Herne. Zweimal musste die Cranger Kirmes abgesagt werden. Das hindert Herne nicht daran, an einem Mobilitätskonzept zu arbeiten. Das ist geplant.

Nach der Pandemie ist vor der Cranger Kirmes: Die Stadt hat ein neues Mobilitätskonzept für das Volksfest erarbeiten lassen. Die Liste der grundsätzlich denkbaren Maßnahmen reicht vom Ausbau von Radanlagen über ein Parkleitsystem bis hin zu Wassertaxis. Die Umsetzung soll bereits 2022 beginnen - vorausgesetzt, Covid-19 macht Stadt, Schaustellern und Kirmesfans nicht zum dritten Mal in Folge einen Strich durch die Rechnung.

Der Stadtverordnete Michael Zyweck ist Sprecher der SPD im Mobilitätsausschuss.
Der Stadtverordnete Michael Zyweck ist Sprecher der SPD im Mobilitätsausschuss. © SPD

Ein dringender Handlungsbedarf steht aus Sicht der SPD-Ratsfraktion außer Frage: Vor der Pandemie sei es bei der Cranger Kirmes und auch beim Weihnachtszauber rund um den Kirmesplatz immer wieder zu Verkehrsproblemen gekommen, berichtet SPD-Ratsherr Michael Zyweck. So gebe es beispielsweise zu wenig Park-and-Ride-Angebote mit Shuttle-Bussen. „Außerdem hat der Radverkehr enorm zugenommen. Allerdings sind nur bedingt sichere Radverkehrsanlagen während der Kirmes vorhanden“, führt Zyweck an. Auch fehlten ausreichende Beschilderungen für den Radverkehr.

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Prioritätenliste mit 13 Punkten

Auf Anfrage der SPD zur letzten Sitzung des Ausschusses für Digitalisierung, Infrastruktur und Mobilität (DIM) hat die Verwaltung nun erstmals über Details aus dem seit Dezember unter Verschluss gehaltenen Mobilitätskonzept berichtet. Demnach hat das beauftragte Büro - die Finanzierung erfolgte aus Fördermitteln des Landes - eine Prioritätenliste mit 13 Maßnahmen vorgelegt. Einige dieser Punkte seien aber nur schwer umzusetzen, schränkt die Verwaltung ein.

Nach heutiger Einschätzungen könnten dagegen „zeitnah“ umgesetzt werden: Einführung eines neuen P&R-Parkplatzes, Ausbau von Radabstellanlagen, eine Stärkung des fußläufigen Verkehrs und ein einheitliches Parkkonzept. Auch die Ausweitung von Sharing-Angeboten (sharing = teilen) und die Intensivierung der Zusammenarbeit mit anbietenden Firmen sei geplant. Eher wenig Chancen räumt die Verwaltung unter anderem einer kostenlosen ÖPNV-Nutzung, der Einführung von Wassertaxis oder dem Transport von Fahrgeschäften via Schiene ein.

Aus Kostengründen offenbar keine Option für die Cranger Kirmes in Herne: umweltfreundliche Wassertaxis - hier im Einsatz in Paris.
Aus Kostengründen offenbar keine Option für die Cranger Kirmes in Herne: umweltfreundliche Wassertaxis - hier im Einsatz in Paris. © dpa | Francois Mori

Stadt: Mehrbelastung von Schaustellern wäre fragwürdig

Das Mobilitätskonzept ist aus Fördermitteln finanziert worden. Für die Umsetzung der prioritären Maßnahmen seien derzeit allerdings keine Fördertöpfe bekannt, berichtet die Verwaltung. Die Kosten für eine Umsetzung würden nicht den städtischen Haushalt belasten, sondern müssten von den teilnehmenden Schaustellern erbracht werden. „Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden massiven Einbußen der Branche scheint eine hohe Mehrbelastung jedoch äußerst fragwürdig“, so die Stadt. Deshalb sei es ratsam, so wie bisher auch „wirtschaftlich vernünftige Investitionen zu tätigen“.

Warum wurde das Konzept bisher nicht öffentlich gemacht? Es handele sich um ein internes Planungsinstrument, so Stadtsprecher Christoph Hüsken auf Anfrage der WAZ. Das Mobilitätskonzept habe zudem enge Anknüpfungspunkte zum Sicherheitskonzept, das aus nahe liegenden Gründen nicht veröffentlicht werde. Außerdem umfasse es auch eine Entwicklungsperspektive, die mit allen Beteiligen noch abgestimmt werden müsse. Nach abschließender Planung werde die Öffentlichkeit aber im Einzelfall über jede einzelne Maßnahme „umfassend informiert“, so Hüsken.

>>> SPD fordert breite Debatte

SPD-Ratsherr Roberto Gentilini kann nicht nachvollziehen, dass die Stadt das Mobilitätskonzept unter Verschluss halten will. Das Thema müsse breit diskutiert werden, fordert der Vorsitzende des Ausschusses für Digitalisierung, Infrastruktur und Mobilisierung.

Ziel müsse es sein, innovative Maßnahmen zu entwickeln, die dem von der Politik beschlossenen Konzept für klimafreundliche Mobilität gerecht würden. Wenn die Verwaltung weiter mauere, werde er die Stadt auffordern, das Konzept im Ausschuss vorzustellen. Auch eine Mitsprache von Bürgern wäre grundsätzlich denkbar.

Die von der Stadt angeführten Sicherheitsbedenken teile er nicht: „Diese spielen in dem Konzept nur eine untergeordnete Rolle“, sagt Gentilini.