Herne. Der Bochumer Jan Thürmer will die Herner Polizeiwache kaufen. Warum damit auch ein neuer Ort der Erinnerung an NS-Verbrechen näher rückt.
„Wir sind sehr erleichtert.“ Die Freude über den sich anbahnenden Verkauf der alten Polizeiwache an den Bochumer Unternehmer Jan Thürmer ist beim Förderkreis Mahn- und Gedenkstätte Polizeigefängnis groß. Die Initiative um Rolf Dymel und Norbert Arndt sieht nun gute Chancen, den ehemaligen Zellentrakt der Nazis im Hof des Gebäudes als Erinnerungsort zu erhalten.
„Es ist sehr positiv, dass dieser Bewerber den Zuschlag erhalten soll“, sagt Förderkreis-Vorsitzender Rolf Dymel. Nach der Ausschreibung für den Verkauf der Landesimmobilie seien sie sehr verunsichert gewesen. Hintergrund: Das Polizeigefängnis hatte darin keine Erwähnung gefunden, obwohl auch der Herner Rat – er hat ein Mitspracherecht beim Verkauf – die Einrichtung einer Mahn- und Gedenkstätte in diesem Trakt einfordert. Die zentrale Botschaft des Förderkreises: „An keinem anderen Ort in unserer Stadt manifestieren sich Herrschaft und Gewalt der NS-Diktatur so authentisch wie am Polizeigefängnis.“
Geschichtswerkstatt legt Dokumentation über Herner Unrechtsort vor
Am Dienstagabend stellte sich der Rat in nicht öffentlicher Sitzung erwartungsgemäß mit breiter Mehrheit hinter das Nutzungskonzept von Jan Thürmer. Dieser ist Inhaber der Thürmer Pianofortemanufaktur, die vor dem Umzug nach Bochum von 1977 bis 1988 am Trimbuschhof in Herne Klaviere produziert hatte. Gegen das Konzept, das ein Zentrum für Musik, Klavierbau und Wissenschaft vorsieht, stimmte im Rat nur die Linkspartei. Nicht aus inhaltlichen, sondern aus formalen Gründen, wie die Fraktion auf Anfrage betont. Die Beschlussvorlage der Stadt sei (zu) spät gekommen.
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Zurück zum Förderkreis: Als Pluspunkt bewertet Rolf Dymel auch die Pläne des Investors, die Folkwang Universität der Künste ins Konzept einzubeziehen. Er habe Jan Thürmer bereits angeschrieben, um sich mit ihm persönlich über räumliche und bauliche Fragen sowie Kooperationsmöglichkeiten auszutauschen. „Ich hoffe, dass es bald zu einem Treffen kommt“, so Dymel.
Wenn sich der Investor umfassend über das Vorhaben des Förderkreises informieren möchte, so kann er (und alle anderen Interessierten) das neuerdings in einer beeindruckenden Dokumentation der Herner DGB-Geschichtswerkstatt tun. Der 78-seitige Bericht „UnRechtsOrt – Polizeigefängnis Herne 1933-1945“ ist im Internet zu finden auf https://herne-damals-heute.de/dgb-geschichtswerkstatt/. OB Frank Dudda steuerte ein Vorwort bei.