Herne. Vor 90 Jahren brannte der Reichstag. Im Anschluss wurden auch in Herne Nazi-Gegner eingesperrt und misshandelt. Jetzt wurde der Opfer gedacht.
Am 27. Februar 1933 brannte in Berlin der Reichstag. In den Wochen darauf wurden Zehntausende Menschen verhaftet. So auch in Herne, sie wurden ins Polizeigefängnis gesteckt. 90 Jahre danach wurde nun genau an diesem Ort der Opfer des Nazi-Regimes gedacht – bei einer Gedenkveranstaltung der DGB-Geschichtswerkstatt und der Stadt Herne.
Mit dem Reichstagsbrand wurde die sogenannte „Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat“ erlassen, mit der die demokratischen Grundrechte der Weimarer Verfassung ausgehebelt wurden und der Weg für die NS-Diktatur frei wurde, teilte die Stadt im Vorfeld der Gedenkveranstaltung mit. Noch in der Nacht des Reichtagsbrands hätten Razzien der Polizei und der SA-Hilfspolizei in Herne und Wanne-Eickel begonnen. Gewerkschafter, Betriebsräte, Stadtverordnete und Funktionäre seien verschleppt und brutal misshandelt worden. Das 1929 fertiggestellte Polizeigefängnis im Polizeigebäude beim Herner Rathaus sei von nun an mit Häftlingen extrem überbelegt gewesen und habe bis 1945 als berüchtigte Folterstätte der Nazis gedient.
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Herner Polizeiinspektor: „Seid wachsam gegen Rassismus und Antisemitismus“
Felix Horn, Leiter der Polizeiinspektion Herne-Mitte, machte bei der Gedenkveranstaltung am Montag auf die Verantwortung der Polizei heutzutage aufmerksam. „Heute haben wir eine klare Regelung und Kontrollmechanismen. Wir alle haben die Verantwortung, dass Menschen auf diese Weise nie wieder entrechtet werden.“ Für ein friedvolles Miteinander sei es aber auch unerlässlich, über kontroverse Themen diskutieren zu können. Und Horn betont: „Seid wachsam gegen Rassismus und Antisemitismus.“
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Ein „Tag des Schreckens“ sei der 27. Februar 1933 gewesen, sagte Stadtrat Andreas Merkendorf. Diesem Tag sollten unzählige Tage des Schreckens folgen. Ursprünglich sei das Gebäude im Geiste der Weimarer Republik gebaut und 1929 eingeweiht worden, „da hat man noch an Freiheit geglaubt“. Dann sei das Gefängnis zu einem Ort des Unrechts geworden. „Hier könnt ihr hautnah erleben, was ihr sonst nur in Geschichtsbüchern lest“, sagte Merkendorf zu den Schülerinnen und Schülern, die an der Gedenkveranstaltung teilnahmen.
Ein Ereignis habe Merkendorf besonders beeindruckt. Nur wenige Tage nach dem Reichstagsbrand hätten Mitglieder der NSDAP und der SA am 6. März 1933 eine Hakenkreuz-Fahne auf dem Herner Rathausturm gehisst. Der damalige Oberbürgermeister habe die Polizei gebeten, die Fahne wieder einzuholen – die Polizei sei ihm nicht gefolgt. Am Mittag des selben Tages habe die Hakenkreuz-Fahne auch auf dem Polizeiamt in Herne geweht. „Fast unvorstellbar, was damals passierte und wie schnell das alles damals passierte.“ Man habe nach Hilfe gerufen und der Rechtsstaat sei nicht gekommen, weil es den Rechtsstaat nicht mehr gab. „Heute 2023 stehen wir hier - nachdenklich und voller Demut, aber auch mit positiven Ausblicken.“ Damit sprach er den geplanten Lern- und Gedenkort an, der in dem ehemaligen Gefängnis gestaltet werden soll.
Herner Polizeigefängnis hatte drei Funktionen
Nach dem Reichstagsbrand habe das Polizeigefängnis drei Funktionen erfüllt, erklärte Gregor Büchel, Mitglied der DGB-Geschichtswerkstatt. Das Gefängnis sei zum Durchgangsgefängnis geworden für die Gestapo-Folterzentren in Dortmund und Bochum, weil viel mehr Leute verhaftet worden seien, als in den Gefängniszellen in Bochum und Dortmund Platz gefunden hätten. Außerdem sei das Gefängnis Ort der rassistischen Verfolgung gewesen. Direkt im März 1933 sei die antisemitische Hetze eskaliert. Eine dritte Funktion habe das Gefängnis in den Kriegsjahren gehabt, war Sammelstelle für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter und als Disziplinierungsstelle für Kriegsgefangene.
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Neben den Reden begleitete die Lehrerband der Gesamtschule Wanne-Eickel mit Musikstücken die Gedenkveranstaltung. Unter anderem mit dem Lied „Die Moorsoldaten“, das 1933 von Häftlingen im Konzentrationslager Börgermoor bei Papenburg geschrieben wurde.