Herne. Die Ausstellung „Unrechtsort - das Polizeigefängnis in Herne“ wirft einen Blick darauf, wie eine Mahn- und Gedenkstätte aussehen könnte.

Mit dem Verkauf des denkmalgeschützten Polizeigebäudes in Herne-Mitte an den Unternehmer Jan Thürmer sind die Chancen gestiegen, dass in dem ehemaligen Polizeigefängnis ein Ort der Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten dort entsteht. Mit welchen Inhalten dieser Ort gefüllt werden könnte, darauf gibt die Ausstellung „Unrechtsort - das Polizeigefängnis in Herne 1933 bis 1945“, einen kleinen Ausblick. Zu sehen ist sie ab 7. April im Foyer der VHS.

„Der gute Schupo“ - diesen Titel trug ein Kinderspiel im frühen 20. Jahrhundert, es ist in einer der Vitrinen zu sehen. Doch in den Vitrinen sind eben auch andere Exponate zu sehen - etwa Handschellen oder eine Knebelkette. Denn nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 war der Schutzpolizist nicht mehr gut. Die sogenannte Hilfspolizei, die aus Kräften der SA, SS und des sogenannten Stahlhelms gebildet wurde, setzte die reguläre Polizei unter erhöhten Anpassungsdruck. „Innerhalb von nur wenigen Wochen war die Polizei zu einem Terrorinstrument der Nationalsozialisten geworden“, ist auf einer der Schautafeln nachzulesen.

Viele Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene waren im Polizeigefängnis inhaftiert

Die Konsequenzen offenbarten sich auch schnell in Herne: Die KPD-Stadtverordneten Otto Kuhn und Viktor Reuter wurden in „Schutzhaft“ genommen, SPD-Funktionäre wie Karl Hölkeskamp wurden öffentlich drangsaliert. Im Mai 1933 waren die Gefängniszellen im Polizeiamt überfüllt. In den letzten Kriegsjahren wurden zahlreiche russische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene im Polizeigefängnis inhaftiert. Viele starben dort unter ungeklärten Umständen.

Durch Sterbebücher und Sterbeurkunden wurde der DGB-Geschichtskreis auf das dunkle Kapitel des Herner Polizeigefängnisses aufmerksam.
Durch Sterbebücher und Sterbeurkunden wurde der DGB-Geschichtskreis auf das dunkle Kapitel des Herner Polizeigefängnisses aufmerksam. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

So wurde auch die DGB-Geschichtswerkstatt auf dieses dunkle Kapitel aufmerksam. Bei Recherchen zur Geschichte der Stadt Herne im Nationalsozialismus tauchten immer wieder Sterbeurkunden auf, in denen als letzte Wohnadresse Adolf-Hitler-Platz 3 angegeben war - das Polizeigefängnis.

Lernort für historisch-politische Bildung

Mit der Ausstellung gestattet der 2019 gegründete Förderkreis Mahn- und Gedenkstätte Polizeigefängnis erstmals einen Blick auf die Schicksale und den Unrechtsort. Unterstützt wurde er von Ralf Piorr (Emschertalmuseum), dem Stadtarchiv und der VHS als Gastgeber. Eigentlich hätte die Ausstellung im Gefängnis selbst stattfinden sollen, so Förderkreisvorsitzender Rolf Dymel. Die Vorbereitungen seien im Gange gewesen. Doch Bau- und Liegenschaftsbetrieb als Eigentümer habe den Zugang gesperrt. Hinzu sei Corona gekommen.

Angesichts der Tatsache, dass es fast keine Zeitzeugen mehr für die Gräueltaten der Nazis gebe, sei es wichtig, an einem authentischen Ort einen Lern- und Erinnerungsort zu gestalten, so Rolf Dymel. „Wenn wir den Opfern gerecht werden wollen, dann müssen wir Lehren ziehen.“ Es sei wichtig, Erinnerungsprozesse anzuregen, damit junge Menschen in die Lage versetzt würden, das Geschehene kritisch einzuschätzen. Die Ausstellung zeigt, was das Polizeigefängnis leisten könnte: Ein Lern- und Erinnerungsort zu werden für historisch-politische Bildung und demokratisches Handeln, eine Gedenkstätte in Herne, die zur Modernisierung der Erinnerungskultur in der Migrationsgesellschaft beiträgt.

>>> FÖRDERKREIS BIETET FÜHRUNGEN AN

■ Die Ausstellung ist bis zum 31. Mai zu den Öffnungszeiten der Volkshochschule zu sehen, der Eintritt ist kostenlos.

■ Für Schulen oder andere interessierte Gruppen bietet der Förderkreis Termine für Führungen an. Anmeldungen unter info@erinnerungsort-herne.de.