Witten/Hattingen. Bötzel investiert kräftig in sein Gelände zwischen Witten und Hattingen. Die Firma handelt mit wertvollem Schrott. Ein Blick hinter die Kulissen.
In einheitlichem „Bötzelgrün“ zeigt sich der rechte Teil der Wittener Straße zwischen Witten und Hattingen. Seit Anfang Januar wird die Landesstraße erneuert, auf dem anliegenden riesigen Betriebsgelände drehen sich seit Jahren schon die Baukräne. Dort ist eine grüne Halle nach der anderen entstanden, zurzeit wächst eine Werkstatt in den Himmel. Der Großschrotthändler investiert kräftig in den Standort.
Bötzel ist mittlerweile Teil einer Unternehmensgruppe, aber bis heute ein familiär geführter Betrieb. Willi und Elli Bötzel gründeten den Schrotthandel 1949, heute leitet ihn ihr Sohn Wilhelm Bötzel (70). Und mehr denn je ist das Geschäft mit Wertstoffen ein wertvolles.
110 Mitarbeiter, davon 72 in Witten, zählt die Firma Bötzel aktuell. Weitere Standorte sind Herne und Hagen. Während es da noch „echte“ Schrottplätze gibt, wird in Witten nur Industrieschrott verarbeitet – also sortiert, geschnitten oder gepresst. „Je feiner sortiert das Altmetall ist, umso begehrter ist der Wertstoff“, erklärt Thorsten Hoffmann. Der 59-jährige ist Prokurist und Technischer Leiter des Recyclingunternehmens und verantwortlich für verschiedene Umbauten.
Jeden Abend startet der Bötzelzug
Auch interessant
Besonders hochwertige Metalle gehen in Gießereien, Stahlschrott in die Stahlwerke. Dazu wird der Wertstoff zum Teil in handliche Pakete gepresst. Ein Teil der Ware wird per Lkw abtransportiert, der größte Teil aber verlässt das Betriebsgelände mit dem Bötzelzug. Jeden Abend gegen 19 Uhr macht er sich auf den Weg und steuert mit bis zu zehn Waggons à 50 Tonnen Material zum Beispiel Thyssen in Duisburg an oder den Ruhrorter Hafen. Der Schrott aus Witten geht heutzutage in alle Welt. In den Anfangsjahren von Bötzel wurden dagegen die Stahlwerke in Annen, Witten, Hattingen oder Bochum beliefert. „Die Wege sind weiter geworden“, so Hoffmann.
Am Standort Herne betreibt Bötzel eine Pilot-Anlage, die die Blechdosen aus dem Gelben Sack heraussortiert – so, dass neben Weißblech nur noch ein zweiprozentiger Kunststoffanteil übrig bleibt. Die grob vorsortierten Lieferungen der Entsorger enthalten noch bis zu zwanzig Prozent Kunststoffe. „Das stellt Stahlwerke bei der Weiterverarbeitung vor Probleme“, meint der Techniker. Für das innovative Trennverfahren wird Dosen-Müll aus ganz Deutschland zu Bötzel transportiert.
Haufenweise Bleche, Zahnräder oder Kochtöpfe
Zurück nach Witten. Auf dem 60.000 qm großen Werksgelände lagert haufenweise Metall. 20.000 Tonnen, schätzt Hoffmann: Verbeulte Weißblech-Rollen, so genannte Coils, die für die Produktion nicht taugten, oder Späne und Stanzabfälle, die bei metallverarbeitenden Betrieben übrig bleiben. Dieser so genannte Hackschrott stammt aus Containern, die die Firma Bötzel bei den Herstellern aufstellt und abholt. Es gibt aber auch einen Berg mit alten Kochtöpfen, Spülen, Blechschildern, Heizkörpern. Dieser Schrott stammt von den Klüngelskerlen, die in der Region auf Sammeltour sind.
Auch interessant
Riesige Umschlagbagger füllen das Metall in eine Presse. Dabei nutzen sie abwechselnd eine Greifzange oder auch einen Magneten, der locker bis zu acht Tonnen heben kann. Der „Mischschrott“ dagegen landet in einer großen 1400-Tonnen-Schrottschere und wird in Stücke geschnitten.
Hallen aus Umwelt- und Lärmschutzgründen gebaut
Kaum noch Klüngelskerle
Wenn man früher sein Altmetall abgeben wollte, konnte man es an der Waage bei Bötzel gegen Geld “versilbern“. Gemäß des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes dürfen Gewerbebetriebe seit Sommer 2012 aber kein einziges Metallstück mehr von einer Privatperson annehmen.
Der Hintergrund: Die Kommunen wollen das lukrative Altmetall selbst sammeln. Die Bürger können seither alte Pfannen, Stangen oder Bleche auf den Wertstoffhöfen abgeben – kostenlos. Nur noch wenige Klüngelskerle haben eine Genehmigung und sammeln in Siedlungen Schrott und helfen dabei auch manchem Häuslebauer, einen alten Heizkörper aus dem Haus zu tragen. Bötzel-Prokurist Thorsten Hoffmann: „Mit dem Gesetz hat man in Prinzip eine ganze Branche plattgemacht.“ Aufs Schrottsammeln hätten jetzt die Entsorgungsunternehmen, etwa Remondis Rethmann (mit der Tochter AHE) das Monopol.
Auch weil diese Arbeiten so viel Lärm verursachen, wurden die einzelnen Anlagen eingehaust. Die grünen Werkshallen entstanden in den letzten Jahren aber auch aus Umweltschutzgründen, denn Bötzel liegt in einem ehemaligen Trinkwasserschutzgebiet. Wenn das Altmetall nassgeregnet wurde, durfte dieses Wasser nur gefiltert ins Grundwasser fließen. Das Regenwasser von den Hallendächern dagegen darf direkt abgeleitet werden. Und: Demnächst wird auf den Dächern eine Photovoltaikanlage installiert. 15.000 qm sind die Dachflächen groß. Dort will Hoffmann 1,2 Megawatt Strom jährlich erzeugen, die das energieintensive Unternehmen gut gebrauchen kann.
Nicht jedes Altmetall verwertet der altgediente Schrotthändler. Nahe des Bürogebäudes im alten Güterbahnhof stehen drei große Kirchenglocken. Die möchte hier keiner in die Presse werfen. Da bleibt der Firmenchef hart wie Kruppstahl.