Bochum/Herne. Der Kindermord-Prozess gegen eine Mutter aus Herne fortgesetzt worden. Die Todesfälle seien „außergewöhnlich“ gewesen, sagten Rechtsmediziner.
Im Kindermord-Prozess gegen eine dreifache Mutter (33) aus Herne haben sich am Montag Rechtsmediziner an die Todesfälle vor mehr als zehn Jahren erinnert. Vor allem der zeitlich erste Tod des Säuglings Tayler mit nur zwei Monaten und 16 Tagen stellte die Ärzte in der Essener Rechtsmedizin vor ein Rätsel. „Das war wirklich ein außergewöhnlicher Fall“, erinnerte sich Dr. Kurt Trübner am Bochumer Schwurgericht, der seinerzeit im November 2011 die Obduktion durchgeführt hatte.
Anzeichen für ein Tötungsdelikt seien nicht ansatzweise erkennbar gewesen – umso mehr habe die unklare Todesursache die Mediziner schon ein wenig aufgewühlt. Äußerlich, so der Sachverständige, hatten sich nämlich am Körper bis auf übliche Reanimationsspuren keine Verletzungsanzeichen gezeigt: „Es war ein völlig normal entwickeltes Kind.“ Innerlich hingegen sehr wohl: Bei Untersuchungen an Taylers Herz habe man nämlich eine „massive Einblutung“ festgestellt. Dr. Trübner: „Das ist so bislang in dieser Art noch bei keinem anderen Fall vorgekommen. Das passte alles nicht so richtig zusammen. Und hat im Kollegenkreis bei uns auch zu Diskussionen geführt.“
„Keine Hinweise auf Verletzungen oder Vorerkrankungen“
Auf Nachfrage des Gerichts bejahte der Rechtsmediziner die Hypothese, dass die Herzblutung Folge eines Drückens eines bäuchlings im Bett liegenden Kindes mit einem Kissen in einer Matratze gewesen sein kann. Ein Ersticken sei sicher nicht auszuschließen, hieß es. Insbesondere bei auseinanderklaffenden Kräfteverhältnissen könne ein schwaches Opfer auch ohne Befunde auf äußere Gewalteinwirkung quasi „spurenarm“ getötet worden sein, so der Rechtsmediziner.
Dass noch während der laufenden Untersuchungen bezüglich Tayler nur wenige Monate später (im Mai 2012) mit Justin bereits der zweite Todesfall mit ungeklärter Todesursache die Rechtsmedizin beschäftigt habe, nannte Dr. Trübner „höchst ungewöhnlich“. Rechtsmedizinerin Dr. Iliana Tzimas erinnerte sich: „Auch hier gab es keine Hinweise auf äußere Verletzungen, Vorerkrankungen oder sonst was Auffälliges“.
Im Falle einer Verurteilung droht die Höchststrafe
Laut Anklage soll die Herner Mutter 2011 und 2012 Tayler und Justin erstickt, 2018 einen Erstickungsversuch bei ihrem dritten Kind Jason verübt haben, weil die Kinder ihrer Lust auf Partys und Männer im Wege gestanden haben sollen. Angeblich soll die Mutter, die seit April 2022 in U-Haft sitzt, im Laufe der durch eine Kinderärztin 2018 angestoßenen Ermittlungen anderen Personen auch von den älteren Taten erzählt haben. Die Anklage lautet unter anderem auf zweifachen Mord. Der Herner Mutter droht im Falle einer Verurteilung die Höchststrafe. Der Prozess wird fortgesetzt.