Herne. Die Herner SPD legt einen 5-Punkte-Plan zur Zukunft der Zentraldeponie vor. Was die Partei fordert und was die Bürgerinitiative dazu sagt.

Die Herner SPD hat am Freitag einen „5-Punkte-Plan“ zur Zukunft der Zentraldeponie Emscherbruch vorgestellt. Viel Neues enthält das Papier allerdings nicht - vielmehr ist es in großen Teilen fast identisch und sogar wortgleich mit einem von der Gelsenkirchener SPD-Ratsfraktionim Februar veröffentlichen 5-Punkte-Plan.

Ausstiegsszenario bis 2030

Und diese fünf Forderungen erhebt die Herner SPD für die Zukunft der Zentraldeponie:

– Wenn die von der SPD in Herne und Gelsenkirchen abgelehnte Erweiterung der Zentraldeponie (auch um gefährliche Stoffe) endgültig genehmigt werden sollte, erwarten die Genossen „ein klares Ausstiegsdatum bis spätestens 2030“. Sprich: eine Schließung der Deponie zu diesem Zeitpunkt.

– Klare Auflagen im Falle eines Weiterbetriebs unter anderem mit Sicherungsmaßnahmen, einem Verkehrskonzept, einer anlasslose Bürgerbeteiligung und dem Verbot von Abfallanlieferungen aus anderen Regionen und Ländern.

– Planung und Identifizierung von Alternativflächen in den nächsten zwei Jahren mit einer „ergebnisoffenen und wohlwollenden Prüfung in der gesamten Region“.

– Entwicklung einer Zukunftsvision mit Erstellung einer „Potenzialanalyse“ für die Deponieflächen in Herne und Gelsenkirchen.

– Einleitung der Renaturierung und zukünftigen Nachnutzung in einem transparenten Verfahren.

SPD-Chef Alexander Vogt betont, dass seine Partei nicht gegen die Deponiebetreiberin AGR agieren wolle, sondern die Zukunft des Geländes im Auge habe.
SPD-Chef Alexander Vogt betont, dass seine Partei nicht gegen die Deponiebetreiberin AGR agieren wolle, sondern die Zukunft des Geländes im Auge habe. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Sie würden den Prozess auch in Zukunft kritisch begleiten, kündigen Parteichef Alexander Vogt und SPD-Fraktions-Chef Udo Sobieski an. Als Landtagsabgeordneter hat Vogt mit seinen SPD-Kollegen aus Gelsenkirchen zum Thema Deponie bereits zahlreiche Anfragen an die Landesregierung gestellt.

Zu Beginn des Pressegesprächs betont Vogt ausdrücklich, dass es ihnen nicht darum gehe, gegen die Betreiberin AGR - eine 100-prozentige Tochter des Regionalverbandes Ruhr (RVR) - und ihre Beschäftigten zu agieren. Die SPD sei froh, dass die Deponie in öffentlicher Hand sei.

SPD verteidigt die Deponiebetreiberin

War und ist dieser Hintergrund des Unternehmens bisher wirklich von Vorteil für die Anwohnerinnen und Anwohner? „Ich finde, dass der Staat im Feld Abfallentsorgung Verantwortung zeigen muss. Es darf dabei nicht nur um Gewinnmaximierung gehen“, so Alexander Vogt. Die Vertretungskörperschaften hätten durchaus die Möglichkeiten, Dinge, die nicht richtig laufen, zu beeinflussen, ergänzt Udo Sobieski. Und: Die AGR-Geschäftsführung habe versucht, das umzusetzen, was von der Politik, der SPD und der „extrem qualifizierte Bürgerinitiative“ an sie herangetragen worden sei.

Gesundheitliche Belastung der Anwohner

Nach wie vor im Raum steht die Forderung der rot-schwarzen Herner Ratskoalition und der Bürgerinitiative nach Erstellung eines „Human-Bio-Monitorings“, mit der die gesundheitliche Belastung von Deponieanwohnern ermittelt werden soll.

Die Bezirksregierung hatte dagegen nur ein „humantoxikologisches Gutachten“ in Auftrag gegeben. In diesem Gutachten seien „nur bereits bekannte Statistiken ausgewertet und nur die von der Betreiberin der Deponie gemessenen Belastungswerte übernommen worden“, so SPD und CDU.

Die vom Fraktions-Chef im Pressegespräch angesprochen Initiative findet in einer ersten Reaktion Lob und Kritik für den 5-Punkte-Plan der Herner SPD. Es sei zunächst mal grundsätzlich positiv, das Thema Erweiterung „umfassender als bisher anzugehen“, so BI-Sprecher Heinz-Peter Jäkel zur WAZ. Themenschwerpunkte seien richtig gesetzt. Doch in mehreren konkreten Punkten ist er nicht einverstanden.

Zum Beispiel: mit dem Ausstiegsszenario. „Warum erst 2030?“, fragt Jäkel. Die Entsorgungssicherheit sei in den RVR-Städten bis 2026 sichergestellt, nicht aber im Rest des Regierungsbezirks Münster, zu dem die Deponie zählt. Es sei nicht nachvollziehbar, warum Deponieanwohner wegen dieses Planungsfehlers bis 2030 belastet würden.

Initiative vermisst eine klare Linie

Eine klare Linie vermisst Jäkel in den Ausführungen der SPD für den Fall des Weiterbetriebs bis 2030. So fehlten zum Beispiel Auflagen für konkrete Sicherheitsmaßnahmen bei Bränden und Kontrollen des Geländes. Auch ein grundsätzliches Verbot der Lagerung von Raffinerierückständen hätte er sich gewünscht. Und: Auf die von der SPD angemahnte „stetige und anlasslose Bürgerbeteiligung sind wir mal gespannt“, so der BI-Sprecher.

BI-Sprecher Heinz-Peter Jäkel (re.) - hier im August 2020 mit den Mitstreiterinnen Inge Behring-Meinberger und Maria Wanger vor Beginn des Erörterungstermins zur Deponieerweiterung- lobt und kritisiert das SPD-Paoier.
BI-Sprecher Heinz-Peter Jäkel (re.) - hier im August 2020 mit den Mitstreiterinnen Inge Behring-Meinberger und Maria Wanger vor Beginn des Erörterungstermins zur Deponieerweiterung- lobt und kritisiert das SPD-Paoier. © FUNKE Foto Services | Kim Kanert

Leider unverbindlich und „sehr nett“ sei die SPD bei der Identifizierung von Alternativen zur Zentraldeponie. Und: Die Vision zur künftigen Nutzung sei „lieb gedacht,, aber unsere Probleme sind jetzt“. Jäkel zitiert zum Schluss einen anderen Herner Bürger: „Die einzig sinnvolle Nutzung der Deponie nach der Stilllegung ist die Errichtung einer Krebsklinik für die Anwohner.“