Herne. Wie geht es weiter nach dem Rücktritt des Paderborner Erzbischofs Hans-Josef Becker? Katholiken in Herne und Wanne-Eickel zeigen sich gespannt.

Herner und Wanne-Eickeler Katholiken fiebern nach dem Rücktritt von Hans-Josef Becker der Neuwahl des Paderborner Erzbischofs entgegen. Der neue „Chef“ im Erzbistum soll für Kirchenverhältnisse so demokratisch wie nie zuvor bestimmt werden. Fraglich ist, ob der Papst die Gemeinden gewähren lässt. Bis das Ergebnis feststeht, könnte es noch einige Monate dauern.

Neues Verfahren: Neben Domkapitel in Paderborn bestimmen auch Laien mit

„Hut ab vor dem Domkapitel, dass sie dieses Wagnis eingehen“, sagt Georg Birwer, Leiter der Pfarrei St. Dionysius Herne auf Nachfrage der Redaktion. Er lobt ausdrücklich das Vorgehen des Bistums bei der Neuwahl. Zusätzlich zum 14-köpfigen Domkapitel (darunter Pastor Meinolf Mika aus der Gemeinde Herz Jesu) hatte das Bistum 14 Laien gesucht, die über den neuen Erzbischof mitbestimmen können. Die Menschen wurden ausgelost, weil in der Kürze der Zeit kein anderes Verfahren zu realisieren war. „Es gibt ja gar keine Struktur für diese Wahlen“, sagt Birwer.

Georg Birwer leitet die Pfarrei St. Dionysius in Herne.
Georg Birwer leitet die Pfarrei St. Dionysius in Herne. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Letztlich gehen die Vorschläge aus dem Bistum, aber über den Schreibtisch des Papstes. Und die spannende Frage ist aus Sicht vieler Gläubiger, wie sehr der Papst die Vorschläge aus dem Bistum, bei dem Herne und Wanne-Eickel die westliche Außengrenze bilden, akzeptiert. Der Papst alleine hat weltweit das Recht, die Bischöfe zu benennen. Für Georg Birwer ist das ein großes Signal, das Paderborn auch das Risiko des Scheiterns eingehe. Das zeige auch, dass Paderborn vielleicht liberaler sei als oft in der Außenwirkung empfunden. „Autoritär ist das für mich nicht.“

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Pfarrer würden frischen Wind „von außen“ begrüßen

Wer hat denn überhaupt Chancen neuer Erzbischof zu werden? Da dringt wenig aus der Kirche nach außen. Für Georg Birwer wäre es ein gutes Signal, „wenn jemand von außen kommt“. Auch Pfarrer Ludger Plümpe, der die St. Christophorus-Gemeinde in Wanne-Eickel leitet, würde frischen Wind begrüßen: „Ein Perspektivwechsel tut im Moment Not.“ Allerdings müsse man auch realistisch sein, dass auch Bewerber für das Amt eines Bischofs, nicht gerade Schlange stünden.

Pfarrer Ludger Plümpe leitet die Pfarrei St. Christophorus in Wanne-Eickel.
Pfarrer Ludger Plümpe leitet die Pfarrei St. Christophorus in Wanne-Eickel. © Funke Foto Services GmbH | Rainer Raffalski

Auch Ludger Plümpe begrüßt ausdrücklich das neue Verfahren: „Es ist wirklich gut, dass man das jetzt durchführt, dass man jetzt nach machbaren Wegen sucht, bevor Kirchenrecht mal irgendwann geändert wird. Diesen Prozess haben wir gerade.“ Wenn man ehrlich sei, löse das Verfahren in der breiten Masse der Gemeindemitglieder dennoch keine Euphorie aus. „Für die meisten ist Paderborn sehr weit weg“, sagt Plümpe.“ Allerdings sei die Beteiligung ein klares Signal an Menschen, die Verantwortung tragen. Und bei diesen werde es auch so wahrgenommen. Plümpe erinnert an die Ursprünge des Christentums. Da seien die Bischöfe auch selbstgewählt worden.

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Zurückgetretener Erzbischof Becker: Lob und Kritik von der Basis

Der Rücktritt des früheren Erzbischofs Hans-Josef Becker vor knapp zwei Wochen kommt für die lokalen Kirchenvertreter nicht überraschend. „Dass Becker nach 20 Jahren und mit Mitte 70 sagt, dass es jetzt gut ist, ist nachvollziehbar“, sagt Georg Birwer. „Ich gönne jedem, dass er einen guten Ruhestand hat.“ Er sei zufrieden mit der Arbeit gewesen. „Er kannte das Geschäft. Er war selbst 20 Jahre lang Pfarrer.“ Allerdings sei aus Paderborn auch nicht der große Wille zum Neuanfang zu spüren gewesen: „Er war nicht der große Reformer. Da hätte ich mir manchmal mehr gewünscht.“

Bis ein Ergebnis der Neuwahl feststeht, kann es noch länger dauern. Die Herner und Wanne-Eickeler Vertreter gehen von einem halben bis zu einem ganzen Jahr aus.

>>> Hintergrund

Herne und Wanne-Eickel gehören nicht wie viele andere Ruhrgebietsstädte zum Ruhrbistum, sondern zum Erzbistum Paderborn. Als nächste Großstadt gehört auch Dortmund zu Paderborn. Das Bistum erstreckt sich bis weit ins Sauerland und nach Ostwestfalen.

Kritik am Erzbistum kam nach der Offenlegung eines Teils seiner Finanzen auf. Das Bistum gilt mit seinem Vermögen von mehr als sieben Milliarden Euro als reichstes Bistum in Deutschland. Insbesondere einfache Gemeindemitglieder kritisierten in vielen Städten das Bistum, weil sie stets zum Sparen angehalten wurden. Oft war die Sanierung von Gotteshäusern nur durch Spendensammlungen möglich.