre und dass beide Seiten neu anfangen, so die SPD-Ratsfrau. „Ich will meiner Arbeit nachgehen“, so die 52-Jährige.

Beide Seiten standen damit nicht zum ersten Mal vor Gericht. Die Mobbing-Vorwürfe ziehen sich schon mehrere Jahre zurück. Die Sparkasse hatte die Frau, damals in der Immobilienabteilung beschäftigt, im Sommer 2020 fristlos gekündigt. Nach ihrer Aussage hatte sie schwere Fehler im Immobilien-Geschäft eines Kollegen entdeckt und gemeldet. Daraufhin sei in der Personalabteilung gegen sie „geschossen“ worden, und sie habe eine schlechte Beurteilung erhalten. Das habe sie Hernes SPD-Fraktionschef Udo Sobieski, Aufsichtsratsmitglied der Sparkasse, und dem damaligen Herner SPD-Chef, dem Landtagsabgeordneten Alexander Vogt, erzählt. Spätestens da erhielt der Fall dann auch eine parteipolitische Komponente.

Als die Vorstandsetage von dem Gespräch erfahren habe, habe diese sie rausgeschmissen. Die Mitarbeiterin habe ihre Treuepflicht verletzt, begründete Sparkassen-Anwältin Inken Hansen in der ersten Instanz. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht Hamm in zweiter Instanz sahen das anders und hoben die Kündigung auf.

Seither arbeiten beide Seiten wieder zusammen – aber bislang offenbar alles andere als harmonisch. Das soll sich, so der Vorschlag des Richters, durch das besagte Güterichter-Verfahren endlich ändern.

>>> Frank Dudda bezieht Stellung

Vorsitzender des Verwaltungsrats der Herner Sparkasse: Frank Dudda, hier auf einem Bild vom 23. Herner Forum der Sparkasse 2017.
Vorsitzender des Verwaltungsrats der Herner Sparkasse: Frank Dudda, hier auf einem Bild vom 23. Herner Forum der Sparkasse 2017. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Zu diesem WAZ-Bericht hat Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD) am Montag, 8. Mai, als Vorsitzender des Verwaltungsrates der Herner Sparkasse schriftlich Stellung bezogen. Er schreibt:

„Ich akzeptiere und achte uneingeschränkt die alleinige Zuständigkeit des Sparkassenvorstandes hinsichtlich der Gestaltung und Abwicklung von Arbeitsverhältnissen und entsprechenden Fragestellungen. Andererseits werden der Vorstand der Sparkasse, leitende Mitarbeiter und die Sparkasse als solche in Misskredit gebracht. Der Mobbingvorwurf wiegt schwer. Der Verwaltungsrat der Herner Sparkasse, nicht ich, ist somit gehalten, diese Situation zu beurteilen und zu bewerten. Dies habe ich veranlasst. Ich möchte an dieser Stelle betonen: Insgesamt liegen mir als Vorsitzender des Verwaltungsrates derzeit keine Erkenntnisse über Mobbing bei der Herner Sparkasse vor. Darüber hinaus gibt es den schweren Fehler im Immobiliengeschäft der Sparkasse, den Sie in Ihrer Berichterstattung anführen, nicht. Natürlich ist in diesem Gesamtzusammenhang aber zu prüfen, ob zu Lasten Dritter unrichtige Tatsachenbehauptungen stattfinden, die den Rahmen der Wahrnehmung berechtigter Interessen sprengen.“