Herne. Eine verdeckte Ermittlerin des LKA soll im Kindermord-Prozess gegen die Angeklagte aussagen. Die Hernerin soll von ihren Taten erzählt haben.
Die wegen Doppelmords angeklagte Mutter (33) aus Herne hat die Tötungen ihrer zwei Kinder Tayler und Justin offenbar einer Frau gegenüber zugegeben, die verdeckte Ermittlerin des Landeskriminalamts (LKA) Nordrhein-Westfalen gewesen ist. Am Freitag, 11. November, sollte die Beamtin mit dem Decknamen „Katja“ am Bochumer Schwurgericht per Videoübertragung in nicht öffentlicher Verhandlung als entscheidende Belastungszeugin aussagen – doch die Verteidiger legten dagegen ein Veto ein.
Hernerin hat sich verdeckten Ermittlerinnen anvertraut und sich selbst belastet
Der letzte Lebensgefährte der angeklagten Mutter hatte zuletzt während seiner Zeugenvernehmung bereits geschildert, dass die Hernerin in der zweiten Jahreshälfte 2021 eng mit einer Frau namens „Katja“ befreundet gewesen sei. Die beiden hätten sich nach einem angeblichen Radunfall mit dem Pkw der Angeklagten durch Zufall kennengelernt und angefreundet, hatte der Zeuge ausgesagt. Auch von einem „Vito“, dem Partner von „Katja“, war in der Zeugenvernehmung des Ex-Partners mehrfach die Rede, ebenso von einer Frau namens „Suse“.
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Sicher ist wohl: Diese drei „Freunde“ der Angeklagten waren offensichtlich ganz gezielt von der polizeilichen Ermittlungsgruppe „Hieronymus“ und der Bochumer Staatsanwaltschaft als verdeckte Ermittlerinnen und Ermittler auf die Angeklagte angesetzt worden. Nach mehreren Monaten und mehreren Treffen soll die Hernerin schließlich im März 2022 bei vertraulichen Gesprächen den LKA-Ermittlerinnen „Katja“ und „Suse“ den Ablauf der Erstickungen ihrer Kinder Tayler (2011) und Justin (2012) doch als eigene Tathandlungen geschildert haben. Diese eigenen Belastungen erhärteten letztlich einen dringenden Doppelmord-Tatverdacht gegen die Mutter. Und führten am 12. April 2022 zu ihrer Festnahme.
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Für eine audiovisuelle Zeugenvernehmung mit optischer Abschirmung der verdeckten Ermittlerin „Katja“ ist am Freitag im Bochumer Schwurgerichtssaal bereits alles vorbereitet worden. Den beabsichtigten Ausschluss der Öffentlichkeit für die Zeit der Videovernehmung begründete das Schwurgericht mit einem erheblichen Gefahrenpotenzial, dem sich die Ermittlerin „Katja“ ansonsten ausgesetzt sehe. „Eine Vernehmung in öffentlicher Hauptverhandlung“, so hieß es in einem verlesenen Gerichtsbeschluss, würde die LKA-Beamtin an „Leib und Leben gefährden“.
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Auch wenn die Herner Mutter nicht vorbestraft sei, so Richter Josef Große Feldhaus, seien die ihr vorgeworfenen Taten fraglos der Schwerkriminalität zuzuordnen. Das Vertrauen der Herner Mutter sei durch die verdeckte Ermittlerin „schwer enttäuscht worden“, hieß es weiter. Es könne daher letztlich nicht ausgeschlossen werden, dass die Angeklagte gegebenenfalls über Dritte „Vergeltung üben“ würde, so das Gericht. Insbesondere auch mit Blick auf weitere Einsätze als verdeckte Ermittlerin sei eine öffentliche Identifizierung von „Katja“ durch ihre Stimme unbedingt zu verhindern.
Verteidiger haben Veto eingelegt: Vernehmung abgesetzt
Die Verteidiger der Angeklagten, Tanja Langa und Stefan Gerou, widersprachen einer Videovernehmung der verdeckten Ermittlerin und kritisierten massiv die durch das NRW-Innenministerium via Sperrerklärung gesetzten, engen Voraussetzungen einer Zeugenvernehmung. Das Schwurgericht setzte die Vernehmung von „Katja“ daher kurzfristig wieder ab, wird nun über den Widerspruch beraten und dann festlegen, wann und in welcher Form die LKA-Ermittlerin als Zeugin vernommen werden kann.
Die Staatsanwaltschaft wirft der Herner Mutter zweifachen Mord und gefährliche Körperverletzung vor. Weil ihre Kinder laut Anklage ihrer Lust auf Partys und andere Männer im Wege standen, soll die 33-Jährige 2011 und 2012 ihre zwei Kinder Tayler (zweieinhalb Monate) und Justin (19 Monate) erstickt und 2018 einen Erstickungsversuch bei ihrem dritten Kind Jason (27 Monate) verübt haben. Die Angeklagte schweigt zu den Vorwürfen. Der Prozess wird fortgesetzt.
>>> Hintergrund zum Einsatz von verdeckten Ermittlerinnen und Ermittlern
- Die Rechtsgrundlagen für den Einsatz und die Befugnisse von verdeckten Ermittlern sind in den Paragrafen 110a der Strafprozessordnung (StPO) geregelt.
- Verdeckte Ermittler dürfen keine Straftaten begehen.
- Außerdem dürfen sie nur dann eingesetzt werden, wenn die Strafaufklärung sonst aussichtslos oder wesentlich erschwert erscheint.