Herne. In Obdachlosen- und Asylunterkünften ist in Herne noch nicht geimpft worden. Wie viele Infektionen es gab und wie die Stadt für Schutz sorgt.

Die Gefahr, dass sich Bewohnerinnen und Bewohner von größeren Obdachlosen- und Flüchtlingseinrichtungen mit dem Coronavirus infizieren, ist wegen der gemeinsam genutzten Sanitäranlagen und Küchen groß. Die Stadt trägt dem durch zahlreiche Maßnahmen Rechnung, trotzdem kam es bereits zu Infektionen. Eine Impfung dieser Gruppen ist zurzeit gesetzlich möglich, bisher aber noch nicht erfolgt.

In der Herner Obdachlosenunterkunft Buschkampstraße sind derzeit 108 von 116 Plätzen belegt.
In der Herner Obdachlosenunterkunft Buschkampstraße sind derzeit 108 von 116 Plätzen belegt. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Nach Angaben der Stadt hat es in der Flüchtlingsunterkunft an der Ackerstraße in Wanne-Süd Ende 2020 drei Infektionen gegeben. Die positiv Getesteten seien isoliert worden, zwei weitere Bewohner hätten in Quarantäne gemusst. Für die Quarantäne sei ein kompletter Wohnblock separiert und hergerichtet worden; dort sei etagenweise eine Unterbringung von Frauen, Männern oder Familien möglich, berichtet Stadtsprecherin Anja Gladisch auf WAZ-Anfrage. In diesem Jahr seien bisher keine weiteren Infektionen festgestellt worden.

In der Asylunterkunft Ackerstraße sind nur 153 von 415 Plätzen belegt

Die Flüchtlingsunterkunft an der Ackerstraße sei die einzige mit Gemeinschaftsräumen. Aktuell seien nur 153 der insgesamt 415 Plätze belegt. In der Obdachlosenunterkunft Buschkampstraße - auch hier gibt es Gemeinschaftsräume - sei zuletzt eine Infektion aufgetreten, so die Stadt. Der Betroffene sei noch im Krankenhaus. Die Quarantäne für zwei Mitbewohner sei aber inzwischen aufgehoben worden. In dieser Einrichtung seien derzeit 108 von 116 Plätzen belegt. In allen weiteren Unterkünften gebe es keine Gemeinschaftsräume.

Für die Einrichtung Ackerstraße seien mit Beginn der zweiten Welle Schutzmaßnahmen wie zum Beispiel Symptomscreenings getroffen worden, sagt die Stadtsprecherin. Auch sei ein Hygiene- und Notfallkonzept erstellt worden, das zeitnah durch Schnelltests bei symptomauffälligen Bewohnern ergänzt worden sei. Derzeit würden die Testungen ausgeweitet und das Hygienekonzept angepasst. Die Einhaltung der Maskenpflicht werde durch den Wachdienst kontrolliert. Gleichzeitig seien die Bewohner sowohl durch Dolmetscher, Sozialarbeiter und Ehrenamtler über die aktuelle Pandemielage und geltende Maßnahmen informiert worden.

Herne hofft auf schnelle Zuteilung von Impfstoffen

Katja Jähnel vom Herner Eine Welt Zentrum bescheinigt Geflüchteten in der Pandemie ein „sehr konsequentes Verhalten“.
Katja Jähnel vom Herner Eine Welt Zentrum bescheinigt Geflüchteten in der Pandemie ein „sehr konsequentes Verhalten“. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Flüchtlingsberaterin Katja Jähnel vom Eine Welt Zentrum des evangelischen Kirchenkreises bescheinigt der Verwaltung eine „relativ gute Arbeit“ in den großen Unterkünften. Die eher geringe Belegung komme der Stadt natürlich entgegen. Und auch das betont Jähnel: „Die Flüchtlinge verhalten sich sehr konsequent und vorbildlich.“

Die höheren Infektionsgefahren in Gemeinschaftsunterkünften könnte die Stadt schnell senken: durch eine Impfung von Bewohnern und Mitarbeitern. Rein rechtlich wäre dies kein Problem, weil diese Personengruppen zur Prioritätsgruppe 2 zählen. Eine Impfung sei derzeit aber nicht möglich, weil die Lieferung des dafür vorgesehenen Impfstoffs von Johnson & Johnson zwischenzeitlich gestoppt worden war, so hatte Sozialdezernent Johannes Chudziak in der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses berichtet. Die Stadt hofft, dass der Impfstoff nach der aktuellen Freigabe durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) nun zeitnah zugestellt wird.

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Grünen-Politikerin fordert schnelle Impfung

Die Impfberechtigung sei nicht an den Impfstoff von Johnson & Johnson gebunden, erklärt die Grünen-Sozialpolitikerin Dorothea Schulte. So habe Münster in dieser Woche begonnen, Wohnungslose mobil zu impfen. Auch in den Flüchtlingsunterkünften könnte ein mobiles Impfteam bereits jetzt tätig werden.

Diese Botschaft ist Schulte auch angesichts der aktuellen Debatte über Infektionszahlen bei Migranten wichtig: „Das Virus kennt keine Nationalitäten.“ Die soziale Lage sei für eine Infektion mitentscheidend. Dies bedeute dass Menschen in prekären Wohnverhältnissen - zum Beispiel Wohnungslose, Geflüchtete, Großfamilien - sowie in prekären Arbeitsverhältnissen besonders gefährdet seien.