Herne/Gelsenkirchen. Das Land will Anwohner der Zentraldeponie in Herne und Gelsenkirchen nicht auf Gesundheitsschäden untersuchen. Reaktionen auf die erneute Absage.

Im Kampf gegen die Erweiterung der Zentraldeponie Emscherbruch haben die Deponiegegner einen Rückschlag hinnehmen müssen. Das NRW-Umweltministerium lehnt die von den Städten Gelsenkirchen und Herne beschlossene und beantragte gesundheitliche Untersuchung von Anwohnern ab. Vertreter der Politik, und die Herner Bürgerinitiative Uns stinkt‘s (BI) äußern sich enttäuscht.

Umweltausschussvorsitzender aus Gelsenkirchen ist „fassungslos“

Wie berichtet, hatten Anwohner und die BI behauptet, dass es im Umfeld der Lagerstätte zu einer hohen Zahl an Krebsfällen gekommen sei. Manfred Leichtweis (SPD), Vorsitzender des Umweltausschusses in Gelsenkirchen, reagiert „fassungslos“ auf die Antwort der schwarz-gelben Landesregierung. Auch BI-Sprecher Henning F. Mettge geht hart ins Gericht mit dem NRW-Umweltministerium.

BI-Sprecher Henning F. Mettge (rechts) - hier bei einer Veranstaltung der Herner SPD-Ratsfraktion Ende 2019 - kritisiert die Haltung des NRW-Umweltministeriums.
BI-Sprecher Henning F. Mettge (rechts) - hier bei einer Veranstaltung der Herner SPD-Ratsfraktion Ende 2019 - kritisiert die Haltung des NRW-Umweltministeriums. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Dieses habe schon im Verfahren zur Erweiterung der Deponie durch die zuständige Bezirksregierung Münster „Missstände wie fehlerhafte und unvollständige Gutachten ignoriert“, so Mettge. Offenbar solle auch die Aufdeckung gesundheitlicher Folgen durch die Deponie verhindert werden. In Richtung der Stadtverwaltungen sagt er: „Nun ist es die Pflicht der betroffenen Kommunen, ihre Anwohner gegen die negativen Einflüsse wie kontaminierten Staub, schädlichen Lärm und zu schnelle Lkw zu schützen.

Untersuchungen über giftiges Quecksilber in Blut oder Urin

Die Deponie-Gegner hatten mit den Städten Gelsenkirchen und Herne darauf gedrängt, ein sogenanntes Human-Biomonitoring durchzuführen. Im Unterschied zum bis dato vorliegenden humantoxikologischen Gutachten, das lediglich Aufschluss darüber gibt, wie stark Luft und Wasser durch Schadstoffe überhaupt belastet sind, werden beim Human-Biomonitoring die Menschen vor Ort selbst beziehungsweise ihre Körperflüssigkeiten und -gewebe medizinisch unter die Lupe genommen.

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Es wird zum Beispiel analysiert, wie viel giftiges Quecksilber bei Einzelpersonen oder Bevölkerungsgruppen in Blut oder Urin vorhanden ist. So kann relativ genau untersucht werden, ob und wie sehr die Menschen durch die Schadstoffe belastet werden und welche Wirkungen diese Belastungen auf den Köper haben.

Ministerium: Zuständigkeit für Biomonitoring liegt bei Stadtverwaltungen

Das Umweltministerium NRW hatte Anwohnern die Ablehnung des Biomonitorings als Replik einer Bürgeranfrage schriftlich mitgeteilt. Demnach hält das Ministerium das humantoxikologische Gutachten für ausreichend. „Damit kann überwacht werden, ob die Anwohnerschaft überhaupt über das zulässige Maß hinaus gegenüber schädlichen Stoffen exponiert ist“, heißt es im Antwortschreiben. Die Deponie werde nach den Vorgaben der Deponieverordnung regelmäßig überwacht. Insofern sei „auch ein Human-Biomonitoring nicht erforderlich“. Das Ministerium verweist zudem darauf, „dass für eine solche Untersuchung zunächst die Gesundheitsbehörde vor Ort zuständig wäre“.

Anwalt Daniel Kuhlmann, der vier Gelsenkirchener bei deren Klage gegen die Erweiterung der Deponie vertritt, erklärt dazu: „Die Gefahren der Deponie werden völlig unterschätzt. Das Biomonitoring wäre absolut notwendig. Einen juristischen Weg, es zu erzwingen, sehe ich im Moment aber nicht.“ Bürger hätten nur eine Waffe: sich zu überlegen, bei welcher Partei sie künftig ihr Kreuz machten.

>>> Herner Bürgerinitiative: Verfahren hat sich nach Gelsenkirchen verlagert

Um die Herner Bürgerinitiative Uns stinkt’s, war es nach dem Tod des Sprechers Heinz-Peter Jäkel ruhiger geworden. „Das akute Verfahren hat sich auf die Kläger in Gelsenkirchen verlagert“, erklärt BI-Sprecher Henning F. Mettge auf Anfrage.

Die Bürgerinitiative verfolge und kommentiere „eher die strategische Entwicklung in der Politik zu neuen Deponiestandorten“, so Mettge.