Herne. Kinderarmut in Herne: Aktuelle Zahlen und Vergleichswerte belegen das Ausmaß dieses Problems. Wie hoch die Quote ist, was gefordert wird.
Fast jedes dritte Kind in Herne lebt in Armut. Das geht aus einer aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung hervor.
Demnach waren im Juni 2022 in Herne und Wanne-Eickel 30,2 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren in der Grundsicherung, sprich: Ihre Familien bezogen Leistungen nach SGB II (Hartz IV). Von den 18- bis 25-jährigen Hernerinnen und Hernern waren im Sommer 2022 insgesamt 16,4 Prozent im Leistungsbezug.
Viele Familien beantragen aus Scham keine Leistungen
Die reale Zahl dürfte sogar noch höher ausfallen, denn bei der Kinderarmutsquote ist die Armutsgefährdung nicht berücksichtigt. Als armutsgefährdet gelten Minderjährige, wenn ihre Eltern über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verfügen. Für diese Gruppe liefert die Studie keine kommunalen Daten. Hierzu stellt die Stiftung fest: „Viele Menschen beziehen zwar ein Einkommen unterhalb der Schwelle zur Armutsgefährdung, beantragen aber aus Unkenntnis oder auch aus Scham keine SGB II-Leistungen.“
Immerhin: Während die Zahl der Kinder und Jugendlichen in der Grundsicherung bundesweit gestiegen ist, ist sie in Herne aktuell leicht rückläufig. 2019 lag sie bei 31,2 Prozent, 2014 bei 27,6 Prozent. Dass die Kinderarmutsquote trotz des Rückgangs der Arbeitslosigkeit nach wie vor hoch ist, führt die Stiftung vor allem auf die aus der Ukraine geflüchteten Kinder und Jugendlichen zurück.
Was die Stiftung und Herner Akteure vom Bund fordern
Im Vergleich der Städte und Kreise in NRW liegt Herne auf Platz 6. Mit deutlichem Abstand die höchste Kinderarmutsquote hat Gelsenkirchen mit 41,7; das ist auch bundesweit Platz 1. Knapp vor Herne liegen Essen, Hagen, Duisburg und Dortmund. Relativ deutlich unter dem Herner Wert liegen die Nachbarn Bochum mit 25,6 Prozent und Recklinghausen (Kreis) mit 23,6. Die wenigsten Probleme mit Kinderarmut hat in NRW der Kreis Coesfeld (7,8) und bundesweit der Landkreis Roth in Bayern (2,7).
„Wer als junger Mensch in Armut aufwächst, leidet täglich unter Mangel, Verzicht und Scham und hat zugleich deutlich schlechtere Zukunftsaussichten“, sagt Anette Stein von der Bertelsmann Stiftung. Das sei sowohl für die Betroffenen selbst als auch für die Gesellschaft als Ganzes untragbar. Die derzeitigen Krisen und Preissteigerungen verschärfen das Problem. „Daher muss die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag vereinbarte Kindergrundsicherung jetzt schnellstmöglich und im benötigten Umfang beschließen“, so Stein. Eine Forderung, die in Herne schon mehrfach erhoben worden ist – unter anderem von Verdi, der Sozialkonferenz, der SPD und von Sozialdezernent Johannes Chudziak.
Forderungen in Herne nach einer Kindergrundsicherung:
Herner Sozialdezernent plädiert für Kindergrundsicherung
Herner Sozialkonferenz: Ruf nach Kindergrundsicherung
Kinderarmut in Herne: Verdi schlägt Alarm und fordert Hilfen
Kinderarmut: Herner SPD fordert Kindergrundsicherung