Herne. Beim Denkmalwert dürfen finanzielle Gründe keine Rolle spielen. Warum städtische Akten nahelegen, dass dies beim Hallenbad Eickel anders war.
Die Akteneinsicht einer Bürgerin und der Linkspartei bei der Stadt Herne bringt es an den Tag: In einem Gutachten kam der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) 2018 zu dem Ergebnis, dass das Hallenbad Eickel unter Denkmalschutz gestellt werden soll. Nach dem Studium der dazu vorliegenden internen Mailverkehre der Stadt liegt für die Linken-Ratsfraktion nahe: Vor allem finanzielle Aspekte und der Druck aus der Verwaltungsspitze verhinderten letztlich einen solchen Schritt, so der Vorwurf. Die Stadt weist dies zurück.
Stadtmitarbeiter ruft zu „Ungehorsam“ auf
Im Zuge der Auseinandersetzung um den Erhalt der beiden Hallenbad-Mosaike des Künstlers Edmund Schuitz – der Streit war wegen dessen NSDAP-Mitgliedschaft entbrannt – hatte zunächst seine Tochter Ingeborg Müller-Schuitz und später auch die Linkspartei Einsicht in städtische Akten zum Hallenbad genommen. Und so lässt sich die Aktenlage zusammenfassen: Auf Anregung aus der Herner Bevölkerung erstellte der für Herne zuständige LWL-Denkmalpfleger Hans Hanke ein Gutachten und kam im April 2018 zu dem Ergebnis, dass das 1954 eröffnete und 2016 stillgelegte städtische Hallenbad Denkmalwert besitze.
Die Untere Denkmalbehörde der Herner Stadtverwaltung (UD) stellte das Gebäude - wie in solchen Fällen üblich - vorläufig unter Denkmalschutz und gab diesen Vorgang im Juni 2018 Kämmerer Klee zur Kenntnis. Der städtische Finanzchef wies in seiner Antwort an die UD darauf hin, dass es Gesprächsbedarf gebe, weil durch einen Eintrag in die Denkmalliste erhebliche zukünftige Kosten für die Stadt zementiert würden. Er sei nicht ohne Weiteres bereit, dies hinzunehmen.
Noch deutlicher wurde Rainer Overath, der damalige Geschäftsführer der Stadtentwicklungsgesellschaft. Er schrieb am 25. Juni 2018 an Klee: „Ich halte es für dringend geboten, gemeinsam in einem Termin alle Möglichkeiten zur Verhinderung der Unterschutzstellung zu erörtern.“ Dies sollte auch „eine Eskalation gegenüber den Denkmalbehörden“ beinhalten. Es könne nicht sein, dass der Regierungspräsident „die Knute der Haushaltssanierung“ schwinge, eine andere Abteilung jedoch eine arme Stadt gleichzeitig in unabsehbare Kostenrisiken stürze. Herne sollte hier „Ungehorsam“ zeigen, so Overath.
LWL bleibt dabei: Hallenbad ist ein Denkmal
Am Ende des verwaltungsinternen Prozesses teilte Hernes Planungsamts-Chef Achim Wixforth im August 2019 dem LWL mit, dass die Stadt von der Empfehlung abweiche, weil die Denkmaleigenschaft aus Sicht der Stadt nicht vorhanden sei. Die von der LWL-Denkmalpflege daraufhin angerufene Bezirksregierung Arnsberg bestätigte die Haltung der Stadt, womit das Verfahren offiziell beendet ist. Der Landschaftsverband bedauere dies, sagt ein LWL-Sprecher auf Anfrage. Sie seien nach wie vor der Ansicht, dass das Hallenbad Denkmalwert besitze. Das beziehe sich allerdings nur auf das gesamte Gebäude, nicht jedoch auf einzelne Elemente wie die beiden Schuitz-Mosaike.
„Für uns entsteht hier der Eindruck, dass bei der Stadt finanzielle Gründe im Vordergrund standen“, erklärte Niko Warmbier (Linke) in der jüngsten Sitzung des Kulturausschusses. Das wollten Achim Wixforth im Ausschuss und die Stadt im Nachgang gegenüber der WAZ nicht stehen lassen. „Ausschlaggebend sind ausschließlich die Tatbestandsvoraussetzungen des Denkmalschutzgesetzes NRW“, so Stadtsprecherin Anja Gladisch. Die Frage des Denkmalwertes richte sich nach künstlerischen, wissenschaftlichen, volkskundlichen oder städtebaulichen Gründen, zusätzlich müsse ein öffentliches Interesse am Erhalt vorhanden sein.
„Eine Prüfung von wirtschaftlichen Folgen einer Unterschutzstellung für den/die Betroffenen findet im Rahmen des Eintragungsverfahrens nicht statt“, erklärt die Stadtsprecherin. Das wirft allerdings die Frage auf, warum städtische Führungskräfte in internen Mails zu „Ungehorsam“ und „Eskalationen“ aufrufen, wenn es doch ausschließlich um fachliche denkmalrechtliche Fragen geht.
>>> Herner Grüne: Stadt informierte nicht ausreichend
Zumindest in einem Punkt stellte Achim Wixforth im Kulturausschuss das Handeln der Verwaltung ein wenig in Frage. Anlass: Peter Liedtke (Grüne) hatte der Stadt vorgeworfen, dass diese der Politik die Haltung der Fachbehörde LWL zum Denkmalschutz fürs Hallenbad vorenthalten habe. Diese Information hätte er für die Meinungsbildung gerne gehabt, so Liedtke. Stattdessen sei von der Stadt nur mitgeteilt worden, dass das Hallenbad nicht denkmalwürdig sei. „Ich will nicht sagen, ich fühle mich verarscht. Ich will aber sagen: Ich fühle mich nicht ausreichend informiert“, so Liedtke.
Die Stadt habe niemanden „veräppeln“ wollen, sondern sich strikt an die Satzung und an das gehalten, was am Ende schriftlich verfügt worden ist, erklärte Achim Wixforth. Das sei übliches Verwaltungshandeln. Rückblickend könne man angesichts der Brisanz der Angelegenheit aber vielleicht sagen, dass die Stadt der Politik durchaus mehr Informationen über das Für und Wider Denkmalschutz hätte geben können.