Herne. Herne könnte in den kommenden Jahren Standort für Spitzenforschung werden. Dazu soll ein Innovationspark für nachhaltige Chemie entstehen.
Sie trägt den Namen „Dienstleistungspark Schloss Strünkede“, doch seit Jahren rührt sich auf dem Areal zwischen Forellstraße und Lackmanns Hof so gut wie nichts. Dies könnte sich in Zukunft ändern. Mit einem „Innovationspark für nachhaltige Chemie“ könnte dort ein Standort für Spitzenforschung entstehen. Am Donnerstag wurden erste Eckpunkte erläutert.
Den wissenschaftlichen Hintergrund erklärte Prof. Martina Havenith-Newen, Professorin für Physikalische Chemie an der Ruhr-Universität Bochum: In diesen Innovationspark könnte das Exzellenzcluster „Resolv“ einziehen. Diese Abkürzung steht für „Ruhr Explores Solvation“ und ist ein interdisziplinäres Forschungsprojekt der Ruhr-Universität Bochum und der TU Dortmund sowie vier weiterer Einrichtungen im deutschen Ruhrgebiet. Beim Exzellenzwettbewerb der Bundesregierung seien zwei Forschungszentren mit dem Schwerpunkt Chemie ausgezeichnet worden - einer davon sei Resolv. Auch der Mülheimer Nobelpreisträger zählt zu diesem Verbund.
Ein Beispiel für nachhaltige Chemie: Beton
Resolv beschäftige sich mit dem Zukunftsthema der nachhaltigen Chemie, die dazu beitragen könne, die Klimaziele zu erreichen. Als ein Beispiel nannte Havenith-Newen „nachhaltigen Beton“. Die Zementherstellung sei verantwortlich für acht Prozent des CO2-Ausstoßes weltweit und zehn Prozent des Wasserverbrauchs. Zum Vergleich: Der Flugverkehr trage drei Prozent bei.
Dies bedeute: „Wenn wir die Ziele der nachhaltigen Energie und der nachhaltigen Rohstoffe erreichen wollen, Arbeitsplätze schaffen und Wirtschaftswachstum garantieren wollen, brauchen wir Hightech. Auch im Bereich der chemischen Industrie.“ Und das sei an das Exzellenzcluster angedockt.
Die Finanzierung der Stellen ist bereits gesichert
Erfahrungen mit der Schaffung eines Innovationspark hat die Ruhr-Universität Bochum bereits gesammelt - mit Mark 51/7 auf dem Gelände des Opelwerks. Dort sei es gelungen, exzellente Wissenschaft mit erfolgreichen Start-ups zu verbinden, so Prof. Günther Meschke, Prorektor Forschung der Ruhr-Uni. Auch seien dort neue Unternehmen zugezogen. Dass Resolv den Weg nach Herne finden könnte, habe auch mit den „Research Alliance Ruhr Centern“ zu tun, die ein Projekt der Ruhrkonferenz seien.
Eine Frage bei der Entstehung dieses Innovationsparks sei bereits geklärt. Resolv würde mindestens 100 Stellen nach Herne bringen - und die Personalkosten sind bereits finanziert.
Jetzt gehe es um die Frage, wer das Gebäude mit 4000 Quadratmetern Nutzfläche und einer Laboreinrichtung, die mit rund zwölf Millionen Euro zu Buche schlägt, baut. Die Stadt habe bereits einen Investor im Auge, so Dudda. Herne habe sich dazu entschieden, im Rahmen des sogenannten 5-Standorte-Programms einen entsprechenden Antrag zu stellen, so Oberbürgermeister Frank Dudda. Dazu müsse in einem ersten Schritt ein Nutzungs- und Finanzierungsmodell erarbeitet werden.
Umsetzung wird noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen
Dass die Ruhr-Uni den Willen bekundet habe, nach Herne zu kommen, habe mit mehreren Faktoren zu tun: In Herne gebe es Unternehmen, die in das Forschungsraster von Resolv passten. Dudda zählte die Chemieunternehmen Evonik, Innospec und Ineos auf, dazu kämen die Unternehmen Eiffage, Walter-Bau und Heitkamp, die den Baustoff Beton nutzen. Auch das entstehende Kaiserquartier, die Nähe zum Kanal und zum Schlosspark hätten eine Rolle gespielt.
Allerdings werden die Bagger nicht in den kommenden Monaten anrollen. Den Umsetzungszeitraum beziffert Dudda auf fünf Jahre. Auch wenn die Beteiligten - darunter Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium - ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt hätten, das Projekt sorgfältig zu prüfen, könne es durchaus Stolpersteine geben.
Für Herne sei dieses Projekt ein „großer Fisch“ und passe auch genau in die Strategie, die er als Vorsitzender des Ruhr-Parlaments immer wieder formuliere: Das Ruhrgebiet soll die grünste Industrieregion der Welt werden.
>>> DAS 5-STANDORTE-PROGRAMM
■ Spätestens im Jahr 2038 soll bundesweit Schluss sein mit der Verstromung von Kohle. 662 Millionen Euro stellt der Bund bereit, um die Folgen der Abschaltung von 15 Kohlekraftwerken im Ruhrgebiet abzufedern und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Empfänger sind Duisburg, Gelsenkirchen, Herne, Hamm und der Kreis Unna.
■ Herne hat bislang Mittel für folgende Projekte beantragt: das Excellence-Department für neue Mobilität und Energie, das Forschungszentrum Nachbergbau und das Bio-Institut für Zukunftsforschung; auch für die Schaffung des Urban Arts Centers Ruhr in Wanne soll ein Antrag gestellt werden.