Herne. Schrott ist keineswegs wertlos. Das zeigt ein Besuch beim Herner Bötzel-Standort. Die Weißblechaufbereitungsanlage ist die größte bundesweit.
Schrott - dieser Begriff klingt erstmal negativ. Nach Sachen, die weggeschmissen werden können; nach Sachen, die wertlos sind. Doch Schrott kann sehr wertvoll und nachhaltig sein, wie ein Besuch der Herner WAZ-Redaktion beim Unternehmen Bötzel offenbart. Das Unternehmen mit Sitz in Witten betreibt an seinem Standort in Crange die größte Anlage zur Weißblechaufbereitung in Deutschland.
Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Konservendosen, die in gelben Säcken landen, eine Reise Richtung Herne antreten: Aus dem ganzen Bundesgebiet wird das Material aus den Sammlungen des Dualen Systems zur Hafenstraße transportiert. 300.000 Tonnen Weißblech werden pro Jahr in Deutschland recycelt, rund 100.000 Tonnen seien es allein in Crange, erzählt Betriebsleiter Peter Robert.
2008 hat Bötzel die Anlage in Betrieb genommen, rund um die Uhr sortiert, zerkleinert und presst sie das Material, sodass es am Ende Konservendosen, Kronkorken, Spraydosen und andere Weißblechgegenstände für neue Zwecke verwendet werden können. Beim Blick auf das angelieferte Material müssen Laien das Blech erstmal suchen, denn das ist durchzogen mit jeder Menge Plastikfolien. „Wir bekommen das Blech mit einem Verschmutzungsgrad und Feuchtigkeit von 18 Prozent und müssen diesen Wert auf unter drei Prozent drücken, damit es später in Stahlwerken eingeschmolzen werden kann“, so Robert.
Dazu wird alles zerkleinert und dann auf Förderbändern weitertransportiert. Magneten ziehen die Metallteile heraus, während das Plastik in der Anlage weitergeführt wird. Auch andere Metalle wie Aluminium oder Messing werden aussortiert und vermarktet. Die Weißblechteile werden schließlich zu Quadern von jeweils 160 bis 200 Kilogramm gepresst und sind für den Transport - per Lkw oder per Bahn - in Stahlwerke bereit. Einer der Hauptabnehmer sei Thyssenkrupp in Duisburg, es gebe aber auch Kunden im übrigen Bundesgebiet sowie im westlichen Ausland. Rund 350 Tonnen dieser Pakete produziert die Herner Anlage pro Tag.
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Aus der Konservendose kann ein Autoblech entstehen
In den Stahlwerken wird der Schrott gemeinsam mit Roheisen zu neuem Stahl geschmolzen. Und später können aus den Konservendosen, Kronkorken oder Spraydosen wieder ganz andere Dinge entstehen, Stahldraht, Bleche für die Autoindustrie - oder vielleicht doch wieder eine Konservendose.
„Und das alles ohne Qualitätsverlust“, erläutert Bötzel-Niederlassungsleiter Udo Eisenhauer im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. In Sachen Recycling sei Metallschrott das Nonplusultra, weil es am nachhaltigsten sei. Eisenhauer zieht einen Vergleich zu anderen Stoffen, die wiederverwendet werden: Papier, Glas und Holz. In diesen Fällen sei der Kreislauf nach drei Recyclingdurchgängen beendet, weil das Material danach nicht mehr zu verwenden sei, Stahlschrott könne immer wieder ohne Einschränkungen wiederverwendet werden - wer weiß, wie viele Leben so eine Suppendose vorher schon gehabt hat...
Stahlschrott als Hebel, um Stahlwirtschaft klimaneutral zu machen
Durch diese Eigenschaften sei Stahlschrott - neben Wasserstoff - der zweite große Hebel, um die Stahlwirtschaft klimaneutral zu machen. Dazu nennt Eisenhauer folgende Zahlen: Mit jeder Tonne Stahlschrott, die anstelle von Eisenerz verwendet werde, würden 1,67 Tonnen Kohlendioxid eingespart. Und jährlich würden 15 Millionen Tonnen Schrott bei der Stahlproduktion verwendet. In den kommenden Jahren werde die Nachfrage nach Schrott wachsen - und damit auch sein Wert.
>>> DAS UNTERNEHMEN
• Die Wilhelm Bötzel GmbH & Co.KG wurde 1949 gegründet und ist ein familiengeführtes Unternehmen im Bereich Verwertung und Vermarktung sämtlicher Arten von Stahl- und Metallschrott aus den Bereichen Industrie, Abbruch und Haushalt.
• Der Hauptsitz befindet sich in Witten, neben Hagen ist Herne der dritte Standort. Am Standort an der Hafenstraße sind etwa 35 Mitarbeiter beschäftigt.