Der Herner Verein Insert Coins erhält die Videospiel- und Arcadekultur. Jetzt zieht er um. Worauf sich Flipperenthusiasten und Co. freuen können.

Schon im Foyer wabert der Geist einer längst vergangenen Zeit. Durch den Flur entlang der Vitrinen, die Treppe hoch, in den großen Raum mit einem Teppich, der schon Generationen von Schuhsohlen getragen hat. Es ist die erste Etage des ehemaligen Karstadt-Gebäudes auf der Wanner Hauptstraße 274. Statt Ständer voller Miederwaren und Lederhandtaschen stehen jetzt weit über 100 Flipper und andere Arcademaschinen im Obergeschoss. Es ist das neue Zuhause des Vereins Insert Coins, die Eröffnung steht am 24. September an.

Insert Coins, gegründet 2014, hat mittlerweile gut 90 Mitglieder versammelt. Die haben sich auf die Fahne geschrieben, „die Entwicklung und den Erhalt der Videospielkultur zu fördern.“ Dazu gehören längst nicht nur die bekannten Spielekonsolen, sondern auch alte Computer, Automaten aus alten Spielhallen – die mit der Unterhaltung, nicht die mit den einarmigen Banditen – und eben Flipper und vergleichbare Geräte.

Europararität steht in Arcade

Und die brauchen Platz. Platz, den es in der alten Unterkunft, dem Keller eines Seniorenwohnheims nicht mehr gab, sagt Vereinsmitglied Ingo Behlau. „Die Automaten standen bis zum Klo.“ Platz, den Insert Coins jetzt in Hülle und Fülle hat. Das geht schon mit einem kleinen Café im Retrostil los, mit zusammengesammelten alten Möbeln und einer wunderschön-potthässlichen Tapete aus den 80er-Jahren – „wie in der goldenen Zeit der Arcades eben“, erklärt Kassierer Bernd Wagner.

Spielen wie im Kino. Der Herner Verein Insert Coins hat in den neuen Räumlichkeiten in Wanne eine Mario-Kart-Wand samt Kinosesseln zu bieten.
Spielen wie im Kino. Der Herner Verein Insert Coins hat in den neuen Räumlichkeiten in Wanne eine Mario-Kart-Wand samt Kinosesseln zu bieten. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Weiter geht es durch den Computerraum in den Musikraum. Mit Discolichtern macht der nicht nur optisch was her, mit dem „Dance Dance Revolution“-Automaten steht auch spielerisch ein echtes Highlight im Raum – und mit „Samba de Amigo“ eine Seltenheit. Der Automat aus Japan funktioniert ähnlich wie das Tanzspiel – mit dem Unterschied, dass der Spieler mit zwei Maracas anstelle seiner Füße die richtigen Bewegungen ausführen muss. „Davon gibt es nur zwei Stück in Europa“, sagt Wagner, nicht ohne Stolz.

Einen Raum weiter steht der Videospielfan in einem kleinen Kinosaal. Anstelle einer Leinwand gibt es einen Aufbau mit etlichen Röhrenbildschirmen – Mario Kart ist hier „Name of the Game“. In der ersten Reihe nehmen die Spieler Platz, dahinter warten gemütliche Kinosessel auf die Zuschauer. Mario Kart war es auch, das letztendlich zur Gründung von Insert Coins führte: Aus dem Wunsch heraus, schon vor den Zeiten des komfortablen Online-Multiplayers Rennen gegen viele Freunde zu fahren.

Ein Ticket kostet zwölf Euro

Durch den letzten kleineren Raum mit Spielkonsolen-Aufstellern, wie sie aus Elektronikmärkten bekannt sind, geht es ins „Herzstück“ der Arcade, wie Ingo Behlau sagt. Auf der ehemaligen Verkaufsfläche reihen sich Flipper und Automaten dicht an dicht, insgesamt 45 Flipper, 60 bis 80 Videospielautomaten und 20 „Maschinen“, zum Beispiel im Stile einer Carrerabahn.

Noch blinkt, piept und kracht es nirgendwo, doch schon jetzt versprüht der Saal eine Atmosphäre, wie es sie in NRW oder möglicherweise sogar in Deutschland kein zweites Mal gibt. Eine Mischung aus dem Trost vergangener, einfacherer Tage und der romantischen Verklärung der Kindheit vielleicht, in jedem Fall aber - faszinierend.

Prost: Ingo Behlau vom Herner Verein Insert Coins im neuen Café in Wanne. Besonderer Hingucker – die Tapete.
Prost: Ingo Behlau vom Herner Verein Insert Coins im neuen Café in Wanne. Besonderer Hingucker – die Tapete. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Wer vorbeikommen möchte, muss ein Ticket für zwölf Euro auf insert-coins.com erstehen – und darf dann noch eine Person unter 18 Jahren kostenlos mitbringen. Gespielt werden darf alles, was Insert Coins zu bieten hat, ohne noch einmal zum Portemonnaie greifen zu müssen. Allerdings – schon jetzt sind die Öffnungstage im September und Oktober ausverkauft, neue Öffnungstage werden auf der Homepage bekanntgegeben.

Das Team jedenfalls freut sich über das neue, repräsentative Domizil – auch wenn es nicht von Dauer sein wird. Der Mietvertrag läuft bis Ende 2023, dann soll das Gebäude kernsaniert werden, „da müssen wir natürlich raus“, sagt Ingo Behlau. Große Sorgen bereitet Insert Coins dieser Umstand aber nicht. „Die Wirtschaftsförderung Herne hat uns wirklich grandios unterstützt“, lobt Behlau „Herne Business“ – und ist sich sicher, dass Insert Coins mit dieser Unterstützung auch in Zukunft planen kann.