Herne. Mit dem Ende der Sommerferien haben in Herne sieben „Familiengrundschulzentren“ ihre Arbeit aufgenommen. Das sind die Ziele des Angebots.
Mit dem Ende der Sommerferien haben in Herne sieben sogenannte Familiengrundschulzentren ihre Arbeit aufgenommen. Das sind die Ziele des Angebots.
Schuldezernent Andreas Merkendorf fasst die übergeordnete Aufgabe so zusammen: „Wir wollen Familien stärken, denn wenn wir starke Familien haben, haben wir auch starke Kinder.“ Als Schule und Offener Ganztags (OGS) allein die Kinder im Blick zu haben, funktioniere nicht. Wichtige Erziehungs- und Bildungsarbeit werde in den Elternhäusern geleistet. Viele Eltern befänden sich aber in herausfordernden Situationen. Und in diesen sei es wichtig, einen engen Draht zu ihnen zu haben. Deshalb seien auch Grundschulen ausgewählt worden, die auf Grund ihrer Lage und der Schüler Herausforderungen zu meistern hätten: Joseph-Schule, Michaelschule, Claudiusschule,Freiherr-vom-Stein-Schule, Schule Kunterbunt, Max-Wiethoff-Schule und die Grundschule Pantringshof.
Familiengrundschulzentren - dieser Begriff erinnert an die Familienzentren der Kindertagesstätten. Das ist kein Zufall. Man habe diese Erfahrungen genutzt, um sie auf die Grundschulen zu übertragen. „Wir haben festgestellt, dass wir nah dran sind am Lebensfeld der Kinder und Familien“, so Stephanie Jordan, Fachbereichsleiterin Kinder, Jugend und Familie bei der Stadt.
Bei der Stadt habe man schon seit Jahren den Wunsch, auch in den Grundschulen Familienzentren zu etablieren. Die Umsetzung sei möglich geworden durch die Landesförderung im Rahmen des Programms „kinderstark - NRW schafft Chancen“. Die Vorbereitungen hätten bereits im vergangenen Jahr begonnen. Mit dem Start nach den Ferien hätten die Schulen - es hatten sich mehr als die sieben Schulen für eine Teilnahme beworben - auch bessere Rahmenbedingungen für den Aufholprozess nach Corona und für die Aufgabe, Eltern und Kinder zu stärken.
Schulamtsdirektorin Andrea Christoph-Martini kennt das Projekt aus anderen Städten und ist sich sicher, dass es auch in Herne auf fruchtbaren Boden fallen wird. Christoph-Martini betont: „Schule kann nicht als exklusives System funktionieren, in dem man versucht, Eltern nur in der Schule abzuholen.“ Außerdem gebe es bei Eltern nicht immer die Bereitschaft, mit der Schule zusammenzuarbeiten, wie es für den optimalen Erfolg der Kinder notwendig wäre. Die Familien über den Freizeitbereich und über die Jugendhilfe zu erreichen, biete die Chance auf größere Erfolge. Je mehr Eltern an der Bildung der Kinder beteiligt seien, desto größer der Bildungserfolg. Schule sei früher ein Ort gewesen, an den man Eltern nicht so gerne hineingelassen habe. Nun sei es gewünscht, dass Eltern sich über das Schulfest hinaus aktiver beteiligen.
Was ein Familienzentrum in der praktischen Umsetzung leisten kann, schilderte Robert Faber, Leiter der Josephschule in Wanne. Dazu muss man wissen: An der Josephschule liegt der Anteil der Zuwandererkinder um die 80 Prozent. Man habe bereits einige Dinge angestoßen, bevor die Förderung durch das Land gekommen sei, so Faber. So gebe es ein Elterncafé mit einem Sprachmittler oder Gruppen unter dem Motto „Kita im Koffer“. Eine Elternschule sei in Planung gewesen - Corona habe bislang die Umsetzung verhindert.
„Wir haben gemerkt: Wenn wir es nicht schaffen, in die Lebenswelt der Eltern hineinzukommen, können wir für die Kinder keine Bildung garantieren.“ Die Eltern müssten sich von der Schule angenommen fühlen. Manche Eltern wüssten nicht, was ein Stundenplan ist, was Sportunterricht. Und das Kind spreche nicht einmal Deutsch: Diese Eltern müssten sprichwörtlich an die Hand genommen werden, sonst gebe es keinen Bildungserfolg. Mit Hilfe des Sprachmittlers habe man erstmal richtig die Probleme der Südosteuropäer wahrgenommen. Das bedeute für die Familiengrundschulzentren, dass sie sich an den Bedürfnissen der Eltern orientieren sollen.
Das soll auch gewährleistet werden, indem viele Partner in Herne (vom Kommunalen Integrationszentrum bis zu Sportvereinen) in die Arbeit eingebunden werden, so Jordan.
>>> 16.000 EURO VOM LAND PRO STANDORT
Über das Landesprogramm erhält jeder Standort 16.000 Euro für Sach- und Personalkosten. Allerdings ist diese Förderung zunächst nur für 2021 und 2022 gesichert.
Schuldezernent Andreas Merkendorf ist zwar froh, dass es solche Fördermöglichkeiten gibt, doch er kritisiert, dass das Bildungssystem seit Jahrzehnten chronisch unterfinanziert sei. Wenn man sich endlich bereit erklären würde, das Geld in Summe verlässlich bereit zu stellen, dann müsste man als Stadt nicht ständig mit Fördermitteln hantieren.
In Herne freue man sich über jeden Fördercent, aber immer zu schauen, was in ein, zwei Jahren ist: Das laufe einer Planbarkeit zuwider. Man wünsche sich an ganz vielen Stellen eine Verstetigung, merke aber, dass man um die Mittel kämpfen und bangen müsse.