Herne. Jugendamtsleiterin Jordan soll Dezernentin werden, schlägt die Herner SPD vor. Ein anderer Bewerber fühlt sich diskriminiert und droht mit Klage.
Die SPD will am Dienstag im Rat vorschlagen, dass Jugendamtsleiterin Stephanie Jordan (43) zur neuen Dezernentin gewählt wird. Nach dem politischen Streit um einen geänderten Zuschnitt des Dezernats gibt es nun kurz vor der Wahl erneut Ärger: Ein Bewerber für die Nachfolge des zum 1. Januar zum Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) gewechselten Sozial- und Gesundheitsdezernenten Johannes Chudziak droht indirekt mit Klage, weil er sich benachteiligt und als Mann diskriminiert fühlt.
Amtsleiter: Positive Rückmeldungen aus mehreren Fraktionen
Der Bewerber – ein Amtsleiter aus einer anderen Stadt – war wie auch Stepanie Jordan und eine weitere Kandidatin von den Herner Ratsfraktionen für Mitte Februar zur persönlichen Vorstellung eingeladen worden. In seiner (der WAZ vorliegenden) an SPD-Fraktions-Chef Udo Sobieski adressierten und allen Ratsfraktionen übermittelten Mail begründet er seinen Protest nun so: „Aufgrund der unglücklichen Vorberichterstattung in der Presse, inklusive einer möglichen Vorabpositionierung für Frau Jordan durch den Oberbürgermeister und die SPD-Fraktion, den möglicherweise rechtlich unzulässigen Aussagen bezüglich des notwendigen Geschlechts der zukünftigen Stelleninhaberin und den fraktionsübergreifenden positiven Rückmeldungen auf meine Vorstellung am 15. Februar 2023, sehe ich diese Entscheidung ... für alle Seiten als problematisch an.“
Er könne hier weder einen fairen Wettbewerb noch eine Überlegenheit von Stephanie Jordan ihm gegenüber erkennen, schreibt er weiter. Die „zahlreichen“ positiven fraktionsübergreifenden Rückmeldungen im Nachgang zu den Vorstellungsrunden ließen ihn zu der Überzeugung kommen, dass es nicht nur ihm so gehe.
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Und: „Renommierte Anwaltssozietäten“ sowie unterschiedliche Institutionen und Organisationen versuchten bereits, mit ihm in Kontakt zu treten, so der Bewerber. Ein medienwirksamer Präzedenzfall entspreche aber nicht seiner Mentalität. „Trotzdem sollten Sie im Interesse der Stadt Herne eine nachträgliche Beanstandung durch die Kommunalaufsicht oder eventuelle Klagen durch rechtmäßiges Handeln zu verhindern versuchen“, erklärt er.
Um zumindest noch Voraussetzungen zu schaffen, die den Anschein für einen fairen Wettbewerb erkennen lassen könnten, bitte er die SPD, in der Ratssitzung am 7. März auf ihr alleiniges Vorschlagsrecht „zu verzichten“ und weitere Wahlvorschläge von anderen Fraktionen zuzulassen: „Sollte ich nicht zur Wahl vorgeschlagen werden, wäre auch das eine Entscheidung, welche ich akzeptieren könnte.“ Das gelte auch für den Fall, wenn sich in einer freien und geheimen Wahl die Mehrheit der Stadtverordneten für eine andere Kandidatin entscheiden würde.
Was dem Bewerber möglicherweise nicht bewusst ist: Das „alleinige Vorschlagsrecht“ der SPD ist eine interne Vereinbarung mit dem Ratskooperationspartner CDU und hat keinerlei Bedeutung für den Rat. Das heißt, dass die SPD und jede andere Fraktion am Dienstag das Recht hat, einen Bewerber/eine Bewerberin für die vakante Dezernentenstelle vorzuschlagen. Zuletzt hat die - damals noch oppositionelle - CDU im Jahr 2012 von diesem Recht Gebrauch gemacht: Bei der Wahl des Kämmerers unterlag der damalige CDU-Fraktions-Chef Markus Schlüter in geheimer Abstimmung knapp dem von der SPD vorgeschlagenen Bewerber Hans Werner Klee.
Die SPD-Fraktion habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, erklärt SPD-Vorsitzender Udo Sobieski auf Anfrage der WAZ. Sie hätten den drei auf dem Papier vielversprechendsten Bewerberinnen und Bewerbern Raum zur persönlichen Vorstellung gegeben und allen die gleichen Fragen gestellt. Das Votum für Stephanie Jordan sei nach ausführlicher Beratung einstimmig erfolgt.