Herne. Eine Tesla-Fahrerin parkt in Sodingen – und erntet einen Bußgeldbescheid wegen fehlender Plakette. So sehen ADAC und die Stadt Herne das Dilemma.
Zur „Umweltzone Ruhrgebiet“ zählt auch das Herner Stadtgebiet. Um die Luft von Autoabgasen rein zu halten, dürfen seit Juli 2014 nur noch Fahrzeuge mit grüner Umweltplakette durch Herne fahren. Doch was ist, wenn das eigene Auto gar keine Abgase ausstößt? Das erfuhr WAZ-Leserin Angela Kischkel nun mit ihrem elektrobetriebenen Tesla – auf frustrierende Weise.
Kischkel, die mit ihrem Pkw nach Herne zum Arbeiten und Einkaufen fährt, schildert: „Wir parkten mit unserem Tesla – Voll-Elektro-Auto – in Herne-Sodingen und erhielten einen Bußgeldbescheid in Höhe von 108,50 Euro!“ Ihre Ordnungswidrigkeit: „Sie nahmen trotz eines Verkehrsverbotes zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen mit einem Kraftfahrzeug am Verkehr teil.“
Bußgeldbescheid sorgt bei Hernerin für Verwirrung
Auch interessant
Der Bußgeldbescheid sorgte bei der Tesla-Fahrerin für Verwirrung. „Hä? Was haben wir verbrochen? Ah! Die Umweltplakette fehlte“, so Kischkel, „Ist es nicht realer Irrsinn, eine Ordnungswidrigkeit wegen Luftverunreinigung bei Nutzen eines emissionsfreien Autos zu erhalten?“
Lesen Sie auch: Neuer Bußgeldkatalog: So viel kosten Knöllchen nun in Herne
Gegen den Bescheid hätten Angela Kischkel und ihr Mann Einspruch eingelegt und dem zuständigen Dezernatsleiter ein Schreiben zukommen lassen. Beim Parken auf dem Bochumer Stadtgebiet werde ihre fehlende Plakette nicht sanktioniert – die Verkehrsüberwachungskräfte könnten Elektroautos schließlich am Nummernschild erkennen.
Stadt Herne beruft sich auf Immissionsschutz
Bereits bei der Zulassung ihres Tesla-Fahrzeugs in Herne habe man Angela Kischkel mitgeteilt, sie benötige für ihr E-Auto keine Umweltplakette. Auf Anfrage kann die Stadt Herne nicht bestätigen, dass ihr das durch die Mitarbeitenden des Straßenverkehrsamtes zugesichert worden sei.
Die Verwaltung beruft sich auf die Rechtslage zum Immissionsschutz, wonach für alle Fahrzeuge ohne grüne Umweltplakette in der Umweltzone ein Verkehrsverbot gilt. „Auch wenn Elektrofahrzeuge eindeutig als solche erkennbar sind, benötigen sie zusätzlich eine Umweltplakette, um in Umweltzonen einfahren zu dürfen“, stellt Stadtsprecher Patrick Mammen klar.
Auch interessant
In Herne 25 ähnliche Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet
„Bislang wurden rund 25 Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen fehlender Umweltplakette bei Elektrofahrzeugen eingeleitet“, so Mammen, „Hiervon wurde in zwei Fällen ein Rechtsbehelf eingelegt.“ Ob die Feinstaubplakette auch bei E-Autos kontrolliert werden, hängt laut Tobias Scheffel vom ADAC Westfalen von den Personalkapazitäten oder den „Schwerpunktsetzungen“ der jeweiligen Kommune ab.
Lesen Sie auch: Wer in Herne jetzt seinen Führerschein umtauschen muss
Scheffel unterstreicht, dass im Gegensatz zu Zweirädern und Oldtimern für Elektro-Autos keine Ausnahmeregel gilt – und auch nicht für Hybridfahrzeuge mit Verbrennungsmotor. „Allerdings dürfte das Abgasverhalten des Verbrenners eigentlich immer für eine grüne Plakette ausreichen“, meint Scheffel. „So gesehen könnte eine Ergänzung der Ausnahmeregelung zu Gunsten der E-Fahrzeuge aus Sicht des ADAC Westfalen sinnvoll sein.“
Stadt Herne zeige sich bislang nicht kompromissbereit
Die Stadt Herne habe sich nicht kompromissbereit gezeigt, bedauert Angela Kischkel. „Auf unseren Einspruch kann nun nur ein Gerichtsverfahren folgen.“ Aufgrund der rechtlichen Lage machten sie und ihr Mann sich allerdings keine große Hoffnungen, vor Gericht Recht zu bekommen. „Vielleicht hätten wir lieber woanders einkaufen sollen, zum Beispiel in Essen oder Düsseldorf, da ist das Parken für E-Autos sogar umsonst.“
>>> E-Fahrzeuge der Stadt und ihrer Tochtergesellschaften
Die Stadt Herne verfügt in ihrem Fuhrpark über 11 Hybrid-Fahrzeuge und 14 E-Autos. Noch mehr Elektrofahrzeuge haben die Stadtwerke: 17 E-Autos und 3 Hybride.
Die Entsorgungsbetriebe verfügen über vier E-Fahrzeuge, eine E-Kehrmaschine sowie einen Hybrid. Geplant sind der Zukauf von sechs E-Müll-Fahrzeugen und sechs Wasserstoffautos.