Herne. Tibo Zywietz ist der neue „Platzmeister“ bei der Cranger Kirmes. Kurz vor Beginn ist er Tag und Nacht präsent. Was sein persönliches Highlight ist.

Das Crange-Fieber geht langsam los. Keine 100 Tage sind es mehr bis zur offiziellen Eröffnung der Mega-Kirmes am 3. August. „Platzmeister“ Tibo Zywietz vom Fachbereich Ordnung ist jetzt federführend bei der Organisation, er löste Sabine Marek ab, die sich gar „Kirmes-Architektin“ nannte. Für den 32-Jährigen Sodinger Beamten beginnt bald die absolut aufregendste Zeit des Jahres.

Wie kann man etwas so Gigantisches wie die Cranger Kirmes überhaupt organisieren? Dahin kommen jedes Jahr rund vier Millionen Menschen, das ist doch schon der mittlere Wahnsinn! Mit vielen Leuten machen Sie das?

Tibo Zywietz: Zurzeit machen wir das zu zweit, doch zu Spitzenzeiten der Cranger Kirmes sind wir bis zu 80 Leute, dazu kommen noch Polizei, Feuerwehr, Rotes Kreuz und, und, und.

Sie nennen sich jetzt Teamleiter Kirmes, Markt und Sondernutzung. Wie teilt sich ihre Arbeit auf?

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Wenn man das Jahresmittel nimmt, dann ist es ungefähr halbe-halbe. Es kommt darauf an, was gerade anliegt. Derzeit werden ja die Wochenmärkte neu organisiert. In Herne beispielsweise sind die Marktstände näher ans Rathaus gerückt. Auch das ist mit viel Aufwand verbunden, einer Menge Verwaltungsarbeit.

Jeder Schausteller muss sich bewerben

Knapp 100 Tage vor dem Kirmesstart wird es für die Fans langsam spannend. Wann beginnt denn für Sie die Zeit der Organisation?

Es klingt zwar abgegriffen, aber nach der Kirmes ist vor der Kirmes. Die Kirmes geht bis zum 13. August, am 14. beginnen wir mit der Planung für 2018. Man guckt aber auch jetzt schon, wie es danach weitergeht.

Gibt es bei einer Jahrhunderte alten Institution wie der Cranger Kirmes nicht Automatismen, Schausteller, die einfach jedes Jahr wiederkommen, immer auf den gleichen Platz?

Schausteller müssen sich jedes Jahr neu um einen Platz auf der Cranger Kirmes bewerben.
Schausteller müssen sich jedes Jahr neu um einen Platz auf der Cranger Kirmes bewerben. © Ralph Bodemer

Nein, keineswegs. Wir haben ein Bewerbungsverfahren, da muss jeder einzelne durch.

Macht das Sinn, wenn jemand seit Generationen mit seiner Achterbahn nach Crange kommt, und plötzlich darf er das nicht mehr?

Das ist für sie natürlich ein unternehmerisches Risiko, aber wir haben mit der Cranger Kirmes den Anspruch, die beste zu sein, und deshalb arbeiten wir nur mit den besten Schaustellern zusammen – um die beste zu bleiben.

Beispiel Achterbahn, kommt es da vor, dass sich zwei Unternehmen konkurrierend bewerben?

Na klar, aber wir entscheiden uns immer für die Bahn mit der größten Attraktivität. Dazu zählen Kriterien wie Bemalung, Beleuchtung, Schienenlänge.

Wenn jemand leer ausgeht, dann muss er seine Achterbahn woanders aufbauen?

Wenn wir bei diesem Beispiel bleiben: Es gibt die beiden großen, die immer zu uns kommen und noch drei, vier weitere, die sich deutschlandweit bewerben. Die wissen aber schon im Groben, wo wer in der Regel steht. Die schauen sich dann schon rechtzeitig anderweitig um.

Eröffnungsfeuerwerk als Highlight

Crange gilt ja auch als die größte Kirmes in Deutschland, was die Anzahl der fahrenden Geschäfte angeht. Das spornt natürlich an.

Es kommt darauf an, welchen Maßstab man anlegt. Der Präsident des Deutschen Schaustellerbundes, Albert Ritter, sagt mittlerweile ja sogar, dass die Cranger Kirmes die größer schausteller-typische Kirmes der Welt sei. Also bezogen auf die Fahrgeschäfte und nicht auf die Bierzelte.

Ich sitze also dem Organisator der größten Kirmes der Welt gegenüber. Das hat man nicht alle Tage! Ein toller Job, wo und wann prickelt es am meisten bei Ihnen?

Ich bin ja Verwaltungsbeamter und komme dann in einen Bereich, wo alles ganz anders ist. Dieses Bunte, diese Atmosphäre. Anfang Juli gehe ich das erste Mal auf den Platz, das ist schon toll. Aber der Höhepunkt ist auch für mich die Eröffnungsveranstaltung, das Feuerwerk. Wir haben dann tatsächlich für uns schon den größten Teil der Arbeit erledigt. Die Kirmes beginnt zwar gerade erst, aber wir können entspannter arbeiten. Wir freuen uns, wenn alles funktioniert. Die Belastung ist zwar immer noch hoch, wir müssen ja Tag und Nacht präsent sein, aber richtig stressig ist die Zeit kurz vor der Kirmes. Nochmal richtig schön ist dann das Abschlussfeuerwerk, wenn man zurückblicken kann.

„Sicherheitstechnisch gut aufgestellt“

Machen Sie viele Überstunden?

Na klar, aber die kann ich danach ja wieder abbauen.

Es gab letztes Jahr nach Nizza verschärfte Sicherheitsmaßnahmen. Werden die nach Berlin noch einmal gesteigert?

Wir sind grundsätzlich, was die Sicherheit der Cranger Kirmes angeht, immer sehr gut aufgestellt. Wir haben die Maßnahmen in Anbetracht der sicherheitspolitischen Lage aber in Zusammenarbeit mit Polizei und Feuerwehr noch einmal intensiviert.

Wird es Absperrungen geben, die eine Amok-Fahrt wie etwa in Berlin verhindern können?

Absperrungen gab es ja auch schon im vergangenen Jahr. Sie sollten es auch verhindern können, dass sie ein Lkw durchbricht. Wir passen unsere Maßnahmen aber immer an die aktuellen Erfordernissen an.

Polizisten sicherten im vergangenen Jahr die Kirmes-Eröffnung.
Polizisten sicherten im vergangenen Jahr die Kirmes-Eröffnung. © dpa/ Ina Fassbender

Was ist für Sie persönlich das interessanteste Gerät der kommenden Kirmes?

Das ist der neue, 80 Meter hohe Turm mit 360-Grad-Aussichtsplattform. Da kann man sich die Stadt in aller Ruhe von oben anschauen.

Da kommt die Heimatverbundenheit hoch.

Meine Großeltern mütterlicherseits wohnten 500 Meter entfernt vom Kirmesplatz. Da haben wir immer Kirmestaschengeld gekriegt. Das sind schöne Erinnerungen.

Zur Person des Platzmeisters

>> Tibo Zywietz ist 32 Jahre alt, Teamleiter bei der Stadtverwaltung und nennt sich „Platzmeister“ der Cranger Kirmes.

>> Der Beamte ist verheiratet und Vater eines halbjährigen Sohnes. In seiner Freizeit spielt er Fußball und rudert beim WSV Herne.