Herne. Kliniken und Heime haben dem Gesundheitsamt 465 Mitarbeitende gemeldet, weil sie keinen Impfnachweis vorgelegt haben. Was das für Folgen hat.

Krankenhäuser, Pflegeheime und Arztpraxen in Herne haben dem Gesundheitsamt insgesamt 465 Mitarbeitende gemeldet, die keinen Impfnachweis gegen das Coronavirus vorgelegt haben. Das teilt die Stadt auf WAZ-Anfrage mit. Seit Mitte März gilt die bundesweite Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegebereich, bis zum 5. April konnten die Arbeitgeber ihre Mitarbeiter melden, die keinen gültigen Impfnachweis vorgelegt haben. Da die allgemeine Impfpflicht inzwischen aber vom Tisch ist, kommt erneut Kritik an der einrichtungsbezogenen Impfpflicht auf.

„Von Anfang an war klar, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht den Schutz der Menschen in den Pflegeeinrichtungen allein nicht sicherstellen kann, so lange Besucher und Angehörige noch ungeimpft sein können. Sie wäre also allenfalls als erste Stufe vor einer allgemeinen Impfpflicht sinnvoll gewesen“, sagt Andreas Reifschneider, Geschäftsführer des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB). Seitdem die allgemeine Impfpflicht vom Tisch ist, sei nun noch fraglicher, was die einrichtungsbezogene Impfpflicht bringen soll. „Hier wurde schnell über eine Pflicht für die Pflegenden entschieden, für eine große Lösung fehlte dann der politische Mut. Wertschätzung für die Pflegebranche sieht anders aus“, betont Reifschneider.

Herne: Angespannte Personallage in ASB-Heimen

Die Lage in den ASB-Pflegeheimen beschreibt Reifschneider als „angespannt“. Dies sei auf personelle Engpässe aufgrund von Quarantänen sowie den hohen administrativen Mehraufwand durch die Corona-Lage zurückzuführen. „Seit mehreren Monaten arbeiten wir im absoluten Ausnahmezustand, haben in dieser Zeit aber eine beeindruckende Teamleistung der Mitarbeitenden in den Pflegeeinrichtungen gesehen“, so Reifschneider. Der ASB habe hingegen nur eine ungeimpfte Person melden müssen, so ASB-Geschäftsführer Tobias Ahrens. Versorgungslücken seien demnach durch die Impfpflicht nicht zu erwarten.

ASB-Geschäftsführer Andreas Reifschneider stellt den Sinn der einrichtungsbezogenen Impfpflicht nach dem Aus der allgemeinen Impfpflicht noch einmal in Frage.
ASB-Geschäftsführer Andreas Reifschneider stellt den Sinn der einrichtungsbezogenen Impfpflicht nach dem Aus der allgemeinen Impfpflicht noch einmal in Frage. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Zu dieser Einschätzung kommt auch DRK-Chef Martin Krause: „Uns entstehen durch die geringe Anzahl an ungeimpften Mitarbeitenden keine personellen Lücken.“ Beim DRK Herne seien in sechs von acht Einrichtungsbereichen alle Mitarbeitenden ausreichend geimpft. Bei den anderen beiden Einrichtungen wurden insgesamt fünf Mitarbeitende gemeldet, so Krause.

Die Awo möchte über den Impfstatus der Mitarbeitenden und die Impfquoten einzelner Einrichtungen auf WAZ-Anfrage keine Auskunft geben. „Im Durchschnitt aller 58 Seniorenzentren des Awo Bezirks Westliches Westfalen liegt die Quote bei gut 95 Prozent“, teilt Sprecher Jörg Richard mit. Die nicht geimpften Mitarbeitenden seien der zuständigen Behörde gemeldet worden.

Zahl der nicht immunisierten Pflegekräfte noch nicht bekannt

Stadtsprecherin Anja Gladisch betont, dass es sich bei der genannten Zahl nicht automatisch um ungeimpfte Personen handeln müsse. Es könne sich auch um Mitarbeitende handeln, die zwar geimpft sind, den Nachweis aber nicht fristgerecht erbracht haben. „Wir können aktuell nicht abschließend sagen, wie viele Personen im Gesundheitswesen nicht immunisiert sind“, so Gladisch. Ein großer Teil der Meldungen seien laut Stadtsprecherin auf die Krankenhausgemeinschaften zurückzuführen. Die Meldeverpflichtung umfasse hierbei auch Personen, die nicht in Herne wohnhaft sind.

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So teilt Theo Freitag, Geschäftsführer der St. Elisabeth Gruppe, auf WAZ-Anfrage mit: „Am 5. April haben wir dem Herner Gesundheitsamt insgesamt drei Prozent der Mitarbeiter von rund 5420 Mitarbeitern der Herner Einrichtungen der St. Elisabeth Gruppe gemeldet, da sie uns nicht nachgewiesen haben, dass sie vollständig immunisiert sind.“ Das allein müssten also gut 160 Beschäftigte sein.

Die Herner Krankenhäusern der Evangelischen Krankenhausgemeinschaft hatten noch Ende März angegeben, dass die Impfquote der Mitarbeitenden bei 95 Prozent liege. Eine genaue Zahl, wie viele Personen gemeldet wurden, benennt sie auf WAZ-Anfrage nicht.

Als rechtliche Konsequenz droht ein Betretungsverbot

Doch wie geht es für die gemeldeten Pflegekräfte nun weiter? „Zunächst werden alle gemeldeten Personen aufgefordert, gegenüber der Stadt Herne einen Immunisierungsnachweis vorzulegen“, so Gladisch. „Erfolgt dies nicht, stellt ein Betretungsverbot die rechtliche Konsequenz dar.“ Auch Bußgelder könnten im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden.

Vor der Entscheidung des Gesundheitsamtes sieht DRK-Chef Martin Krause keinen Handlungsbedarf für den Arbeitgeber. „Sollte nach Aussprache des Betretungsverbotes der Mitarbeitende seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung nicht nachkommen können, würde das zu einer Einstellung der Lohnfortzahlung führen“, so Krause. „Inwiefern arbeitsrechtliche Schritte möglich sind, wird wohl Bestandteil von Gerichtsverfahren sein.“ Theo Freitag betont: „Es würde uns leidtun, wenn Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, weil sie sich nicht impfen lassen möchten. Dies wird jedoch keinen Einfluss auf die Patientenversorgung haben.“

>>>WEITERE INFORMATIONEN: Frist verlängert

• Ursprünglich sollten die Betriebe im Gesundheitswesen, die Beschäftigten ohne Impfnachweis bis zum 31. März melden. Da das dafür notwendige Landesportal aber technische Probleme hatte, wurde die Frist für Nachmeldungen bis zum 5. April verlängert.

Bis Ende April können die Betroffenen noch entsprechende Nachweise erbringen. Erst danach könnten laut Stadt belastbare Aussagen gemacht werden.

• Meldungen liegen sowohl aus den Krankenhäusern, Praxen, Pflegeeinrichtungen, ambulanten Diensten aber auch aus dem Rettungsdienst vor. Besondere Auffälligkeiten in einzelnen Teilbereichen sind nicht erkennbar, teilt die Stadt mit.