Herne. Die Herner St. Elisabeth-Gruppe hat das Rheumazentrum um ein drittes Geschoss aufgestockt. Das spiegelt die internationale Bedeutung der Klinik.

Johannes Baumann, der frühere Aufsichtsratsvorsitzende der Herner St. Elisabeth-Gruppe, lag richtig mit seiner Vermutung: Als der Neubau des Rheumazentrums Ruhrgebiet an der Claudiusstraße 2014 eingeweiht wurde, fragte er den damaligen Geschäftsführer Theo Freitag, ob auch daran gedacht worden sei, dass man das Gebäude aufstocken kann. Freitags Antwort lautete Ja. Diese Notwendigkeit kam deutlich schneller als gedacht. In diesen Tagen wird die Aufstockung um ein drittes Geschoss abgeschlossen. Sie ist auch ein Spiegel der bundes- und sogar weltweiten Bedeutung des Rheumazentrums.

22 neue Patientenzimmer sowie Arzt- und Untersuchungsräume

Zunächst zu den nüchternen Daten: Rund 20 Millionen Euro habe die Elisabeth-Gruppe für das dritte Geschoss investiert, erzählt Geschäftsleitungsmitglied Sebastian Schulz im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Die Arbeiten haben fast zwei Jahre in Anspruch genommen. Zum Vergleich: Der komplette Neubau hatte 33 Millionen Euro gekostet. 22 Zwei- und Dreibett-Patientenzimmer sind hinzugekommen, außerdem neue Arzt- und Untersuchungsräume, die mit der aktuellen Technik für die Diagnostik ausgestattet sind. Im Zuge des Umbaus wurde auch die erste Etage erweitert (und die Dachterrasse verkleinert). Auf diese Weise ist Platz für neue Gymnastik- und Ergotherapieräume entstanden.

22 neue Patientenzimmer sind durch die Aufstockung entstanden.
22 neue Patientenzimmer sind durch die Aufstockung entstanden. © St. Elisabeth-Gruppe | Martin Leclaire LECLAIRE PHOTOGR

Prof. Xenofon Baraliakos, der bereits den Einzug ins neue Gebäude mitgemacht hat und das Rheumazentrum seit 2021 leitet, erläutert die Gründe für die Aufstockung: Grundsätzlich versuche man, jeden Patienten schnell aufzunehmen, allerdings gebe es Wartezeiten. Für stationär behandelte Patienten könne sie drei bis vier Wochen betragen, für ambulant behandelte Patienten sogar bis zu fünf Monate. Hinzu komme, dass an der Claudiusstraße auch immer mehr schwer erkrankte Menschen behandelt würden. Dabei betont Baraliakos: „Rheuma ist bei weitem keine Erkrankung des alten Menschen.“ Der Hintergrund für die Wartezeiten: Bundesweit gebe es zu wenig niedergelassene Rheumatologen und Krankenhauskapazitäten. Die Folge: „Wir sind in allen Bereichen stark gewachsen.“Das kann man auch in Zahlen ausdrücken: Pro Jahr werden im Rheumazentrum etwa 32.000 Patientinnen und Patienten ambulant und stationär behandelt. Damit sei es die größte Einrichtung ihrer Art in Europa - und nehme auch internationale Patienten auf.

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Ruhr-Universität schuf extra Lehrstuhl für Rheumatologie

In der Wissenschaft geht die Bedeutung noch über Europa hinaus, in der Forschung hat das Team von Baraliakos längst einen weltweiten Ruf. Seit Jahren wird in Wanne-Eickel zur Diagnose und Therapie von rheumatischen Erkrankungen geforscht, die Ruhr-Universität Bochum richtete vor diesem Hintergrund extra einen Lehrstuhl ein, den Professor Xenofon Baraliakos von seinem Vorgänger Prof. Jürgen Braun übernommen hat.

Prof. Xenofon Baraliakos leitet das Rheumazentrum seit 2021.
Prof. Xenofon Baraliakos leitet das Rheumazentrum seit 2021. © St. Elisabeth-Gruppe | Leclaire

Die hohe Zahl der Patientinnen und Patienten biete für die Wissenschaft den Vorteil, dass das Rheumazentrum eine Vielzahl an Studien durchführen könne und bessere und schnellere Ergebnisse erhalte als andere Einrichtungen. „Wir forschen mehr als alle anderen“, so Baraliakos. Mit den Erkenntnissen sei es möglich, früher die Diagnose einer rheumatischen Erkrankung zu stellen und die Therapie individueller durchzuführen als in früheren Jahren.

Weltweite Leitlinien für die Behandlung werden in Wanne-Eickel mitentwickelt

Die Bedeutung des Herner Rheumazentrums in der wissenschaftlichen Gemeinde ist so groß, dass das Team um Prof. Baraliakos mitverantwortlich für die Entwicklung der Leitlinien für die Therapien bei rheumatischen Erkrankungen ist. Das heißt: Die Empfehlungen für eine Behandlung, die in Wanne-Eickel erarbeitet werden, finden weltweit Beachtung. Baraliakos treibt diese Entwicklung unermüdlich voran und geht davon aus, dass sich in Zukunft noch mehr seiner Kolleginnen und Kollegen am Rheumazentrum habilitieren werden.

Inwieweit weiteres Wachstum bei den Patientenzahlen und in der Forschung sich baulich widerspiegeln, bleibt abzuwarten: Eine weitere Aufstockung des Gebäudes sei jedenfalls nicht mehr möglich...