Herne. Droht der Deponie über 2030 hinaus erneut eine Betriebsverlängerung? Wie ein Herner SPD-Politiker dies verhindern will, was die NRW-Grünen sagen.

Der Herner SPD-Landtagsabgeordnete Alexander Vogt macht in Sachen Zentraldeponie Emscherbruch (ZDE) Druck auf die neue Landesregierung und insbesondere auf die Grünen. Diese müssten ihrer (in der Opposition geübten) Kritik nun auch Taten folgen lassen, erklärt der Fraktions-Vize.

Herner Abgeordneter: Deponiefrage muss in Koalitionsvertrag

Der Herner SPD-Chef Vogt fordert die Landes-Grünen konkret dazu auf, die Suche nach einem alternativen Standort zur Herner Deponie „in den Koalitionsvertrag aufzunehmen“ und somit verbindlicher zu machen. Vogt nimmt hier persönlich den Herner Grünen Raoul Roßbach in die Pflicht. Dieser sei als politischer Geschäftsführer des Landesverbandes im „engsten Führungszirkel“ der NRW-Partei. „Wer sich im Wahlprogramm auf die Fahnen schreibt, im Kontext von Mülldeponien den Schutz der Bevölkerung und der Umwelt in den Vordergrund zu stellen, sollte für die Zentraldeponie Emscherbruch schnellstmöglich einen Alternativstandort finden“, so der 43-Jährige.

Der Sozialdemokrat erinnert daran, dass seit 1968 in der Deponie an der Stadtgrenze von Herne und Gelsenkirchen Abfall entsorgt und gelagert werde, obwohl der Untergrund teilweise nicht abgedichtet sei. Die rund 4000 Anwohnerinnen und Anwohner in Gelsenkirchen und Herne trügen dadurch seit mehr als 50 Jahren Belastungen. „Damit muss endlich Schluss sein“, fordert Vogt, der seit 2019 mit den Gelsenkirchener SPD-Abgeordneten zahlreiche Anfragen zur Zentraldeponie an die damalige schwarz-gelbe Landesregierung gestellt hat.

Der Herner SPD-Landtagsabgeordnete Alexander Vogt – hier im Mai bei einer Diskussion zur Landtagswahl – appelliert in Sachen Zentraldeponie an die Landesregierung und insbesondere an die Grünen.
Der Herner SPD-Landtagsabgeordnete Alexander Vogt – hier im Mai bei einer Diskussion zur Landtagswahl – appelliert in Sachen Zentraldeponie an die Landesregierung und insbesondere an die Grünen. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Grüner Landesgeschäftsführer: Ignorieren ist keine Alternative

Im von Schwarz-Grün beschlossenen „Zukunftsvertrag“ für NRW findet sich in dem (knappen) Absatz zur „Abfallwirtschaft“ kein Wort zur Deponie-Frage. Warum nicht? Der Koalitionsvertrag setze nur „einen Rahmen und eine Richtung für die Zusammenarbeit der nächsten Jahre“, erklärt Landesgeschäftsführer Raoul Roßbach auf Anfrage der WAZ Herne.

Als Oppositionspartei hatten sich die Grünen 2021 noch sehr ausführlich mit dieser Thematik auseinandergesetzt und unter der Überschrift „Wie zukunftsfähig ist die Abfallwirtschaft in NRW?“ eine Große Anfrage mit insgesamt 172 (!) Fragen an die damalige schwarz-gelbe Landesregierung gestellt. Darin heißt es unter anderem, dass es erforderlich sei, auch über 2030 hinaus den Verbleib gefährlicher Abfälle zu planen. Und: „Auch vor dem Hintergrund des erwartbaren Widerstandes von Anwohnerinnen und Anwohnern von neuen Deponie-Flächen ist das Ignorieren des ungedeckten Bedarfes keine Alternative.“

Die Grünen hätten die Deponie-Problematik „natürlich“ weiter im Fokus, betont Roßbach. Geplant sei, das Thema Recycling und die Kreislaufwirtschaft zu stärken und damit auch die Müllmenge für Deponien insgesamt zu reduzieren. Das ändere aber nichts daran, dass in NRW derzeit insgesamt nicht genügend Deponiekapazität zur Verfügung stehe.

Roßbach: Herner Deponie für Kapazitätserweiterung ungeeignet

Der Herner Raoul Roßbach (35) zählt als (politischer) Landesgeschäftsführer der Grünen zum engsten Führungszirkel der Partei in NRW. Er wurde im Juni mit 96,6 Prozent in seinem Amt bestätigt.
Der Herner Raoul Roßbach (35) zählt als (politischer) Landesgeschäftsführer der Grünen zum engsten Führungszirkel der Partei in NRW. Er wurde im Juni mit 96,6 Prozent in seinem Amt bestätigt. © Grüne

Seine Partei mache sich die Frage, wo neue Deponien entstehen sollen, nicht leicht, erklärt der frühere Herner Stadtverordnete. Es sei aus seiner Sicht aber nicht nur eine politische Frage, sondern eine, die nach Kriterien wie der Belastung von Anwohnerinnen und Anwohnern und der Umwelt sowie nach technischer Eignung von Geländen entschieden werden müsse. „Auch aus eben diesen Gründen ist das ZDE-Gelände aus unserer Sicht für keine weitere Kapazitätssteigerung geeignet. Es braucht also tatsächlich Alternativen“, so Raoul Roßbach.

Wegen der entsprechenden Vorlaufzeiten müsse der Suchprozess nun kurzfristig Fahrt aufnehmen. Hier seien alle beteiligten Akteure gefordert, einen guten Weg zu finden, um die Suche sach- und bürgerorientiert zu gestalten. Roßbach: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass auch die Landesregierung hier ihren Beitrag leisten wird.“

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>>> WEITERE INFORMATIONEN: Ein Signal des Herner Umweltausschusses

Der Herner Umweltausschuss hat bezüglich der Deponie-Problematik bereits im November 2021 ein Signal gesendet.

Auf Antrag von SPD, CDU und Grünen forderte der Ausschuss das Land und den Regionalverband Ruhr (die RVR-Tochter AGR ist ZDE-Betreiberin) einstimmig dazu auf, im Sinne der Entsorgungssicherheit spätestens bis 2025 einen alternativen Standort für die Zentraldeponie zu finden und zu benennen.