Herne. In Herne schließt das Wanner Kreativquartier. In der Politik gab es deshalb Kritik und Vorwürfe. Was Stadt und Projektkoordinatorin dazu sagen.
Das Aus für das Kreativquartier „Hallenbad“ in der Wanner Innenstadt hat in der Politik Bestürzung ausgelöst. Die Schließung komme sehr plötzlich, kritisierte die SPD-Bezirksverordnete Uta Linnemann in der Bezirksvertretung Wanne. Ihre Fraktion sei über das Aus „ziemlich frustriert und traurig“. Sie fragt: Kann das Quartier nicht doch noch irgendwie gerettet werden?
Zum Hintergrund: Der Mietvertrag für das Ladenlokal an der Heinestraße, in dem das Kreativquartier 2017 aus der Taufe gehoben wurde, läuft aus. Darüber hatte die WAZ Anfang Mai berichtet – und offensichtlich einen Großteil der Politik überrascht. Federführend für das Projekt ist die Wirtschaftsförderung Herne, die den Vertrag für das Ladenlokal kündigte. Sehr zum Verdruss der SPD-Bezirksfraktion: Das Kreativquartier habe sich als Anlaufpunkt für freischaffende und bildende Künstlerinnen und Künstler einen Namen gemacht und zur Vielfalt im Stadtbezirk beigetragen. „Der Verlust des Hallenbads hinterlässt eine Lücke“, so Linnemann.
Stadt Herne: „Verschiedene Interessenten“ für Ladenlokal
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Die SPD-Bezirksverordnete wollte von der Stadt nun wissen, warum der Mietvertrag so überraschend gekündigt wurde. Antwort der Stadt: Aufgabe der Wirtschaftsförderung Herne sei es, jene Menschen aus der kulturwirtschaftlichen Szene zu fördern, die durch ihre Arbeit ein wirtschaftliches Auskommen erzielen können, so Denise Frommenkord in der Bezirksvertretung. Der Betrieb des Kreativ.Quartiers erfordere aber „erhebliche Zuschüsse“, und die Einrichtung habe „keine Aussichten auf eine selbsttragende wirtschaftliche Struktur“. Außerdem sei eine wichtige Landesförderung weggefallen. Nicht zuletzt wolle die Stadt Herne im ehemaligen Karstadt-Haus an der Hauptstraße mit einem Urban Arts Center Ruhr einen neuen kulturellen Schwerpunkt der Kulturszene in Herne entwickeln. Das alles habe zur Kündigung der Immobile geführt – und zwar bereits zum Ende November 2021.
In diese Entscheidung sei der Aufsichtsrat der Wirtschaftsförderungsgesellschaft „frühzeitig“ eingebunden worden, sagte Frommenkord. Und nicht nur dieser: „Der Bezirksbürgermeister wurde bereits im Dezember 2021 von der Geschäftsführung telefonisch von der Kündigung des Ladenlokals informiert“, stellte sie klar. Über diese Nachricht war die Bezirksfraktion sichtlich überrascht. Hatte Bezirksbürgermeister Uwe Purwin (SPD), der in der Sitzung der Bezirksvertretung diesmal fehlte, nicht mal seiner Fraktion über die Kündigung berichtet?
Nun müsse nach der Kündigung des 70 Quadratmeter großen Ladenlokals „über eine Neuorientierung nachgedacht werden“, hatte die Wirtschaftsförderung (WFG) auf Anfrage der WAZ, als sie im Mai über das Aus berichtete, schriftlich mitgeteilt. Was das nun heißen soll, hakte Linnemann in der Bezirksvertretung nach. Denise Frommenkord von der Stadt fasste zusammen: Die WFG arbeite daran, Künstlergruppen und den Eigentümer des Ladenlokals an einen Tisch zu bringen. Möglicherweise könne über das „Sofortprogramm zur Stärkung unserer Innenstädte“, mit dem leerstehende Geschäfte preisgünstig vermietet werden können, „eine Anschubfinanzierung für einen selbsttragenden Prozess der Kreativwirtschaft“ ermöglicht werden. Darüber hinaus sagte sie: Aus der Kulturszene gebe es „verschiedene Interessenten“, die die Immobile für künstlerisch-gestalterische Arbeiten nutzen wollten und sich für eine Anmietung interessierten. Näher ins Detail ging sie nicht.
Thomczyk: „Ich hätte mir einen anderen Prozessverlauf gewünscht“
Stefanie Thomczyk betreute das Kreativquartier Wanne und das „Hallenbad“ jahrelang als Koordinatorin. Nach dem angekündigten Aus wechselte sie zur Stadt Herne, arbeitet dort jetzt als Sozialarbeiterin. Auch ihr Abschied war von der WFG gegenüber der WAZ als Argument dafür genannt worden, dass in Sachen Hallenbad „alle Optionen auf den Tisch“ kämen, sprich: dass der Mietvertrag ausläuft, so ein Sprecher. Darauf ging Thomczyk nicht ein, als sie sich als Besucherin in der Bezirksvertretung zu Wort meldete. Nur so viel: Es seien „immer wieder neue Argumente herbeigezaubert“ worden, mit denen das Aus fürs „Hallenbad“ begründet worden sei, sagte sie. Und: „Man muss ehrlich sein mit dem, was dahinter steckt.“
Warum, so fragte sie, sei nicht versucht worden, eine Anbindung des Kreativquartiers ans Urban Arts Center zu versuchen? Oder zumindest Stadt und Kulturbüro einzubinden? Oder andere, neue Fördermöglichkeiten fürs Hallenbad zu finden? „Ich hätte mir einen anderen Prozessverlauf gewünscht“, stellte Thomczyk klar. Die Einrichtung habe so viel erreicht, darunter auch „Pop-Up-Stores“ ermöglicht, außerdem habe sie noch so viel vorgehabt, etwa die Ausrichtung eines „Mondfestes“.
Thomczyks Appell an die Politik: Alle Beteiligten sollten sich noch einmal zusammensetzen, um zu schauen, wie zumindest das geknüpfte Netzwerk gerettet werden könne, um daraus weitere Impulse für Wanne gewinnen zu können. Ute Linnemann, die SPD-Bezirksverordnete, kündigte an: „Wir wollen dranbleiben.“