Ab sofort wird es auch in Herne beim Tierarzt deutlich teurer. Grund ist eine neue Gebührenordnung. Was Haustierbesitzer jetzt wissen müssen.

  • Ab Dienstag, 22. November, gilt eine neue Gebührenordnung für Tierärzte (GOT).
  • Leistungen von Tierärztinnen und Tierärzten werden damit auch in Herne teurer.
  • Die WAZ hat verschiedene Expertinnen und Experten gefragt, was die neue GOT für Haustierbesitzerinnen und -besitzer bedeutet.

Wer ein Haustier hat und zum Tierarzt oder zur Tierärztin muss, wird ab sofort tiefer ins Portemonnaie greifen müssen. Denn zum 22. November tritt die neue Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) in Kraft. Damit werden die Kosten für Behandlungen teurer.

Tierarzt in Herne: Anpassung der GOT war notwendig

Inflation, steigende Energiepreise und höhere Personalkosten: Auch auf Tierärztinnen und -ärzte kommen zurzeit hohe Kosten zu, die gestemmt werden müssen, sagt der Herner Tierarzt Michael Diekhans. Da die GOT eine gesetzliche Regelung ist, an die sich alle Tierarztpraxen und Tierkliniken halten müssen, sei es irgendwann notwendig gewesen, dort nachzubessern. Mit den Möglichkeiten, die Tierärztinnen und -ärzte haben, mit der GOT zu arbeiten, seien die aktuellen Anpassungen angemessen, meint er.

Mit Blick auf die Tierhalterinnen und -halter treffe die Erhöhung jedoch vor allem diejenigen, die es schwer hätten, über die Runden zu kommen, so der Herner Tierarzt. Zum Vergleich: 2020 kostete eine einfache Untersuchung mit Beratung für Hunde im ersten Abrechnungssatz 13,47 Euro. Wenn die neue Gebührenordnung in Kraft tritt, wird sie im ersten Satz 23,62 Euro kosten.

In seinem Beruf sei es schon seit Jahren ein Problem, dass Behandlungen aus finanziellen Gründen ausgelassen werden oder Rechnungen offenblieben. Jedoch glaubt Diekhans, dass die meisten Tierbesitzerinnen und -besitzer auf die neue Gebührenordnung vorbereitet seien und weiterhin mit ihren Tieren zum Arzt gehen.

Tierärztinnen und Tierärzte haben laut Michael Diekhans schon seit Jahren das Problem, dass Behandlungen ausgelassen werden oder Rechnungen offenbleiben. (Symbolbild)
Tierärztinnen und Tierärzte haben laut Michael Diekhans schon seit Jahren das Problem, dass Behandlungen ausgelassen werden oder Rechnungen offenbleiben. (Symbolbild) © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Für einige Tierhalterinnen und -halter komme eine Tierkrankenversicherung in Frage: „Es gibt Versicherungen, die große Ausgaben abdecken“, beispielsweise eine OP-Versicherung. Ob eine Krankenversicherung sinnvoll ist? Das sei schwer zu sagen: „Man muss abwägen, was man für eine Versicherung zahlen müsste und ob man sich das leisten kann.“

Verbraucherzentrale NRW: Tierkrankenversicherungen müssen gut abgewägt werden

Elke Weidenbach, Versicherungsexpertin bei der Verbraucherzentrale NRW, sagt ebenfalls, dass man das abwägen müsse. „Eine Tierkrankenversicherung kostet auch Geld und je nach Tier und Rasse kann die teuer werden.“ Mit der neuen Verordnung müssten Versicherer ihre monatlichen Beiträge ebenfalls anpassen, so Weidenbach. Bei Neuabschlüssen könne es außerdem sein, dass bestimmte Leistungen und Behandlungen in der Versicherung nicht mehr inbegriffen sind.

Weidenbach gibt außerdem zu bedenken, dass Tierkrankenversicherungen ordentlich vom Versicherer gekündigt werden können. „Einige Versicherer verzichten aber auf das Kündigungsrecht, zum Beispiel nach einer Vertragslaufzeit von drei Jahren“, so die Expertin der Verbraucherzentrale.

