Herne. Wie aus einem Schandfleck ein tolles Kunstwerk wird, das hat der Verein Pottporus in Wanne demonstriert. Was am Hauptbahnhof entstanden ist.
Nach dem Ende der Corona-Pandemie sei das Ruhrgebiet eine von weltweit 25 Metropolen, die Reisende unbedingt ansteuern müssten, so jüngst eine Empfehlung des renommierten Magazins National Geographic. Eine 150 Meter lange Wand auf der Berliner Straße am Wanne-Eickeler Hauptbahnhof sollten Touristen dann unbedingt auf ihrer Liste haben.
Wand? In eine ebenso vielfältige wie imposante Streetart-Galerie haben acht regionale und internationale Kunstschaffende den bisherigen Schandfleck in den vergangenen Wochen verwandelt. Zekai Fenercis Verein Pottporus hat das Werk als Träger des Projekts am Freitag offiziell an Oberbürgermeister Frank Dudda und damit an die Öffentlichkeit übergeben.
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Geplant: eine Wanner Streetart- und Graffiti-Route
„Es entstand als ganz kleine Idee und wurde schnell zu einem Feuerwerk der Ideen“, berichtet Projektleiterin Cindy Jänicke. Und das soll auch künftig abgebrannt werden, denn: „Urban Discoveries“, so der Name dieses Projekts, soll sich zu einer Streetart- und Graffiti-Route rund um das Karstadthaus auf der Hauptstraße entwickeln. Sie sondierten aktuell in Wanne weitere potenzielle Streetart-Flächen, sagt Pottporus-Kurator Robert Kaltenhäuser.
Das K(arstadt)Haus soll sich dann jedoch in ein „Urban Arts Center“ für Künstlerinnen und Künstler sowie Kreative aus dem gesamten Ruhrgebiet verwandeln, so das gemeinsame Ziel von Stadt und Pottporus. Frank Dudda hofft, dass noch vor Weihnachten die Ergebnisse der in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie vorliegen werden. „Ich wäre schon schwer enttäuscht, wenn dabei keine Machbarkeit rauskommen würde“, so der OB.
Zurück zur Straßenkunst am Hauptbahnhof. Gilbert Mazout ist am Freitag eigens aus Paris angereist. Im November hat er gemeinsam mit Steffen Mischke (Dortmund) eins der vier Wandbilder erstellt. Die künstlerische Antwort auf die den Teilnehmenden vorgegebene Frage „Was macht eine Metropolregion aus?“ geben sie (und alle anderen Duos) auf mal figurative, mal abstrakte, aber immer phantasievolle Weise. „Es war eine tolle Erfahrung“, sagt Gilbert Mazout, der seinen Wanner Streetart-Partner zuvor nicht gekannt hat. Die minimalistisch-graphischen Beiträge Mischkes ergänzte er mit einer besonderen Schwammtechnik durch symbolhafte, das alte und das neue Ruhrgebiet darstellende Motive wie Bergmann, Fisch und Vogel.
Wandbild symbolisiert die durch Zuwanderung entstandene Vielfalt
Ebenfalls zur offiziellen Übergabe erschienen sind die Künstlerinnen Ursula Meyer (Essen) und Jana-Lina Berkenbusch (Bochum). „Wir wollten den transkulturellen und heterogenen Aspekt des Ruhrgebiets herausstellen, die durch Zuwanderung entstandene Vielfalt“, berichtet Meyer. Den farbenfrohen Flora- und Fauna-Motiven Berkenbuschs fügte sie „bunte Charaktere“ hinzu.
Einen Sonderapplaus gibt es - in Abwesenheit - für die in Köln lebende Künstlerin Giza. „Sie ist wegen einer Bänderverletzung mit Krücken und Schiene aufs Gerüst geklettert und hat hier eine Woche bei Regen gearbeitet“, erzählt Kurator Kaltenhäuser. Gemeinsam mit X/ZA schuf sie ein schwarz-weißes, an der Holzschnitttechnik orientiertes Kunstwerk, das mit Mythen der Industriegeschichte spielt.
„Ist das der ,krumme Hund’?“, fragt Passant (und SPD-Ratsherr) Frank Salzmann und zeigt auf ein Detail, das in der Tat an den 2012 abgerissenen legendären Wanner Hafen-Kran erinnert. Nein, das sei eine Hommage Gizas an ihre Großmutter - „eine griechische Einwanderin, die in Dortmund Kranführerin war“, so Kaltenhäuser.
Info-Tafeln sind nicht rechtzeitig fertig geworden
Last but not least: Das kolumbianisch-italienische Duo Bastardilla und Ericailcane - sie leben als Paar in Sizilien - haben Anfang November in Wanne den Startschuss für „Urban Discoveries“ gegeben. „Sie haben super abgeliefert. Das ist eine ganz große Nummer“, sagt der Pottporus-Kurator über das Bild einer Frau, die mit ihrem Körper über einem Abgrund eine Brücke für Tiere baut.
Ein sichtlich beeindruckter Oberbürgermeister findet schließlich doch noch ein Haar in der Suppe: Er vermisst Schilder mit Informationen über Künstler und Kunstwerk. „Die sind nicht rechtzeitig fertig geworden und kommen noch“, sagt Zekai Fenerci.
>>> WEITERE INFOS: Förderung durch den Bund
Das Streetart-Projekt „Urban Discoveries“ wurde mit 25.000 Euro aus dem Bundesprogramm „Neustart Kultur“ gefördert.
Unterstützung leistete neben der Stadt auch die Bahn, die ihre olle Wand zur Verfügung stellte und dafür von den acht Streetartisten und Pottporus reich belohnt worden ist.