Herne. Die Stadt Herne lehnt den flächendeckenden Ausbau von Elektro-Ladesäulen ab. Welche neuen Stationen in diesem Jahr aber geplant sind.
- Die Stadt Herne setzt beim Ausbau der Elektromobilität weiter auf Schnell-Ladeparks.
- Aktuell gibt es 69 öffentliche Ladepunkte, sechs sollen in diesem Jahr folgen.
- SPD fordert Verwaltung auf, ihre Strategie zu überdenken
Die Stadt Herne will beim Ausbau der Elektromobilität weiter auf Schnell-Ladeparks setzen. Einen flächendeckenden Ausbau von Elektro-Ladesäulen in den Straßen und Wohnvierteln lehnt das Rathaus dagegen ab. In der Politik gibt es deshalb Widerspruch.
In Herne gibt es zurzeit 69 öffentliche Ladepunkte für E-Autos, fast alle sind an „Normal-Ladesäulen“ mit 22 Kilowatt. Schon im Frühjahr sagte die Stadt, dass das aktuell ausreiche. 2021 waren in Herne 2814 E-Autos angemeldet, in diesem Jahr seien es schon über 3000, Tendenz: steigend. Manche der öffentlichen Ladepunkte werden laut Verwaltung sogar wenig bis fast gar nicht angesteuert. Kurz: In Sachen Ladeinfrastruktur sei Herne gut aufgestellt.
Herne: Diese neuen Ladesäulen sind geplant
Das wird sich voraussichtlich ändern, wenn die Zahl der E-Autos kontinuierlich weiter steigt. Deshalb plant die Stadt noch in diesem Jahr sechs neue Ladesäulen mit jeweils zwei Ladepunkten, eine mehr als bislang angedacht: am Schloß Strünkede, am Eickeler Park (Minigolfanlage), am Neumarkt in Herne-Mitte, an der Dammstraße (P&R Herner Bahnhof), an der Sternstraße (Künstlerzeche Unser Fritz) und an der Berkelstraße in Börnig, berichtete Jürgen Klein Altstedde vom städtischen Fachbereich Tiefbau und Verkehr zuletzt im Ausschuss für Digitales, Infrastruktur und Mobilität.
Auch dorthin sollen überall besagte „Normal-Ladesäulen“ mit 22 Kilowatt. Ausnahme: die Station am Neumarkt, die eine Schnell-Ladesäule mit zwei 150-Kilowatt-Ladepunkten erhalten soll. Zuletzt hieß es noch, dass dort zwei Normal-Ladesäulen hinkommen, zwischenzeitlich aber hätten sich die Pläne für eine Schnell-Ladesäule bei Decathlon zerschlagen. Die Grundstückseigentümer des Parkplatzes hätten bereits Rahmenverträge für ihre bundesweiten Standorte abgeschlossen.
Zukunftsorientiert seien dagegen Schnell- oder Hochleistungsladestationen mit einer Leistung von über 22 Kilowatt beziehungsweise von bis zu 100, perspektivisch sogar 350 Kilowatt. Diese Stationen könnten in Ladeparks stehen, in denen Fahrzeuge schließlich in wenigen Minuten mit Strom betankt werden könnten. Einen flächendeckenden Ausbau von Normalstationen im ganzen Stadtgebiet lehnt die Verwaltung dagegen ab. In einer so dicht besiedelten Stadt wie Herne, so Klein Altstedde, sei das kaum möglich.
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Hinzu komme: An einzelnen Normalstationen gebe es tagsüber nur eine geringe Auslastung, weil viele Menschen auf der Arbeit seien, abends seien sie dagegen alle belegt, erst am frühen Morgen würden sie wieder freigegeben. Das wirtschaftliche Potenzial sei deshalb gering.
Ein hohes Potenzial hätten in Herne dagegen besagte Schnell- und Hochleistungs-Ladesäulen. Vorstellen kann sich die Stadt diese laut Klein Altstedde an Orten „mit kurzer Parkdauer und idealerweise mit einem Zweck verbunden, um hohe Auslastungen zu erreichen“, also an „Orten des täglichen Lebens“. Gemeint ist: etwa an Einzelhandels-Standorten, an denen die Menschen ihre Fahrzeuge aufladen und dabei kurz einkaufen. Auch Tankstellen kämen dafür in Frage. In Stadtteilen „mit hohem Einkommen“ machten diese „schnellen“ Ladesäulen besonders Sinn. Die Stadt will nun schauen, welche Betreiber dafür in Frage kommen. Tankstellenbetreiber, aber auch Energieversorger hätten angekündigt, massiv in Schnell- beziehungsweise Hochleistungsladesäulen zu investieren.
Im Ausschuss für Digitales, Infrastruktur und Mobilität erntete die Stadt Widerspruch. Ratsherr Ulrich Klonki rief die Verwaltung dazu auf, ihre „Strategie deutlich zu überarbeiten“. Es könne nicht sein, dass die Stadt nur auf Ladeparks mit Schnell-Ladesäulen setze, den Ausbau der „normalen“ Säulen in den Wohngebieten aber vernachlässige.
Offensichtlich, so die Spitze des SPD-Politikers in Richtung Stadt, habe das Rathaus gar keine Ahnung, wie Netzbetreiber abrechneten. Autofahrerinnen und -fahrer, die ihre Wagen nach dem Volltanken noch an den Stationen stehen ließen, würden so stark zur Kasse gebeten, so dass sie schnellstens wegfahren. Über Nacht blockiere deshalb schon mal niemand die Plätze. Gegenüber der WAZ fügt Klonki an, dass die Stadt verstärkt auf 50- und nicht auf 22-Kilowatt-Stationen setzen sollte: Dann wären die Autos auch schneller voll und machten Platz für andere.
Fraktionskollege Michael Zyweck forderte die Stadt zudem auf, Ladesäulen nicht nur in Stadtteilen mit hohem Einkommen zu favorisieren: „Die Strategie sollte sein, jeder Bevölkerungsschicht ein Angebot zu machen.“