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Und wie viel kostet so eine Tierkrankenversicherung? Die Stiftung Warentest hat 2022 OP- und Vollversicherungen für Katzen getestet. Eine Krankenvollversicherung mit hohem Leistungsniveau koste zum Beispiel für eine sechs Monate alte Freigängerkatze zwischen 299 und 848 Euro im Jahr, heißt es in einer Beispielrechnung im Testbericht. Außerdem sei die Auswahl an Versicherungen geringer und die Beiträge seien höher, je älter die Katze bei Vertragsabschluss ist. Für eine sieben Jahre alte Katze könne die Preisspanne zwischen 568 und 2735 Euro im Jahr liegen.

Ähnliche Versicherungen hatte die Stiftung Warentest 2021 für Hunde im Test. Zum Beispiel koste eine Vollversicherung mit sehr hohem Leistungsniveau für einen drei Jahre alten mittelgroßen Mischling zwischen 728 und 2432 Euro, wie es im Testbericht heißt.

Tierschutzverein „Pfotenglück“ steht vor schwierigen Zeiten

Christina Sawartowski ist 1. Vorsitzende des Herner Tierschutzvereins „Pfotenglück“ und steht der neuen GOT kritisch gegenüber. Ihr bereite es Sorge, was in Zukunft auf Tierbesitzerinnen und -besitzer zukommen werde. Sie befürchtet, dass Tiere aus der Not heraus abgegeben werden könnten. „Aus meiner elfjährigen Arbeit weiß ich, dass es für einige Menschen sowieso schon nicht leicht ist, auch nur einfache Erkrankungen zu behandeln“, sagt sie. Aus diesem Grund unterstütze der Herner Tierschutzverein, indem er bei Notfällen einen Teil der Tierarztrechnung übernehme. Voraussetzung dafür sei, dass die Tierbesitzerinnen und -besitzer eine Bedürftigkeit vorweisen können.

Christina Sawartowski ist 1. Vorsitzende des Herner Tierschutzvereins „Pfotenglück“.
Christina Sawartowski ist 1. Vorsitzende des Herner Tierschutzvereins „Pfotenglück“. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

„Uns ist wichtig, dass wir die Halterinnen und Halter unterstützen, aber nicht die ganze Tierarztrechnung bezahlen, um sie nicht aus der Pflicht zu nehmen“, so Sawartowski. Durch die erhöhten Kosten, die die neue Gebührenordnung mit sich bringe, meint sie jedoch, müsste der Verein theoretisch die komplette Tierarztrechnung übernehmen. In der Realität sei das aber nicht umsetzbar. „Der Verein steht vor schwierigen Zeiten. Wir merken bereits, dass die Bereitschaft für Geld- oder Futterspenden zurückgeht“, so Sawartowski. Mit den circa 90 Tieren, die „Pfotenglück“ im Monat betreut, habe auch der Verein an den gestiegenen Kosten „zu knacken“. Sie verstehe aber, dass auch die Tierarztpraxen und -kliniken die Praxis- und Personalkosten abfangen müssen. „Es muss aber einen Mittelweg geben.“

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Eine Versicherung für spezielle Tiere oder Rassen, die anfälliger für Erkrankungen sind, sei eine gute Möglichkeit zur Absicherung für Privatmenschen, die sich diese monatlichen Ausgaben leisten können, so die Tierschützerin. Tierbesitzerinnen und -besitzern, die sich eine Versicherung nicht leisten können, empfiehlt sie stattdessen, ein bisschen Geld für ihre Haustiere in einer Spardose zur Seite zu legen.

Die im Artikel genannten Preisspannen für Vollversicherungen bei Katzen und Hunden gehen aus den Testberichten der Stiftung Warentest hervor und sind Beispiele, um zu veranschaulichen, wie viel eine Tierkrankenversicherung kosten kann (ohne Anspruch auf Vollständigkeit).