Herne. Kirmesfans sollen ab 2022 einfacher, schneller und vor allem mit neuen Verkehrsmitteln zur Cranger Kirmes kommen. Was Herne alles plant.

Wenn Cranger Kirmes ist, geht in Spitzenzeiten oft gar nichts mehr: Rund um den Kirmesplatz in Wanne-Eickel stehen Autos im Staus, verstopfen Seitenstraßen, und Anwohner sind genervt. Mit einem neuen Mobilitätskonzept will die Stadt Herne gegensteuern, mehr noch: „Wir wollen Mobilität neu denken“, sagt Tibo Zywietz, Kirmesplaner und Mitarbeiter im städtischen Fachbereich Öffentliche Ordnung. Dabei wolle Herne auch „über den Tellerrand hinausschauen“.

Zywietz stellte das Mobilitätskonzept für die Cranger Kirmes, das ein externes Büro für 40.000 Euro erarbeitet hat, nun der Politik im Ausschuss für Digitales, Infrastruktur und Mobilität vor. Unterteilt ist es in neun Prioritäten, und die Maßnahmen aus den ersten drei sollen in den kommenden beiden Jahren umgesetzt werden, wenn das Volksfest nach dem zweimaligen Corona-Aus wieder stattfinden kann, kündigte er an. Die da sind: Ausbau von Park & Ride, mehr Abstellanlagen für Fahrräder und neue Sharingmodelle.

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Herne: Immer mehr Leute kommen mit dem Rad zur Kirmes

Die Stadt Herne plant auch einen temporären Radweg, in Neudeutsch: einen „Pop-up-Radweg“, der zur Kirmeszeit als „Protected Bike Lane“ eingerichtet ist.
Die Stadt Herne plant auch einen temporären Radweg, in Neudeutsch: einen „Pop-up-Radweg“, der zur Kirmeszeit als „Protected Bike Lane“ eingerichtet ist. © Christian Latz | Christian Latz

„Alles, was keinen Motor hat, ist gut und darf an die Kirmes heran“ gab Kirmesplaner Tibo Zywietz das Motto vor. Deshalb sollen mehr Park & Ride-Angebote geschaffen werden, damit Besucher entfernter parken und mit Shuttle-Bussen zum Rummel chauffiert werden. Auch Radfahrer sollen bessere Möglichkeiten bekommen. „Immer mehr Leute kommen mit dem Rad zur Kirmes“, sagte Zywietz und bekannte, dass der bislang einzige Fahrradparkplatz nicht ausreiche: „Der platzt aus allen Nähten.“ Zwei bis drei weitere sollen kommen. Nicht zuletzt sollen „Sharingmodelle“ auf den Weg gebracht werden, sprich: Besucher sollen auf dem Weg zum Rummel die Möglichkeit bekommen, schnell etwa von der Bahn aufs Metropolrad oder vom Metropolrad auf E-Scooter umsteigen zu können. Orte für neue Park & Ride- oder Fahrradparkplätze oder Sharingpunkte nannte der städtische Kirmesplaner aber noch nicht.

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Wenn das umgesetzt ist, will die Stadt die Prioritäten vier bis neun anpacken. Priorität vier ist demnach eine individuelle Mobilitätsberatung, die Besuchern online angeboten werden soll. Wer zur Kirmes reisen will, dem sollen nicht nur – wie bei Google Maps – Weg und Zeit zum Ziel angezeigt werden, sondern unter anderem auch das beste Verkehrsmittel beziehungsweise die beste Kombination von Verkehrsmitteln inklusive der jeweiligen Zeiten und Umsteigeorte. Priorität fünf ist eine bessere Anbindung des Hauptbahnhofs: Der etwa 1,7 Kilometer lange Fußweg zum Rummel soll attraktiver gestaltet werden, so dass ihn Besucher verstärkt nutzen. Priorität sechs ist ein „Pop-up-Radweg“ (=temporärer Radweg), der zur Kirmeszeit als „Protected Bike Lane“ (= geschützter Fahrradstreifen) beispielsweise zwischen Hbf und Kirmesplatz eingerichtet wird.

Prioritäten sieben ist neun: ein intelligentes Parkleitsystem, das etwa auch freie Plätze elektronisch anzeigt, ein VRR-weites ÖPNV-Kirmesticket, eventuell eingebunden in den Bummelpass, sowie die Einrichtung einer Einbahnstraße auf der Heerstraße.

Herne: Mobilitätskonzept deutschlandweit einmalig

„Wir wollen Mobilität neu denken“: Tibo Zywietz, Planer der Cranger Kirmes.
„Wir wollen Mobilität neu denken“: Tibo Zywietz, Planer der Cranger Kirmes. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Die Maßnahmen, vor allem die der hinteren Prioritäten, seien noch nicht festgezurrt, müssten noch mit Feuerwehr und Polizei diskutiert werden. Wichtig sei auch, dass die bezahlbar seien. Schultern müssten die Kosten nämlich die Schausteller über ihre Gebühren. Und nach Corona, so Zywietz, „schickt es sich nicht, ihnen durch horrende Mobilitätsmaßnahmen hohe Kosten aufzubürden“. Die Maßnahmen der ersten drei Prioritäten seien aber bereits finanziert, versicherte er. Insgesamt, betonte er, sei das Mobilitätskonzept „deutschlandweit einmalig“. Das Gute auch: Es könne auf andere Veranstaltungen übertragen werden.

In der Politik waren nicht alle begeistert. Ausschussvorsitzender Roberto Gentilini (SPD) kritisierte, dass die Stadt ihr Mobilitätskonzept im stillen Kämmerlein erarbeitet habe, ohne die Politik in die Diskussionen einzubinden. Andreas Barzik (CDU) hätte von der Stadt „ein bisschen Konkreteres erwartet“, und Jürgen Ortmann (Grüne) tat seine „Enttäuschung“ kund: Radfahrer müssten vielmehr Protected Bike Lines auf Straßen aus allen Himmelsrichtungen bekommen: Mit dem Rad zur Kirmes zu fahren, sei viel zu gefährlich.

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Zufrieden zeigte sich dagegen Ulrich Syberg (SPD). Das Mobilitätskonzept sei ein guter Beitrag für eine „klimafreundliche Großveranstaltung“. Die Maßnahmen könnten sich sehen lassen. Würden sie umgesetzt, dann könne Herne zeigen, „dass wir auch Verkehrswende können“. Er regte an, auch die Schausteller über ihren Präsidenten in das Konzept einzubinden.

>> WEITERE INFORMATIONEN: Weitere Maßnahmen

Die Stadt hat nach Angaben von Kirmesplaner Tibo Zywietz noch weitere Maßnahmen in der Pipeline. Unter anderem soll geprüft werden, ob Elektrotaxis auf dem Rhein-Herne-Kanal fahren und Besucher so zum Rummel und zurück transportieren können.

Außerdem will die Stadt Herne prüfen, ob Schausteller ihre Fahrgeschäfte nicht auch per Zug auf die Reise schicken können.