Herne/Gelsenkirchen. Die Zentraldeponie an der Stadtgrenze Herne/Gelsenkirchen soll 2030/31 schließen. Droht ein Weiterbetrieb? Abfall soll jetzt verdichtet werden.
- Mülldeponie an der Stadtgrenze Herne/Gelsenkirchen sollte eigentlich bis 2030/31 schließen.
- Nun befürchten Anwohner und Politik, dass die Laufzeit verlängert wird.
- Hintergrund ist ein Versuch, den die Deponiebetreiberin AGR nun starten will.
Wird die Laufzeit der Zentraldeponie Emscherbruch „durch die Hintertür“ verlängert? Das befürchtet die Politik. Hintergrund ist ein Versuch, den die Deponiebetreiberin AGR nun starten will. Dabei will sie Abfälle verdichten, um neues Deponievolumen zu erschließen. Ist der Test erfolgreich, so die Befürchtung, dann könnte künftig deutlich mehr Müll auf der Deponie an der Stadtgrenze von Herne und Gelsenkirchen abgekippt werden – und das Aus für den Standort später kommen.
Der geplante „Verdichtungsversuch“ auf der Zentraldeponie Emscherbruch, über den die Stadt Herne nun die Politik in Herne informierte, hat über die Parteigrenzen hinweg Wut und Entsetzen ausgelöst. „Das ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt“, kritisierte Michael Zyweck (SPD) nun im Herner Umweltausschuss, und Andrea Oehler (CDU) fügt an: „Langsam reicht es.“ Beide kommen aus dem Herner Stadtteil Unser Fritz und leben seit Jahren mit den Auswirkungen der Deponie. Dort sollen nach Auskunft des Herner Rathauses nun drei etwa 500 Quadratmeter große Versuchsfelder entstehen. Auf diesen soll „in bestimmten Abständen“ ein riesiges Gewicht von 17 Tonnen aus einer Höhe von 25 Metern auf den Müll fallen gelassen werden. Dadurch sollen die Abfälle „verdichtet“ werden.
Herne: Keine weiteren Belastungen für Anwohnerinnen und Anwohner
Die Bezirksregierung habe dem Versuch bereits zugestimmt. Geräusch- und Erschütterungsgutachten seien erstellt worden, zusätzliche Belastungen soll es demnach nicht geben, auch keine weiteren Geruchs- oder Staubimmissionen. Nach Abschluss der Versuche wolle der Betreiber prüfen, ob „solche Verdichtungsmaßnahmen für den Regeleinsatz verwendet werden könnten“, so die Stadt Herne an die Politik. Welche Konsequenzen eine dauerhafte Verdichtung der Abfälle hat? Das wolle er „nicht interpretieren“, sagte Daniel Wirbals vom Herner Fachbereich Umwelt und Stadtplanung. Seine Aufgabe sei es nur, über den Versuch zu informieren.
Die Politikerinnen und Politiker im Herner Umweltausschuss waren schnell auf dem Baum. Sie bezweifeln, dass die rund 4000 Anwohnerinnen und Anwohner keine weiteren Nachteile durch den Versuch haben. Und vor allem: Vertreter der Deponie-Betreiberin AGR – eine RVR-Tochter – hatten erst vor einem Jahr erklärt, dass die Zentraldeponie 2030/31 ihre Kapazitätsgrenze erreicht habe und definitiv geschlossen werde. Auf Nachfrage der Herner Grünen räumte die AGR aber ein, dass die Laufzeit der Deponie an die Kapazität und nicht an ein Datum gebunden sei. Deshalb ist die Befürchtung nun groß, dass der Abfall künftig eingestampft wird, dass dadurch mehr Platz und somit mehr Masse auf der Deponie entsteht – und dass sie deshalb über das Jahr 2030/31 weiter betrieben wird.
Die Zentraldeponie Emscherbruch – Lesen Sie auch:
- Herne: Bürger klagen gegen Erweiterung der Zentraldeponie
- Deponie: Ministerium lehnt Gesundheitscheck ab
- Zukunft der Mülldeponie: Herner SPD fordert Ausstiegsplan
Das wollen die Parteien auf jeden Fall verhindern. Schon mehrfach haben sie Landesregierung, aber auch Landesumwelt- und Regionalverband Ruhr (RVR) aufgefordert, im Land einen neuen Standort für die Zentraldeponie zu finden. Bislang ohne Ergebnis. Nun reiche es: Das Land, sprich die neue Landesregierung, müsse endlich Farbe bekennen, einen neuen Standort präsentieren und klipp und klar sagen, wann auf der Stadtgrenze Herne/Gelsenkirchen Schluss sei mit dem Müll abladen. Auch die Stadt Herne und die anderen Kommunen im Ruhrgebiet müssten dafür mehr Druck machen.
Hernes Umweltdezernent Karlheinz Friedrichs will sich jetzt dafür einsetzen, dass es ein gemeinsames Treffen der Herner und Gelsenkirchener Politik gibt, zu dem auch ein hochrangiger Mitarbeiter oder eine hochrangige Mitarbeiterin aus dem Düsseldorfer Umweltministerium eingeladen wird. Diese Vertreterin bzw. dieser Vertreter, so auch sein Wunsch, solle dann „Farbe bekennen“.
Manfred Leichtweis (SPD), Vorsitzender des Umweltausschusses in Gelsenkirchen, würde ein solches Treffen begrüßen. Er zeigt sich „überrascht“ und „erbost“ über den geplanten Verdichtungsversuch der AGR, über den die Politik in Gelsenkirchen im Übrigen noch gar nicht informiert worden sei. Es sei ein „Affront“, dass so ein Versuch genehmigt werde, ohne die beiden Städte im Vorfeld ins Boot zu holen. Außerdem dürfe nicht Ziel des Ganzen sein, dass noch mehr Abfall auf der Deponie landet. Dann bestehe auch die Gefahr, dass der Untergrund nicht mehr trage.
>>> WEITERE INFORMATIONEN: Kritik der Bürgerinitiative
Und was sagt die Bürgerinitiative „Uns stinkt’s“, die sich seit Jahren für die Anwohnerinnen und Anwohner in beiden Städten einsetzt? Sprecher Henning F. Mettge zeigt sich entsetzt. Durch eine Verdichtung steige das Gewicht des Müllbergs, dadurch drohten Lecks in der Abdichtung am Boden, und das Grundwasser würde belastet.
Wenn die Laufzeit der Deponie über 2030/31 verlängert würde, dann würde der Deponie-Betreiber AGR die Anwohnerinnen und Anwohner „zu Menschen zweiter Klasse“ machen. Sie lebten bereits seit über 50 Jahren mit der Müllhalde – und ihren vielen Belastungen.