Herne. . Einer Besuchergruppe wurde ein seltener Einblick in das Herner Hafthaus gewährt. Im Nationalsozialismus wurde dort gequält und gefoltert.

  • 25 Leser nahmen an einem Rundgang durch das ehemalige Herner Hafthaus teil
  • 1919 eröffnet, herrschten dort vor allem in der Zeit des Nationalsozialismus’ schreckliche Zustände
  • Norbert Arndt und die DGB-Geschichtswerkstatt forschen in der Historie des Gefängnisses

Was hier geschah, mitten in Herne, ist kaum vorstellbar, es war grauenhaft, unmenschlich und brutal. Hinter dicken Gefängnismauern, wie sie seit 1919 am Bergelmannshof zu sehen sind, wurden Frauen und Männer erniedrigt, gefoltert, psychisch und körperlich gequält. Die DGB-Geschichtswerkstatt versucht, Klarheit in die Vergangenheit des verharmlosend „Hafthaus“ genannten Gemäuers zu bringen und zeigte 25 WAZ-Lesern, wie es dort heute aussieht.

Noch viel historischer Originalzustand ist zu sehen, die Zellentüren sind fast 100 Jahre alt. In drastischen Worten erklärten Verdi-Sekretär Norbert Arndt und seine Mitstreiter in der Geschichtswerkstatt, Udo Jakat und Norbert Bartsch, wie es in den schlimmsten Zeiten, also während des Nationalsozialismus im Gefängnis zugegangen sein muss. In den 35 Zellen hätte man jeweils bis zu 15 Gefangene untergebracht, rund 500 Inhaftierte hätten zeitweise unter schlimmsten Bedingungen dort vegetieren müssen.

Am schlimmsten war es im „Bunker“

Und noch härter sei es für diejenigen gewesen, die sich gewehrt hätten: Die seien in den „Bunker“ gekommen, im Keller, bei Wasser und Brot, wenn überhaupt. „Menschen, deren politische, religiöse oder sexuelle Ausrichtung nicht passten, Sozialdemokraten, Kommunisten, Juden oder Homosexuelle, sind hier eingekerkert worden“, berichtete Arndt. Wieviele es genau waren, ließe sich schwer sagen, vor allem, weil auch das ebenfalls noch heute vorhandene Polizeigefängnis schräg gegenüber mitgenutzt wurde. „Viele Gefangene konnten später gar nicht sagen, wo sie untergebracht waren, ob in Herne, in Castrop-Rauxel oder anderswo“, erklärte Norbert Bartsch.

Bergarbeiter inhaftiert Der Innenhof des Hafthauses

Der Bau des Hafthauses habe viel mit der Sozialgeschichte der Stadt zu tun, berichtete Arndt. Die Bergarbeiter seien ausgepresst worden „wie Zitronen“, hätten sich dagegen gewehrt. Bei Streiks sei die Polizei eingeschritten, nahm Bergarbeiter fest. „Deswegen kam es immer wieder zu Gerichtsverhandlungen und zu Gefängnisstrafen. Auch das Amtsgericht, bis dahin an der Bahnhofstraße angesiedelt, dort wo sich heute das City-Center befindet, wurde neu gebaut, aber erst 1921 fertiggestellt. Strafen, auch längere, wurden gerade in den Anfängen des Hafthauses für die hohe Zahl von Eigentumsdelikten verhängt. Aufgrund der bitteren Armut nach dem ersten Weltkrieg habe der Hunger für eine erhöhte Zahl von Diebstählen gesorgt, wusste Arndt.
Mit Unterbrechung war das Hafthaus bis 1998 in Betrieb. Von 1992 bis 1994 wurde es als Abschiebegefängnis genutzt und geriet während dieser Zeit in die Schlagzeilen, weil es zu Häftlingsrevolten kam. Am Tiefpunkt dieser Ereignisse nahm sich ein sudanesischer Abschiebehäftling das Leben.

Weitere Infos gesucht

Die Geschichtswerkstatt des DGB Herne bittet Bürger um Mithilfe. Wer über Informationen von Verfolgungen und Benachteiligungen von Menschen während der Zeit des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 in Herne und Wanne-Eickel und über deren Angehörige verfügt, möge sich melden.Bürger können sich unter der Rufnummer HER 952214 (Norbert Arndt) melden und dort ihre Rufnummer hinterlassen. Beteiligte der Geschichtswerkstatt werden sich dann melden. Insbesondere gilt dieser Aufruf für Personen, deren Angehörige verfolgt oder in ihrem Leben beeinträchtigt wurden. Die Geschichtswerkstatt wird die Angaben sensibel behandeln.