Herne. Die Hitze und die Trockenheit der vergangenen Wochen könnten in Zukunft die Regel sein. Wie sich in Herne bereits der Umgang mit Wasser verändert.

Die Wetterstation der Mont-Cenis-Gesamtschule liefert seit Jahren Daten zum Wetter in Herne. Im Bericht zum zurückliegenden Juli heißt es: „Mit unter 40 Litern je Quadratmeter regnete es über die Hälfte weniger als sonst.“ Die Bilanz für den August könnte noch „trockener“ ausfallen. Die Trockenheit und die Hitze der vergangenen Wochen könnten zur Regel werden. Die Konsequenz: Der Umgang mit der Ressource Wasser muss sich ändern. Die Anfänge in Herne sind gemacht, ein Überblick:

Die Gelsenwasser AG sendet in diesem Zusammenhang eine eindeutige Botschaft: Die Trinkwasserversorgung in Herne sei absolut sichergestellt. Auch wenn gerade in diesen Tagen und Wochen der Verbrauch steigt: Gärtner wässern ihre Pflanzen, Familien füllen Planschbecken, Menschen duschen öfter. Doch die Reserven an Oberflächenwasser – das Trinkwasser für Herne kommt zum Teil aus der Ruhr und zum Teil aus dem Halterner Stausee – seien völlig ausreichend. Doch auch bei Gelsenwasser beobachtet man die Entwicklung aufmerksam, denn Hitzewellen und Trockenheit können zum Beispiel Auswirkungen auf die Wasserqualität haben.

Bäche trocknen aus, Fische verlieren ihren Lebensraum

In Herne selbst sind die Folgen der langen Trockenheit längst zu sehen: Der Dorneburger Mühlenbach in Eickel ist ausgetrocknet, andere Nebengewässer der Emscher sind ebenfalls betroffen. Und so hat der kleine Süßwasserfisch Emschergroppe seinen Lebensraum verloren.

Am Dorneburger Mühlenbach plätschert es schon seit einiger Zeit nicht mehr. Er ist wegen des ausbleibenden Regens ausgetrocknet.
Am Dorneburger Mühlenbach plätschert es schon seit einiger Zeit nicht mehr. Er ist wegen des ausbleibenden Regens ausgetrocknet. © WAZ FotoPool | Franz Luthe

Uli Paetzel, Chef der Emschergenossenschaft, macht im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion auf eine Gefahr aufmerksam, die angesichts der Dürre zunächst unwahrscheinlich scheint: Hochwasser. Denn die Böden seien so hart, dass sie Niederschläge gar nicht aufnehmen könnten. Das Wasser würde einfach abfließen. Paetzel weist darauf hin, dass Prognosen eine Verschiebung der Niederschläge vorhersagen. Die Menge bleibe gleich, doch es falle mehr Regen im Winter, im Sommer dafür weniger – gerade dann, wenn es nötig wäre. „Auf diese veränderten Bedingungen müssen wir uns vorbereiten.“ Deshalb komme es in Zukunft immer stärker darauf an, Wasser zu speichern, versickern oder verdunsten zu lassen.

Gerade im städtischen Raum – wie Herne – würden Dinge wie Gründächer, Brunnen oder Zisternen in den Fokus rücken. Auch Themen wie Abkopplung von der Kanalisation und Entsiegelung würden immer drängender. Paetzel: „Wir müssen an die Themen ran.“ Im Emschergebiet seien zwischen 2005 und 2018 rund zehn Prozent der Fläche von Kanalisation abgekoppelt, damit Regenwasser eben nicht mehr in die Kanalisation fließt, sondern versickern und das Grundwasser sowie Bachläufe stärken kann. Das Ziel seien aber 25 Prozent Abkopplung bis 2030. Möglich machen soll das die Förderrichtlinie „Klimaresiliente Region mit internationaler Strahlkraft“.

Uli Paetzel: „Wir brauchen ein neues Bewusstsein für das Thema Wasser“

Um die Aufgabe der Entsiegelung anzugehen, könnten Städte auf Fördermittel zurückgreifen, doch Paetzel appelliert auch an Privatbesitzer, die notwendigen Veränderungen anzugehen. Dazu werde gerade ein Fördertopf für private Gründachmaßnahmen vorbereitet. Das rechne sich, weil mit einem Gründach auch die Abwassergebühren sänken.

„Wir brauchen insgesamt ein neues Bewusstsein für das Thema Wasser, weil es ein wertvolles Gut ist und wir es im Kreislauf halten müssen“, so Paetzel. Es gebe ein riesiges Potenzial, es lohne sich jede Anstrengung. Paetzel macht die Notwendigkeit mit einem geografischen Vergleich deutlich: Das Ruhrgebiet werde ein Klima wie das Burgund bekommen. Die Folge: Es werden auch andere Pflanzen heimisch.

„Wir können nicht mehr so gärtnern wie vor 30 Jahren“

Dieses Thema haben bereits auch Hernes Kleingärtner im Auge. Beim Kauf von Saatgut werde immer stärker darauf geachtet, wie hitzeresistent die Pflanzen sind, sagt Kornelia Matzat-Filler, Vorsitzende des Stadtverbands, im Gespräch mit der Herner WAZ. „Wir können nicht mehr so gärtnern wie vor 30 Jahren.“ Die ersten Fachberatungen zu diesem Thema hätten stattgefunden.

Daniel Wirbals, stellvertretender Leiter des Fachbereichs Umwelt und Stadtplanung
Daniel Wirbals, stellvertretender Leiter des Fachbereichs Umwelt und Stadtplanung © Funke Foto Services GmbH | Rainer Raffalski

Die Stadt Herne­ berate private Bauherren bei ihren Vorhaben und mache gezielt Vorschläge, wie sie das Thema Wasser und Hitze umsetzen können, so Daniel Wirbals, stellvertretender Leiter des städtischen Fachbereichs Umwelt und Stadtplanung. Die Beratung zählt zu den vielen kleinen Mosaiksteinen, aus denen sich das Bild der Stadt Herne zusammensetzt.

Es gebe eine Vielzahl von Maßnahmen, die die Stadt in den Blick genommen habe, von der Fassadenbegrünung bis hin zu helleren Gebäudefassaden, um Hitze zu vermindern oder zu lindern. Seit 2018 habe die Stadt die konzeptionellen Grundlagen geschaffen: mit der Starkregengefahrenkarte (2018), dem Klimafolgenanpassungskonzept (2019) und der Umsetzungsstrategie dieses Konzepts (2021). Darin sei eine Vielzahl an Maßnahmen aufgelistet, um Wasser aufzufangen und versickern zu lassen. In allen städtischen Bauleitplanungen gebe es Checklisten, um zu ermitteln, welche Wasser- und Hitze-Probleme bestehen.

Es sei ein Generationenprozess, die Stadt mit Blick auf das sich verändernde Klima zu optimieren, so Wirbals. Herne stehe – wie andere Städte – noch am Anfang, doch der Prozess müsse forciert werden.