Herne. Mit dem Kirmesplatz in Crange nimmt die Stadt Herne außerhalb der Kirmes nur gut 20.000 Euro ein. Die Vergabepraxis lässt viele Fragen offen.
Die Stadt Herne lässt sich möglicherweise größere Mietzahlungen durch Nutzer des Cranger Kirmesplatzes entgehen. Die jährlichen Gesamteinnahmen (ausgenommen der Cranger Kirmes) belaufen sich auf gerade einmal gut 20.000 Euro. Wer wie viel zahlt, will die Stadtverwaltung für sich behalten.
„Es besteht eine interne Dienstanweisung über die Vergabe des Cranger Kirmesplatzes außerhalb der Cranger Kirmes“, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken. „Diese sieht für bestimmte Nutzungsarten festgelegte Tarife vor.“ Zur Höhe der Tarife schweigt die Stadtverwaltung. Auf erneute Nachfrage erklärt die Stadt, dass es sich bei den Nutzungsarten um „Zirkusgastspiel, Veranstaltungen, Parkfläche, Märkte, Baustelleneinrichtung etc.“ handele. „Die Dauer richtet sich nach der jeweiligen Beantragung und dem Charakter der Inanspruchnahme. Beispielsweise wird der Platz für eintägige Musikveranstaltungen überlassen, aber auch für zweiwöchige Zirkus-Gastspiele.“
Stadt: Weihnachtszauber kostet 185.000 Euro Personalkosten
Die Stadtverwaltung hatte mehrfach gegenüber der Politik festgestellt, dass es sich rein wirtschaftlich betrachtet nicht rechne, dass dem Cranger Weihnachtszauber die Fläche für 10.000 Euro zur Verfügung gestellt wird. Demgegenüber stünden 3000 Arbeitsstunden mit einem Personaleinsatz im Wert von 185.000 Euro.
Im vergangenen Jahr habe es Zirkusgastspiele, eine Schlagerveranstaltung, eine Nutzung als Abstellfläche, ein Werbeanhänger, eine Sommergastronomie und ein Puppentheater gegeben. Dafür seien (zusätzlich zu den Einnahmen für den Weihnachtszauber) 10.400 Euro Gebühren erhoben worden.
Wer von den anderen Nutzern wie viel zahlt, ist bislang nicht offen nachvollziehbar. Die Stadt will Details aus Datenschutzgründen nicht offenlegen. Eine offizielle Gebührensatzung wie für Marktplätze oder die Nutzung anderer städtischer Flächen existiert ausgerechnet für den großen Kirmesplatz nicht – und solle es aus Sicht der Stadtverwaltung auch nicht. „Der Erlass einer Gebührensatzung ist aktuell nicht angedacht“, sagt Hüsken. Das Interesse am Platz sei so gering gewesen, „weswegen der Umgang bei der Festlegung der Gebührenhöhe bisher nicht öffentlich zu thematisieren war“. Die Vergabe laufe – abgesehen vom Weihnachtszauber – als Geschäft der laufenden Verwaltung.
+++ WAZ-Kommentar: Mehr Transparenz bei Vermietung des Kirmesplatzes muss her +++
Gegenbeispiel: Klare Regeln für Vergabe bei der Cranger Kirmes
Die Erträge aus der Nutzung des Kirmesplatzes werden allesamt im gewerblichen Betrieb „Cranger Kirmes“ verbucht. Dort laufen auch die Einnahmen aus der Cranger Kirmes ein. Für die Cranger Kirmes selbst existiert – anders als für den Platz – eine detaillierte Gebührensatzung. Während des elftägigen Rummels gibt es Einnahmen und Ausgaben von jeweils einer guten Million Euro. Darüber werden auch die Kosten der Stadt für Sicherheit, Marketing und Organisation gedeckt.
Warum lässt man sich bei anderen Nutzern höhere Einnahmen entgehen? Die Auslastung halte sich in Grenzen. Die ursprünglich kalkulierten 13.000 Euro seien sogar übertroffen worden. „Anfragen für den Cranger Kirmesplatz über identische Zeiträume kommen nur sehr selten vor“, sagt Hüsken. Dementsprechend gebe es auch kein Konfliktpotenzial bei gleichzeitigem Interesse. Hüsken: „Grundsätzlich wird zwischen den Antragsteller*innen durch den Fachbereich Öffentliche Ordnung ein terminliches Einvernehmen hergestellt.“ Auf WAZ-Nachfrage bestätigen auch Schausteller, dass der Platz außerhalb von Kirmes und Weihnachtszauber kein Top-Standort sei, obwohl man auf Crange einzigartig günstig stehen könne.
+++ Auch interessant: Schlagerfest soll auch 2023 stattfinden +++
Viele Vergleichsmöglichkeiten zu anderen Städten gibt es nicht. In NRW gibt es quasi keine in Größe und Lage vergleichbaren städtischen Flächen, die Besitzverhältnisse sind oft komplizierter. Auf dem Bochumer Kirmesplatz zum Beispiel erwirtschaftet die Stadt wegen der Innenstadtnähe monatlich fünfstellige Summen durch Parkgebühren. Die Stadt Herne hält diesen Vergleich für „nicht zielführend“. Dort herrsche „in der Fußballsaison alle zwei Wochen ein enormer Parkdruck“. Die Fläche sei „auch viel wirtschaftlicher nutzbar“.
+++ Auch interessant: Harrys Autobiografie in Herne heiß begehrt +++
Günstige Platzmiete für Weihnachtszauber bis 2025 garantiert
Mit dem Cranger Weihnachtszauber ist aktuell ein Vertrag geschlossen, der bis 2025 Laufzeit hat. Insofern stelle sich die Frage nicht, jetzt den Pachtzins für den Weihnachtszauber zu erhöhen, hatte die Stadt bereits erklärt (WAZ berichtete). Weihnachtszauber-Chef Sebastian Küchenmeister hält auch Kritikern entgegen, dass er weit mehr als die 10.000 Euro für die Stadt ausgebe. Küchenmeister spricht selbst von 250.000 Euro Mehrkosten durch Auflagen. So habe er unter anderem den hinteren Parkplatz und Bürgersteige saniert – ein Wert, der für Herne erhalten bleibe.
Außerdem bleibe seine Gewerbesteuer, die er für den Weihnachtszauber zahle, gänzlich in Herne. Auch andere Betriebe, die am Weihnachtszauber hingen, zahlten Gewerbesteuer. Der Weihnachtszauber beschert unter anderem Imbissen, Taxifahrern, Sicherheitsleuten, Agenturen Umsätze. Wie hoch dieser Wert für Herne sei, will die Stadtverwaltung auch nicht ansatzweise beantworten. Das falle unter das Steuergeheimnis und sei „Rechtslage“.